Gustens Brief an die im Bade weilende Herrschaft

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johannes Trojan
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Gustens Brief an die im Bade weilende Herrschaft
Untertitel:
aus: Die zehnte Muse. Dichtungen vom Brettl und fürs Brettl. S. 332–334
Herausgeber: Maximilian Bern
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Otto Eisner
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons = Google-USA*
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[332]

Gustens Brief an die im Bade weilende Herrschaft.

An die Herrschaft schreib’ ich jetzt! –
Sprach’s und hab’ mir hingesetzt;
Doch im Tintenfasse finde
Ich nur eine trockne Rinde,

5
Diese weich’ ich im Verlauf

Längrer Zeit mit Wasser auf.
Wie ich endlich bin bereit,
Fehlt auf einmal mir die Zeit,
Weil mein Robert, vor mir stehend,

10
Fort mir reisst, spazieren gehend.

In der Nacht nach Haus gekommen,
Hab’ ich gleich mir vorgenommen:
Heute schreib’ ich oder nie!
Denn was thät’ ich nicht für Sie.

15
Ruh’gen Herzens fang ich an;

Wohl mir, das ich melden kann:
Alles ist hier gut gegangen,
Seit die Ferien angefangen.
Da ich einsam hier geblieben,

20
Hab’ ich mir die Zeit vertrieben

Mit Geduld und mit Humor –
Uebrigens fiel hier nichts vor.

     In den ganzen sieben Wochen
Ist nur einmal eingebrochen,

25
Mitten in der tiefen Nacht –

Ich, zum Glück, bin nicht erwacht;
Todgeängstigt hätt’ ich mir
Bei das Rasseln an die Thür.
Aber, wie gesagt, ich schlief,

30
Währenddem die That verlief.

Andern Morgens erst inzwischen,
Als ich kam, um Staub zu wischen,
Ahnt’ ich etwas, wie ich fand,
Dass es allens offen stand.

35
Welch ein Anblick – man bedenke! –

Als Kommoden ich und Schränke
Sah gewaltsam aufgerissen.
Was gestohlen – wer kann’s wissen?
Denn mir fehlt das Inventar

40
Ueber das, was früher war.

Dass mir selbst nichts fortgekommen,
Hab’ sogleich ich wahrgenommen,

[333]

Und vergnügten Angesichts
Meld’ ich: Sonst passierte nichts.

45
     Einmal gab es einen Brand,

Der auf diese Art entstand:
Robert Schulze, mein Gefreiter –
Auf der Welt ist nicht ein zweiter,
Dieses muss vorher man wissen –

50
Ist des Rauchens sehr beflissen.

Neulich also raucht er auch,
Plötzlich steht er ganz in Rauch,
Weil er, wie sofort sich findet,
Die Gardinen angezündet,

55
Als im Eifer seiner Reden

Er ein Schwefelholz aus Schweden –
Wie ich nicht verschweigen darf –
Mit Entrüstung von sich warf.
Flammen zucken, Funken sprüh’n –

60
Ich in grösster Angst um ihn,

Er in grösster Angst um mir,
Beide rennen nach der Thür.
Kaum, dass wir dem Qualm entronnen
Und zu trösten uns begonnen,

65
Horch, da saust auch schon daher –

Klinglingling! – die Feuerwehr.
Diese löscht mit kund’ger Hand
Alles, was in Flammen stand.
Zwar verbrannt ist mancherlei,

70
Doch gerettet sind wir zwei,

Und kein Leben zu beklagen.
Wohl mir, dass ich dieses sagen
Kann, befriedigt und gerührt.
Uebrigens ist nichts passiert.

75
     Einmal schlug der Blitz ins Haus,

Ich, zum grössten Glück, war aus.
Grad’ an einem Donnerstag
Fuhr’ hinein ein kalter Schlag.
Was die Diebe nicht genommen,

80
Was in Flammen nicht verglommen,

Ist dadurch total zertrümmert,
Wie ich wahrnahm tiefbekümmert.
Wär’ ich selbst zu Haus gewesen,
Könnten dieses Sie nicht lesen,

85
Denn ich selbst wär’ auch entzwei,

So war doch Glück dabei

[334]

Bei den Unglücksfällen allen.
Sonst ist hier nichts vorgefallen.
Robert gut und Wetter schön –

90
Nun adieu! Auf Wiederseh’n!


Johannes Trojan.