Gesetz über das Postwesen des Norddeutschen Bundes

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Titel: Gesetz über das Postwesen des Norddeutschen Bundes.
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Fundstelle: Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes Band 1867, Nr. 8, Seite 61 - 74
Fassung vom: 2. November 1867
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Bekanntmachung: 9. November 1867
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(Nr. 18.) Gesetz über das Postwesen des Norddeutschen Bundes. Vom 2. November 1867.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

Abschnitt I. Gewerbemäßige Beförderung von Personen und Sachen.

§. 1.

Wer gewerbemäßig auf Landstraßen Personen gegen Bezahlung mit regelmäßig festgesetzter Abgangs- oder Ankunftszeit und mit unterweges gewechselten Transportmitteln befördert, bedarf dann der Genehmigung der Postverwaltung, wenn zur Zeit der Errichtung der Fuhrgelegenheit auf der Beförderungsstrecke eine wenigstens täglich abgehende Personenpost bereits besteht. Fuhrgelegenheiten, welche am 1. Januar 1868 bereits errichtet sind, bedürfen einer Genehmigung der Postverwaltung zu ihrem Fortbestehen nicht.

§. 2.

Die Beförderung
1) aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Briefe,
2) aller Zeitungen politischen Inhalts
gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes ist verboten.
Wenn Briefe und Zeitungen (Nr. 1. und 2.) vom Auslande eingehen und nach inländischen Orten mit einer Postanstalt bestimmt sind, oder durch das Gebiet des Norddeutschen Bundes transitiren sollen, so müssen sie bei der nächsten inländischen Postanstalt zur Weiterbeförderung eingeliefert werden. [62]
Unverschlossene Briefe, welche in versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten befördert werden, sind den verschlossenen Briefen gleich zu achten. Es ist jedoch gestattet, versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten, welche auf andere Weise, als durch die Post befördert werden, solche unverschlossene Briefe, Fakturen, Preiskurante, Rechnungen und ähnliche Schriftstücke beizufügen, welche den Inhalt des Packets betreffen.

§. 3.

Die Beförderung von Briefen und politischen Zeitungen (§. 2.) gegen Bezahlung durch expresse Boten oder Fuhren ist gestattet. Doch darf ein solcher Expresser von nur Einem Absender abgeschickt sein und dem Postzwange unterliegende Gegenstände weder von Anderen mitnehmen, noch für Andere zurückbringen.

§. 4.

Die Annahme und Beförderung von Briefen und politischen Zeitungen (§. 2.) darf von der Post, sofern die Vorschriften über Adressirung, Verpackung u. s. w. beobachtet sind, nicht verweigert, insbesondere darf keine im Gebiete des Norddeutschen Bundes erscheinende politische Zeitung, so lange überhaupt der Vertrieb der Zeitungen im Wege des Postdebits erfolgt, von demselben ausgeschlossen und ebensowenig darf bei der Normirung der für die Beförderung und Debitirung der verschiedenen, im Gebiete des Norddeutschen Bundes erscheinenden Zeitungen zu erhebenden Provision nach verschiedenen Grundsätzen verfahren werden.

§. 5.

Hinsichts der Eisenbahn-Unternehmungen verbleibt es bei den besonderen gesetzlichen Vorschriften. Für die Verbindlichkeit der bereits konzessionirten Eisenbahngesellschaften zum unentgeltlichen Transport von Postsendungen bewendet es bei den Bestimmungen der Konzessions-Urkunden, und bleiben insbesondere in dieser Beziehung die bisherigen Gesetze über den Umfang des Postzwanges und über die Verbindlichkeit der Eisenbahnen zu Leistungen im Interesse der Post maaßgebend.
Wenn eine bereits konzessionirte Eisenbahngesellschaft ihr Unternehmen durch den Bau neuer Eisenbahnen erweitert, so sind dieselben zu gleichen Leistungen im Interesse der Post verpflichtet, wie solche der ursprünglichen Bahn obliegen, falls nicht in der bereits ertheilten Konzessions-Urkunde eine ausdrückliche Ausnahme in dieser Beziehung enthalten ist.
Bei neu zu konzessionirenden Eisenbahn-Unternehmungen wird das Bundespräsidium die erforderlichen Anordnungen wegen gleichmäßiger Bemessung der den Eisenbahnen im Interesse der Post aufzuerlegenden Verpflichtungen treffen. Jedoch sollen diese Verpflichtungen nicht über das Maaß derjenigen Verbindlichkeiten hinausgehen, welche den neu zu erbauenden Eisenbahnen nach den bisher in den älteren östlichen Landestheilen Preußens geltenden Gesetzen obliegen. [63]

Abschnitt II. Von der Garantie.

§. 6.

Die Postverwaltung leistet dem Absender Ersatz für den Verlust und die Beschädigung folgender ihr zur Beförderung reglementsmäßig eingelieferten Gegenstände:
1) der Geldsendungen,
2) der Packete mit oder ohne Werthsdeklaration,
3) der Briefe mit deklarirtem Werthe,
und für den Verlust
4) der reglementsmäßig eingelieferten rekommandirten Sendungen, denen in dieser Beziehung Sendungen gleichgestellt werden, welche zur Beförderung durch Estafette eingeliefert worden sind.
Für einen durch verzögerte Beförderung oder Bestellung dieser Gegenstände entstandenen Schaden leistet die Postverwaltung nur dann Ersatz, wenn die Sache durch verzögerte Beförderung oder Bestellung verdorben ist, oder ihren Werth bleibend ganz oder theilweise verloren hat. Auf eine Veränderung des Kurses oder marktgängigen Preises wird jedoch hierbei keine Rücksicht genommen.
Die Verbindlichkeit der Postverwaltung zur Ersatzleistung bleibt ausgeschlossen, wenn der Verlust, die Beschädigung oder die verzögerte Beförderung oder Bestellung
a) durch die eigene Fahrlässigkeit des Absenders, oder
b) durch die unabwendbaren Folgen eines Naturereignisses, oder durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes herbeigeführt worden ist, oder
c) auf einer auswärtigen Postanstalt sich ereignet hat, für welche die Postverwaltung des Norddeutschen Bundes nicht durch Konvention die Ersatzleistung ausdrücklich übernommen hat; ist jedoch in diesem Falle die Einlieferung bei einer Norddeutschen Postanstalt erfolgt und will der Absender seine Ansprüche gegen die auswärtige Postbehörde geltend machen, so hat die Postverwaltung des Norddeutschen Bundes ihm Beistand zu leisten.
Für andere, als die unter Nr. 1. bis 4. bezeichneten Gegenstände und insbesondere für gewöhnliche Briefe wird weder für Verlust oder Beschädigung, noch für verzögerte Beförderung oder Bestellung Ersatz geleistet. [64]

§. 7.

Wenn der Verschluß und die Emballage der zur Post gegebenen Gegenstände bei der Aushändigung an den Empfänger äußerlich unverletzt und zugleich das bei der Einlieferung ausgemittelte Gewicht übereinstimmend befunden wird, so darf dasjenige, was bei der Eröffnung an dem angegebenen Inhalte fehlt, von der Postverwaltung nicht vertreten werden. Die ohne Erinnerung geschehene Annahme einer Sendung begründet die Vermuthung, daß bei der Aushändigung Verschluß und Emballage unverletzt und das bei der Einlieferung ausgemittelte Gewicht übereinstimmend befunden worden ist.

§. 8.

Ist eine Werthsdeklaration geschehen, so wird dieselbe bei der Feststellung des Betrages des von der Postverwaltung zu leistenden Schadenersatzes zum Grunde gelegt. Beweist jedoch die Postverwaltung, daß der deklarirte Werth den gemeinen Werth der Sache übersteigt, so hat sie nur diesen zu ersetzen. Ist in betrüglicher Absicht zu hoch deklarirt worden, so verliert der Absender nicht nur jeden Anspruch auf Schadenersatz, sondern ist auch nach den Vorschriften der Strafgesetze zu bestrafen.

§. 9.

Ist bei Packeten die Deklaration des Werthes unterblieben, so vergütet die Postverwaltung im Falle eines Verlustes oder einer Beschädigung den wirklich erlittenen Schaden, jedoch niemals mehr, als Einen Thaler für jedes Pfund der ganzen Sendung. Packete, welche weniger als Ein Pfund wiegen, werden den Packeten zum Gewicht von Einem Pfunde gleichgestellt und überschießende Pfundtheile für Ein Pfund gerechnet.

§. 10.

Für einen rekommandirten Brief oder eine andere rekommandirte Sendung, sowie für einen zur Beförderung durch Estafette eingelieferten Brief oder anderen Gegenstand (§. 6. Nr. 4.) wird dem Absender im Falle des Verlustes, ohne Rücksicht auf den Werth der Sendung, ein Ersatz von vierzehn Thalern gezahlt. Eine Werthsdeklaration ist bei diesen Gegenständen nicht zulässig.

§. 11.

Bei Reisen mit den ordentlichen Posten leistet die Postverwaltung
1) für den Verlust oder bei Beschädigung des reglementsmäßig eingelieferten Passagierguts nach Maaßgabe der §§. 8. und 9. und
2) wenn ein Reisender körperlich beschädigt wird und die Beschädigung nicht erweislich durch einen Zufall oder durch Schuld des Reisenden herbeigeführt ist, für die erforderlichen Kur- und Verpflegungskosten
Ersatz.
Bei der Extrapostbeförderung findet weder für den Verlust oder die Beschädigung an Sachen, welche der Reisende bei sich führt, noch bei einer körperlichen Beschädigung des Reisenden Entschädigung Seitens der Postverwaltung statt. [65]

§. 12.

Eine weitere, als die in den §§. 8. 9. 10. und 11. nach Verschiedenheit der Fälle bestimmte Entschädigung wird von der Postverwaltung nicht geleistet; insbesondere findet gegen dieselbe ein Anspruch wegen eines durch den Verlust oder die Beschädigung einer Sendung entstandenen mittelbaren Schadens oder entgangenen Gewinnes nicht statt.

§. 13.

Der Anspruch auf Schadloshaltung gegen die Postverwaltung muß in allen Fällen gegen die Ober-Postdirektion, beziehungsweise gegen die mit deren Funktionen beauftragte Postbehörde gerichtet werden, in deren Bezirke der Ort der Einlieferung der Sendung oder der Ort der Einschreibung des Reisenden liegt.

§. 14.

Der Anspruch auf Entschädigung an die Postverwaltung erlischt mit Ablauf von sechs Monaten, vom Tage der Einlieferung der Sendung oder vom Tage der Beschädigung des Reisenden an gerechnet. Diese Verjährung wird nicht allein durch Anmeldung der Klage, sondern auch durch Anbringung der Reklamation bei der kompetenten Postbehörde (§. 13.) unterbrochen. Ergeht hierauf eine abschlägige Bescheidung, so beginnt vom Empfange derselben eine neue Verjährung, welche durch eine Reklamation gegen jenen Bescheid nicht unterbrochen wird.

§. 15.

In Fällen des Krieges und gemeiner Gefahr sind die Postanstalten befugt, durch öffentliche Bekanntmachung jede Vertretung abzulehnen und Briefe, sowie andere Sachen, nur auf Gefahr des Absenders zur Beförderung zu übernehmen. In solchem Falle steht jedoch dem Absender frei, sich ohne Rücksicht auf die Bestimmungen des §. 2. jeder anderen Transportgelegenheit zu bedienen.

Abschnitt III. Besondere Vorrechte der Posten.

§. 16.

Die ordentlichen Posten nebst deren Beiwagen, sowie die auf Kosten des Staates beförderten Kuriere und Estafetten, imgleichen die von Postbeförderungen ledig zurückkommenden Postfuhrwerke und Postpferde, sowie endlich die Briefträger und Postboten, sind von Entrichtung der Chaussee-, Wege-, Brücken-, Damm-, Pflaster-, Prahm- und Fährgelder und anderer Kommunikationsabgaben befreit. Diese Befreiung findet auch, jedoch unbeschadet bestehender Rechte, gegen die zur Erhebung solcher Abgaben berechtigten Korporationen, Gemeinden oder Privatpersonen statt. [66]

§. 17.

In besonderen Fällen, wo die gewöhnlichen Postwege gar nicht oder schwer zu passiren sind, können die ordentlichen Posten, sowie die Kuriere, Extraposten und Estafetten sich der Neben- und Feldwege bedienen, auch über ungehegte Wiesen und Aecker fahren, unbeschadet jedoch des Rechtes der Eigenthümer auf Schadenersatz.

§. 18.

Gegen die ordentlichen Posten, Kuriere, Extraposten und Estafetten ist keine Pfändung erlaubt, auch darf dieselbe gegen einen Postillon nicht geübt werden, welcher mit dem ledigen Gespann zurückkehrt. Zuwiderhandlungen werden mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu zwanzig Thalern bestraft.

§. 19.

Jedes Fuhrwerk muß den ordentlichen Posten, sowie den Extraposten, Kurieren und Estafetten auf das übliche Signal ausweichen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu zehn Thalern bestraft.

§. 20.

Das Inventarium der Posthaltereien darf im Wege des Arrestes oder der Exekution nicht mit Beschlag belegt werden.

§. 21.

Wenn den ordentlichen Posten, Kurieren, Extraposten oder Estafetten unterweges ein Unfall begegnet, so sind die Anwohner der Straße verbunden, denselben die zu ihrem Weiterkommen erforderliche Hülfe gegen vollständige Entschädigung schleunigst zu gewähren.

§. 22.

Die vorschriftsmäßig zu haltenden Postpferde und Postillone dürfen zu den Behufs der Staats- und Kommunalbedürfnisse zu leistenden Spanndiensten nicht herangezogen werden.

§. 23.

Die Thorwachen, Thor-, Brücken- und Barrierebeamten sind verbunden, die Thore und Schlagbäume schleunigst zu öffnen, sobald der Postillon das übliche Signal giebt. Ebenso müssen auf dasselbe die Fährleute die Ueberfahrt unverzüglich bewirken. Zuwiderhandlungen werden mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu zehn Thalern bestraft. [67]

§. 24.

Auf Requisition der Postbehörden haben die Polizei- und Steuerbeamten zur Verhütung und Entdeckung von Postübertretungen mitzuwirken.

§. 25.

Die Postanstalten sind berechtigt, unbezahlt gebliebene Beträge an Personengeld, Porto und Gebühren nach den für die Beitreibung öffentlicher Abgaben bestehenden Vorschriften exekutivisch einziehen zu lassen.
Dem Exequirten steht jedoch die Betretung des Rechtsweges offen.

§. 26.

Die Beträge, welche in einer Sendung enthalten sind, die weder an den Adressaten bestellt, noch an den Absender zurückgegeben werden kann, oder welche aus dem Verkaufe der vorgefundenen Gegenstände gelöst werden, fließen nach Abzug des Porto und der sonstigen Kosten zur Post-Armen- oder Unterstützungskasse. Meldet sich der Absender oder der Adressat später, so zahlt ihm die Post- Armen- oder Unterstützungskasse die ihr zugeflossenen Summen, jedoch ohne Zinsen, zurück.
Nach gleichen Grundsätzen ist mit zurückgelassenen Passagier-Effekten zu verfahren.

Abschnitt IV. Strafbestimmungen bei Post- und Portodefraudationen.

§. 27.

Mit Geldbuße von fünf bis funfzig Thalern wird bestraft:
1) wer gewerbemäßig Personen befördert, ohne die nach §. 1. erforderliche Genehmigung der Postverwaltung zu besitzen, oder wer von den Bedingungen der ihm ertheilten Konzession abweicht;
2) wer unbefugt Briefe oder politische Zeitungen gegen Bezahlung (§§. 2. 3.) befördert.
Wenn die Beförderung in versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten erfolgt, so trifft die Strafe den Beförderer nur dann, wenn er den verbotwidrigen Inhalt des Packetes zu erkennen vermochte.

§. 28.

Wird das in §. 1. ausgesprochene Verbot des Wechsels der Transportmittel durch den Anschluß mehrerer für sich erlaubter Fuhrgelegenheiten umgangen, so hat jeder Unternehmer, wenn er auf geschehene Aufforderung der Postverwaltung den Anschluß der Fahrten nicht einstellt, die Strafe des §. 27. verwirkt. [68]

§. 29.

Im ersten Rückfalle wird die Strafe (§§. 27. 28.) verdoppelt, und bei ferneren Rückfällen auf das Vierfache erhöht.
Im Rückfalle befindet sich derjenige, welcher, nachdem er wegen einer der in den §§. 27. und 28. bezeichneten Uebertretungen vom Gerichte oder im Verwaltungswege zur Strafe rechtskräftig verurtheilt worden ist, innerhalb der nächsten fünf Jahre nach der Verurtheilung eine dieser Uebertretungen verübt.

§. 30.

Mit dem vierfachen Betrage des defraudirten Porto, jedoch niemals unter einer Geldbuße von Einem Thaler, wird bestraft:
1) wer Briefe oder politische Zeitungen, den Bestimmungen des §. 2. zuwider, auf andere Weise, als durch die Post, gegen Bezahlung verschickt;
2) wer Gegenstände unter Streifband oder Kreuzband zur Versendung mit der Post einliefert, welche überhaupt oder wegen verbotener Zusätze unter Streifband nicht versandt werden dürfen;
3) wer sich zu einem portopflichtigen Schreiben einer, von der Entrichtung des Porto befreienden Bezeichnung bedient oder ein solches Schreiben in eine Sendung verpackt, welche bestimmungsmäßig unter einer portofreien Rubrik befördert wird;
4) wer Postfreimarken oder gestempelte Briefcouverts nach ihrer Entwerthung zur Frankirung einer Sendung benutzt. Inwiefern in diesem Falle wegen hinzugetretener Vertilgung des Entwerthungszeichens eine härtere Strafe verwirkt ist, wird nach den allgemeinen Strafgesetzen beurtheilt;
5) wer Briefe oder andere Sachen zur Umgehung der Portogefälle einem Postbeamten oder Postillon zur Mitnahme übergiebt.

§. 31.

Im ersten Rückfalle wird die Strafe (§. 30.) verdoppelt und bei ferneren Rückfällen auf das Vierfache erhöht.
Im Rückfalle befindet sich derjenige, welcher, nachdem er wegen einer der in dem §. 30. bezeichneten Uebertretungen vom Gerichte oder im Verwaltungswege zur Strafe rechtskräftig verurtheilt worden ist, innerhalb der nächsten fünf Jahre nach der Verurtheilung eine dieser Uebertretungen verübt.

§. 32.

Wer wissentlich, um der Postkasse das Personengeld zu entziehen, uneingetragen mit der Post reist, wird mit dem vierfachen Betrage des defraudirten Personengeldes, jedoch niemals unter einer Geldbuße von Einem Thaler, bestraft. [69]

§. 33.

In den §. 30. unter Nr. 2. bis 4. bestimmten Fällen ist die Strafe mit der Einlieferung der Sendung zur Post verwirkt.

§. 34.

Außer der Strafe muß in den Fällen des §. 30. das Porto, welches für die Beförderung der Gegenstände der Post zu entrichten gewesen wäre, und in dem Falle des §. 32. das defraudirte Personengeld gezahlt werden. In dem §. 27. unter Nr. 2. und §. 30. unter Nr. 1. bestimmten Falle haften der Absender und der Beförderer für das Porto solidarisch.

§. 35.

Kann die verwirkte Geldbuße nicht beigetrieben werden, so tritt eine verhältnißmäßige Freiheitsstrafe ein. Die Dauer derselben soll von dem Richter so bestimmt werden, daß der Betrag von Einem Thaler bis zu zwei Thalern einer Gefängnißstrafe von Einem Tage gleich geachtet wird. Die Freiheitsstrafe beträgt mindestens Einen Tag, zu vier und zwanzig Stunden gerechnet, und höchstens sechs Wochen.

§. 36.

Hat Jemand mehrere Post- oder Porto-Uebertretungen begangen, so kommen die sämmtlichen dadurch begründeten Strafen zur Anwendung.
Der Versuch einer Post- oder Porto-Uebertretung und die Theilnahme an derselben bleiben straflos.

§. 37.

Post- und Porto-Uebertretungen (§§. 27. bis 32.) verjähren in Einem Jahre, von dem Tage an gerechnet, an welchem sie begangen sind.
Die Vorladung des Beschuldigten zu seiner Verantwortung im Verwaltungswege unterbricht die Verjährung.

§. 38.

Die Postbehörden und Postbeamten, welche eine Uebertretung entdecken, sind befugt, die dabei vorgefundenen Briefe oder andere Sachen, welche Gegenstand der Uebertretung sind, in Beschlag zu nehmen und so lange ganz oder theilweise zurückzuhalten, bis entweder die defraudirten Postgefälle, die Geldstrafe und die Kosten gezahlt oder durch Kaution sicher gestellt sind. Diese Vorschrift findet auch Anwendung auf die Pferde und Wagen, mit welchen ein Fuhrmann bei der Verübung einer der in dem §. 27. bezeichneten Uebertretungen betroffen wird. [70]

§. 39.

Die in den §§. 27. bis 32. bestimmten Geldbußen fließen zur Post-Armen- oder Unterstützungskasse.

Abschnitt V. Strafverfahren bei Post- und Porto-Defraudationen.

§. 40.

Die Untersuchung in Post- und Porto-Defraudationssachen wird summarisch von den Postanstalten oder von den Bezirks-Aufsichtsbeamten geführt und darauf im Verwaltungswege von den Ober-Postdirektionen, beziehungsweise von den mit deren Funktionen beauftragten Postbehörden, entschieden. Diese können jedoch, so lange noch kein Strafbescheid erlassen worden ist, die Verweisung der Sache zum gerichtlichen Verfahren verfügen und ebenso kann der Angeschuldigte während der Untersuchung bei der Postbehörde, und binnen zehn Tagen präklusivischer Frist, nach Eröffnung des von letzterer abgefaßten Strafbescheides, auf rechtliches Gehör antragen. Dieser Antrag ist an die Postbehörde zu richten. Der Strafbescheid wird alsdann als nicht ergangen angesehen.
Einer ausdrücklichen Anmeldung der Berufung auf rechtliches Gehör wird es gleich geachtet, wenn der Angeschuldigte auf die Vorladung der Postbehörde nicht erscheint oder die Auslassung vor derselben verweigert.

§. 41.

Bei den Untersuchungen im Verwaltungswege werden die Betheiligten mündlich verhört und ihre Aussagen zu Protokoll genommen.

§. 42.

Die Vorladungen geschehen durch die Beamten oder Unterbeamten der Postanstalten, oder auf deren Requisition nach den für gerichtliche Insinuationen bestehenden Vorschriften.

§. 43.

Die Zeugen sind verbunden, den an sie von den Postbehörden ergehenden Vorladungen Folge zu leisten. Wer sich dessen weigert, wird dazu auf Requisition der Postbehörden durch das Gericht in gleicher Art, wie bei gerichtlichen Vorladungen, angehalten.

§. 44.

In Sachen, wo die höchste zulässige Geldbuße den Betrag von 50 Thalern übersteigt, muß dem Angeschuldigten auf Verlangen eine Frist von acht Tagen bis vier Wochen zur Einreichung einer schriftlichen Vertheidigung gestattet werden. [71]

§. 45.

Findet die Ober-Postdirektion, beziehungsweise die mit deren Funktionen beauftragte Postbehörde, die Anwendung einer Strafe nicht begründet, so verfügt sie die Zurücklegung der Akten.

§. 46.

Dem Strafbescheide müssen die Entscheidungsgründe beigefügt sein. Auch ist darin der Angeschuldigte sowohl mit dem ihm dagegen zustehenden Rechtsmittel, als auch mit der Straferhöhung, welche er im Falle der Wiederholung der Uebertretung zu erwarten hat, bekannt zu machen.
Der Strafbescheid ist durch die Postanstalt dem Angeschuldigten entweder zu Protokoll zu publiziren oder in der für die Vorladung vorgeschriebenen Form zu insinuiren.

§. 47.

Der Angeschuldigte kann, wenn er von der Befugniß zur Berufung auf richterliche Entscheidung keinen Gebrauch machen will, gegen den Strafbescheid den Rekurs an die oberste Postbehörde des Norddeutschen Bundes ergreifen. Dies muß jedoch binnen zehn Tagen präklusivischer Frist nach der Eröffnung des Strafbescheides geschehen und schließt fernerhin jedes gerichtliche Verfahren aus. Der Rekurs ist durch Anmeldung bei einer Postbehörde gewahrt.
Wenn mit der Anmeldung des Rekurses nicht zugleich dessen Rechtfertigung verbunden ist, so wird der Angeschuldigte durch die Postanstalt aufgefordert, die Ausführung seiner weiteren Vertheidigung in einem nicht über vier Wochen hinaus anzusetzenden Termine zu Protokoll zu geben, oder bis dahin schriftlich einzureichen.

§. 48.

Die Verhandlungen werden hiernächst zur Abfassung des Rekursresoluts an die kompetente Behörde eingesandt. Hat jedoch der Angeschuldigte zur Rechtfertigung des Rekurses neue Thatsachen oder Beweismittel, deren Aufnahme erheblich befunden wird, angeführt, so wird mit der Instruktion nach den für die erste Instanz gegebenen Bestimmungen verfahren.

§. 49.

Das Rekursresolut, welchem die Entscheidungsgründe beizufügen sind, wird an die betreffende Postbehörde befördert und nach erfolgter Publikation oder Insinuation vollstreckt. [72]

§. 50.

Mit der Verurtheilung des Angeschuldigten zu einer Strafe, durch Strafbescheid oder Rekursresolut, ist zugleich die Verurtheilung desselben in die baaren Auslagen des Verfahrens auszusprechen.
Bei der Untersuchung im Verwaltungswege kommen außer den baaren Auslagen an Porto, Stempel, Zeugengebühren u. s. w. keine Kosten zum Ansatze.
Der Angeschuldigte, welcher wegen Post- oder Portodefraudation zu einer Strafe gerichtlich verurtheilt wird, hat auch die durch das Verfahren im Verwaltungswege entstandenen Kosten zu tragen.

§. 51.

Die Vollstreckung der rechtskräftigen Erkenntnisse geschieht nach den für die Vollstreckung strafgerichtlicher Erkenntnisse im Allgemeinen bestehenden Vorschriften, die Vollstreckung der Resolute aber von der Postbehörde, welche dabei nach denjenigen Vorschriften zu verfahren hat, welche für die Exekution der im Verwaltungswege festgesetzten Geldstrafen ertheilt sind.
Die Postbehörde kann nach Umständen der Vollstreckung Einhalt thun, und die Gerichtsbehörden haben ihren desfallsigen Anträgen Folge zu geben.

§. 52.

Zur Beitreibung von Geldbußen darf ohne Zustimmung des Verurtheilten, insofern dieser ein Inländer ist, kein Grundstück subhastirt werden.

§. 53.

Der Verurtheilte kann von der statt der Geldbuße bereits in Vollzug gesetzten Freiheitsstrafe sich nur durch Erlegung des vollen Betrages der erkannten Geldbuße befreien.

Abschnitt VI. Allgemeine Bestimmungen.

§. 54.

Was ein Briefträger oder Postbote über die von ihm geschehene Bestellung auf seinen Diensteid anzeigt, ist so lange für wahr und richtig anzunehmen, bis das Gegentheil überzeugend nachgewiesen wird.

§. 55.

Die Postverwaltung ist für die richtige Bestellung nicht verantwortlich, wenn der Adressat erklärt hat, die an ihn eingehenden Postsendungen selbst abzuholen oder abholen zu lassen. Auch liegt in diesem Falle der Postanstalt eine Prüfung der Legitimation desjenigen, welcher sich zur Abholung meldet, nicht ob, sofern nicht auf den Antrag des Adressaten zwischen diesem und der Postanstalt ein desfallsiges besonderes Abkommen getroffen worden ist. [73]

§. 56.

Die Postverwaltung ist, nachdem sie das Formular zum Ablieferungsschein dem Adressaten hat ausliefern lassen, nicht verpflichtet, die Aechtheit der Unterschrift und des etwa hinzugefügten Siegels unter dem mit dem Namen des Adressaten unterschriebenen und beziehungsweise untersiegelten Ablieferungsscheine zu untersuchen und die Legitimation desjenigen zu prüfen, welcher unter Vorlegung des vollzogenen Ablieferungsscheines, oder bei nicht deklarirten Sendungen unter Vorlegung der Begleitadresse, die Aushändigung der Sendung verlangt.

§. 57.

Das Bundespräsidium ist ermächtigt, durch ein von demselben zu erlassendes und mittelst der für die Publikation amtlicher Bekanntmachungen der Behörden bestimmten Blätter zur öffentlichen Kenntniß zu bringendes Reglement, dessen Bestimmungen als ein Bestandtheil des zwischen dem Absender oder Reisenden einerseits und der Postverwaltung andererseits eingegangenen Vertrages erachtet werden sollen, die weiteren bei Benutzung der Posten zu Versendungen und Reisen zu beobachtenden Vorschriften zu treffen, insbesondere
1) die Einlieferung der abzusendenden Gegenstände an die Post, deren Rückforderung von Seiten des Absenders und die Bestellung der durch die Post beförderten Gegenstände, sowie die Behandlung nicht bestellbarer Sendungen zu regeln;
2) die Gegenstände zu bezeichnen, welche als zur Beförderung mit der Post nicht geeignet zurückgewiesen werden dürfen oder zurückgewiesen werden müssen;
3) die Bedingungen und Gebühren für baare Einzahlungen, Postanweisungen, Vorschußsendungen, Streif- oder Kreuzbandsendungen, Sendungen mit Waarenproben oder Mustern, offene Karten und rekommandirte Sendungen, ferner für Bestellung der Expreßbriefe, der Stadtbriefe und der Packete, beziehungsweise der Werthsendungen, durch Faktageboten, sowie für die Landbriefbestellung zu bestimmen;
4) die Estafetten-Beförderung zu ordnen;
5) die Bedingungen festzusetzen, unter denen Reisende mit den ordentlichen Posten oder mit Extrapost befördert werden und zu bestimmen, was auf den einzelnen Kursen an Personengeld zu entrichten ist;
auch
6) die zur Aufrechthaltung der Ordnung, der Sicherheit und des Anstandes auf den Posten und in den Passagierstuben nöthigen polizeilichen Anordnungen zu treffen. [74]

§. 58.

Alle bisherigen allgemeinen und besonderen Bestimmungen über Gegenstände, worüber das gegenwärtige Gesetz verfügt, soweit jene Bestimmungen nicht auf Staatsverträgen und Konventionen mit dem Auslande beruhen, werden hierdurch aufgehoben.
Das Briefgeheimniß ist unverletzlich. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Konkurs- und civilprozessualischen Fällen nothwendigen Ausnahmen sind durch ein Bundesgesetz festzustellen. Bis zu dem Erlaß eines Bundesgesetzes werden jene Ausnahmen durch die Landesgesetze bestimmt.

§. 59.

Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1868. in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Bundes-Insiegel.
Gegeben Berlin, den 2. November 1867.
(L. S.)  Wilhelm.

  Gr. v. Bismarck-Schönhausen.