Glückliche Rettung

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Autor: H. Pichler
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Titel: Glückliche Rettung
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 744–745, 771
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[744–745]

Glückliche Rettung.
Nach einer Originalzeichnung von O. Kirberg.

[771] Glückliche Rettung. (Zu dem Bilde S. 744 und 745.) Am frühen Morgen war die „Ora et labora“ mit steifer Brise hinausgesegelt. Jan Pitter, der wackerste „Junge“ weitum auf den Inseln trotz seiner knapp 15 Jahre, der Stolz von Vadder wie von Bestmudder (Großmutter) Antje, Jan Pitter hatte gemeint, das würde heute einen „ganz farmosten Fang“ geben, da nach solcher Gewitterböe, wie sie in letzter Nacht über „Dat Eun“ (die Oe-Insel) wegfegte, der Fisch am besten ins Garn geht. Die lahme Bestmudder hatte freilich bedenklich dreingeguckt und gemeint: „Watt din Bestvadder wesen is, min söte Jung, de is ak jüs bi so ’n farmosten Fangwedder ‚bleven‘; schall dat nich angahn, dat du to Hus blivst? Mi schwant wat!“

„Aberst Mudder,“ war ihr der Hausvater ins Wort gefallen, „use Jan Pitter is doch keen ohl Wiev nich, dat sik vor ’en Mund vull Wind verkrupen deiht?“ Auch er würde gern bei dem „farmosten“ Wetter mit in See gehen, wäre es auch nur, um ein Auge auf den Jungen zu haben, müßte nicht notwendig das von dem letzten nächtlichen Sturm arg mitgenommene Dach heut geflickt werden. Antjemudder schweigt seufzend still und klein Antje schleppt für Bruder Jan die von Schwester Stine frisch geölten Seestiefel herbei, um doch auch ihr Teilchen an der Arbeit zum Aufbruch zu haben. Und dann geht Jan Pitter an Bord.

Lange dauert heute der Fang. Das Wetter ist bös geworden, ein Sturm hat sich erhoben. Immer wieder ist die Bestmudder mit ihren Enkeltöchtern vor die Thüre gegangen, um nach den Fischern zu schauen. In schwerer Herzensangst harren sie nun der Heimkehr Pitters drinnen beim Vater. Da, endlich – die Sonne sinkt schon hinter den Sturmwolken – kommen die Nachbarn gelaufen mit dem Ruf: „Se kamt, se sünd all dor!“ – Ja, sie kommen, die Fischerboote, kommen mit reichem Fang; allen voran die „Ora et labora“, also muß es an Bord wohl gut stehen! Aber was ist das? Ein Boot im Schlepptau? Mit niedergelegtem Mast und verworrenem Takelzeug? Der hat Unglück gehabt! Na, ’s ist wenigstens nicht die „Ora et labora“! – Und doch hat’s auch auf ihr Unglück gegeben! Knut Wilmsen trägt einen Verwundeten ins Haus – einen verwundeten jungen Helden! Knut erzählt, wie die schreckliche Hagelböe die nicht weit von der „Ora et labora“ fischende „Goldene Maria“ so hart getroffen, daß das wackere Boot sofort auf die Seite geworfen und seine drei Mann Besatzung wie Boßeln (Kegelkugeln) in die See gerollt wurden. Da war es nun der junge Jan Pitter gewesen, der auf seinem Fahrzeug nicht Ruh’ gab, bis man der „Goldenen Maria“ zu Hilfe kam. Alle drei Mann von dem verunglückten Boote hatte er zwar nicht retten können (der eine, der „Junge“, hat dran glauben müssen), wohl aber hatten ihm die anderen beiden ihr Leben zu verdanken. Freilich – so ’n paar Monate wird der arme Jan Pitter wohl in dem sauberen Himmelbette da in der Ecke zubringen müssen; er hat einen tüchtigen Knacks weggekriegt: das eine Bein ist gebrochen und mit dem linken Arme steht’s kaum viel besser! Doch bald werden sie alle nur noch daran denken, wie wacker ihr Jan sich gehalten hat. Er ist ’n höllsch strammer Bengel; Vadder und Bestmudder können stolz auf den Jungen sein; der bringt es noch zu ’was! Die paar kaputen Knochen heilen schon auch wieder zusammen; nach ’m Doktor ist ja gleich geschickt, der leimt und schindelt die Geschichte schon wieder zurecht! Und so wird denn Jan Pitter für einige Zeit „beigestaut“ und gut verpflegt.

Aber so stolz sie alle auf ihren Jan sind, geschwatzt und gerühmt wird nicht von seinem Heldenmut bis zur Selbstaufopferung für den Nächsten: solch kühne, waghalsige That gilt als etwas Selbstverständliches unter den wackeren Leuten von der Waterkant! H. Pichler.