Gesetz über die Formen der Domänen-Veräußerung. (Großh Hess)(1821)

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Titel: Gesetz über die Formen der Domänen-Veräußerung.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich: Großherzogtum Hessen
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1821 S. 231-235.
Fassung vom: 2. Juni 1821
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 18. Juni 1821
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
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Gesetz über die Formen der Domänen-Veräußerung.

LUDEWIG von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein etc. etc.

Da Wir es für nothwendig gehalten haben, daß die Form, in welcher die vorbehaltene Veräußerung der Domänen statt finden soll, gesetzlich bestimmt werde, so verordnen Wir mit Zustimmung Unserer getreuen Landstände:

Art. 1.

Jede Veräußerung der Großherzoglichen, im Inland gelegenen Domänen, welche nicht in der, durch das Gesetz bestimmten Form vorgenommen wird, ist nichtig, und kann bis zum Ablauf der gesetzlichen Verjährungszeit widerrufen werden.

Art. 2.

Wesentliche Formen, deren Unterlassung die Nichtigkeit der Veräußerung nach sich ziehet, sind:

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a) die Bezeichnung der zu veräußernden Güter durch das Staats-Oberhaupt;
b) darf keine Domäne aus freier Hand veräußert, sondern muß versteigert werden. Ausgenommen sind hiervon die Fälle, wo eine gesetzliche Nothwendigkeit der Abtretung vorhanden ist;
c) die Versteigerung muß wenigstens sechs Wochen vorher durch die Großherzogliche Zeitung, so wie durch Anschlag in dem Ort der gelegenen Sache, in den Bann anstößigen Gemeinden, in dem Hauptort des Verwaltungs- und Justizbezirks, verkündet werden;
d) Die Ankündigung muß enthalten: Ort, Tag und Stunde, wo die Versteigerung vorgenommen wird, Bezeichnung der Nebenlieger, Gemarkung, Gewann, Flächeninhalt, und wenn es Häuser sind, statt Gewann - nach der Straße;
e) die Versteigerung wird von einem durch die obere Domänen-Verwaltung ernannten Commissär in Gegenwart des Rentamtmanns vorgenommen;
f) die Versteigerung geschieht nach einer, von der Staatsregierung zu bestimmenden Einrichtung für Ertheilung des definitiven Zuschlags, wodurch dieser von der Willkühr des Commissärs unabhängig gemacht wird, die aber, je nach Verschiedenheit der Landestheile auch verschieden seyn kann.

Art. 3.

Als Anschlagspreiß, unter welchem kein Gebot angenommen werden darf, soll das Zwanzigfache des jährlichen Ertrags, ohne Abzug der Steuern, bestimmt werden. - Der jährliche Ertrag wird ausgemittelt bei verpachteten Gütern durch den Pacht, bei nicht verpachteten Gütern nach dem Durchschnitts-Ertrag der letzten zehn Jahre oder durch Sachverständige. Sollte aber das gesetzliche Angebot nicht erfolgen, so kann die Staatsregierung nach einer weiteren Abschätzung den Anschlagspreiß verändern.

Art. 4.

Das Steigerungsprotokoll muß von dem Commissär, dem Rentamtmann und dem Steigerer, und wann dieser des Schreibens unkundig oder zu schreiben verhindert ist, oder nicht unterschreiben will, statt seiner von zwei Zeugen unterschrieben werden.

Art. 5.

Dem Protokoll werden
a) Abschrift des allerhöchsten Befehls zur Versteigerung;
b) die Bescheinigungen über die Publikation;
c) Auszug des Pachtbriefs oder der Expertise;
d) das Commissorium der Oberdomänenverwaltung beigelegt.

Art. 6.

Wer für einen Andern steigert, muß sich, ehe die Sitzung der Versteigerung aufgehoben wird, durch eine authentische Vollmacht, welche dem Protokoll beigefügt wird, ausweisen,[233] sonst wird er angesehen, für seine Person gesteigert zu haben, und jeder Uebertrag an Dritte, wird als neuer Kauf behandelt.

Art. 7.

Dem Versteigerungs-Commissair, so wie dem, der Versteigerung beiwohnenden Domanialbeamten, ist es verboten, selbsten oder durch unterstellte Personen zu steigern. Eine solche Steigerung ist nichtig und zieht die Hälfte des Steigerungspreises als Strafe nach sich. Die dawider handelnden Beamten haben kein Klagrecht gegen diejenige, welche sie beauftragt haben. Es wird als hinlänglicher Beweiß der Unterstellung angesehen, wenn binnen drei Jahren nach der Versteigerung der Staatsdiener das versteigerte Gut durch Acte unter Lebenden acquirirt. Weiber und Kinder, welche keine besondere Haushaltung haben, sind in dem Verbot begriffen.

Art. 8.

Die Zahlungstermine sind für ein Viertheil binnen drei Monaten nach der Versteigerung ohne Zinsen, für die anderen drei Viertheile in drei Jahrszielern nach Ablauf der ersten drei Monate mit Zinsen zu 5 pCt. Die Domänenverwaltung kann zwar längere, aber keine kürzere Fristen gestatten.

Art. 9.

Von dem Tag der Versteigerung an übernimmt der Steigerer die, auf den versteigerten Gegenstand bereits ausgeschriebene Steuern, so wie derselbe ohnehin alle künftige Steuern zu tragen hat; dagegen tritt

Art. 10.

derselbe auch von demselben Augenblick, rücksichtlich des Genusses in die Rechte der Domänenverwaltung, welche nach Verhältniß der Zeit die bereits erhobene Pächte an ihn zu ersetzen, oder die Pächter zur Zahlung an ihn anzuweisen hat.

Art. 11.

Die Versteigerung hebet an und für sich die Miethe nicht auf, dem Steigerer stehen aber alle Rechte zu, welche die Domänenverwaltung gegen den Pächter wegen Deteriorationen oder Nichterfüllung auszuüben, das Recht gehabt hatte.

Art. 12.

Die Güter werden frei von Hypotheken verkauft. Derjenige, welcher eine Spezialhypothek zu haben glaubt, ist verbunden, ehe die Zahlungszieler fällig werden, von seinem behaupteten Recht die Anzeige bei der Oberdomänenverwaltung zu machen, welche alsdann die Verfügung treffen wird, daß der Hypothekar-Gläubiger aus dem Erlös bezahlt werde. Unterläßt der Gläubiger diese Anzeige, und die Ziele sind zum Theil oder ganz eingegangen, so verliert er seine Ansprüche auf die bereits eingegangenen Ziele, hat jedoch seine Befriedigung, wie jeder andere Staatsgläubiger zu erwarten.

[234]

Art. 13.

Grundrenten und Zehntlasten bleiben auf dem Gut, wenn dieselben in dem Versteigerungsprotokoll erwähnt sind - für die nichterwähnten hat die Domänenverwaltung rechtliche Gewähr zu leisten.

Art. 14.

Für Dienstbarkeiten wird keine Gewähr geleistet, selbst wenn in dem Steigerungsprotokoll derselben nicht erwähnt worden seyn sollte.

Art. 15.

Das Rentamt, zu dessen Verwaltung der ersteigerte Gegenstand gehörte, hat, wenn in dem Versteigerungsprotokoll nicht ein anderes vorgesehen ist, die terminweise Zahlungen einzunehmen, der Zähler muß aber binnen den ersten 24 Stunden die Quittung von dem Verwaltungsbeamten des Orts oder Bezirks visiren lassen. Unterläßt er dieses, so hat er die Gefahr der Unterschlagung zu tragen. Der gedachte Verwaltungsbeamte trägt solche in ein Register und schickt binnen Monatsfrist Auszug an die Verwaltung der Tilgungskasse.

Art. 16.

Anticipativ-Zahlungen können gültig nur an die Tilgungskasse oder an deren Ordre geleistet werden.

Art. 17.

Werden die Termine nicht eingehalten, so läßt das Rentamt Mahnung an den Schuldner, entweder durch den Ortsvorstand oder durch einen Gerichtsboten ergehen.

Art. 18.

Vierzehn Tage nach der Mahnung kann das Rentamt entweder in dem, für Beitreibung der Domanialgefälle vorgeschriebenen Weg das bewegliche Vermögen des Schuldners angreifen, oder es kann auch bei dem Provinzialgericht die Versteigerung des Guts begehren. Zu dem Ende hat dasselbe weiter nichts, als das Steigerungsprotokoll in authentischer Form und die Bescheinigung der zugestellten Mahnung vorzulegen. Das Provinzialgericht erkennt hierauf die Versteigerung, committirt zu deren Vornahme einen Beamten der streitigen oder willkührlichen Gerichtsbarkeit, welcher nach der, Art. 2. membro c. - vorgeschriebenen Verkündigung dazu schreitet.
Die Versteigerung kann nur durch schriftlichen Beweis der Zahlung gehemmt werden. Ein gegen das Versteigerungsdekret des Provinzialgerichts ergriffener Recurs hemmt die Vollstreckung nicht. Der erste Steigerer kann nicht wieder Steigerer werden. Derselbe muß den Mindererlös ersetzen - der Mehrerlös kommt ihm zu gut.

Art. 19.

So lang der Steigerungsschilling nicht vollständig bezahlt ist, darf der Steigerer keine Gebäude ohne Erlaubniß der oberen Domanialverwaltung abreißen.

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Art. 20.

Das Eigenthum bleibt vorbehalten.
In dem Fall des Art. 18. werden die von dem Steigerer vorgenommenen Veräußerungen, Verpfändungen, antichretische Verleihungen oder sonstige dingliche Belästigungen, wie auch Verpachtungen, als nicht existirend angesehen, wenn solche ohne Zustimmung der oberen Domänenverwaltung statt gehabt haben. Die Verfolgungen werden gegen den ursprünglichen Steigerer gerichtet, welcher diejenigen, welche mit ihm contrahirt haben, zu entschädigen hat.

Art. 21.

Die Einrede des nicht gehörig erfüllten Contracts soll zwar von den gewöhnlichen Gerichten entschieden werden; sie befreit aber den Steigerer nicht von der Verbindlichkeit, die verfallenen oder fällig werdenden Termine bei der Tilgungskasse zu deponiren, welche die Entschädigung, welche dem Käufer zugesprochen werden könnte, mit Zinsen zu 5 pCt., auf Vorzeigung eines rechtskräftigen Urtheils, zu ersetzen hat.

Art. 22.

Behaupten Dritte ein Eigenthumsrecht auf das Ganze oder auf einen Theil des zu versteigernden Gegenstandes zu haben, und sie bringen dieselbe wenigstens acht Tage vor der Versteigerung vor, so wird diese bis zur endlichen rechtskräftigen Entscheidung des competenten Richters ausgesetzt, und nach vollbrachter Versteigerung bleibt die richterliche Gewalt, die competente Behörde über dergleichen Eigenthums-Ansprüche.

Art. 23.

Die Artikel 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 19, 20, 21, können zwar von der oberen Domänen-Verwaltung abgeändert werden[WS 1], welches alsdann in dem Steigerungsprotokoll ausdrücklich zu bemerken ist, sonsten aber werden dieselben ebenso, wie der Art. 2., stillschweigend verstanden, selbst wenn sie dem Steigerungsprotokoll nicht einverleibt seyn sollten.
Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und des beigedruckten Staats-Siegels.
Darmstadt, den 2ten Juni 1821.
(L. S.)
LUDEWIG.
du Thil.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Im Original steht "worden".