Haenel Kostbare Waffen/Tafel 77
← Tafel 76 | Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer (1923) von Erich Haenel Tafel 77 |
Tafel 78 → |
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext. |
[156] a, c. Schweinschwert und Waidblatt (Plötze). – Griffe Eisen, blank, durchbrochen und geschnitten, mit Einlagen von Bein und Holz in Schachbrettmuster. Parierstangen und Parierring des Schwertes enden in Brackenköpfe mit Kugeln im Maul, auch die Parierscheibe wird von Brackenköpfen an gedrehten Hälsen gebildet. Die Gehilze mit herzförmigen Durchbrechungen, am Griffe des Waidblattes Spuren von Vergoldung. Die an der Spitze zweischneidige Rückenklinge des Schwertes am Griff leicht graviert; auf der Klinge des Waidblattes drei in Messing eingelegte und eine eingeschlagene Schmiedemarke. Das Waidblatt besitzt eine gepunzte Lederscheide mit vier Messern und einem Pfriem von gleicher Ausstattung wie die Plötze. – Gesamtlänge des Schwertes 128 cm.
- Inv. der Kurkammer 1671, N. 271 (S. 127): Ein Beidenfäuster mit einem Blanken eisernen glatten gefäße woran der Knopff oben außgefeilet und klein durchbrochen, der Grieff aber mit würfflichten Bein in etwas beschalet mit langen geraden Creuzen und Bogen mit Drachen Köpffen.
- Inv. der Jägerkammer 1668, N. 111: Ein Weidemesser mit einem eisernen Heffte und durchsichtigen Stichblätlein, mit braun und weisen Bein eingelegt in einer schwarzen ledernen Scheide, worauf vier Meßer und ein Pfriem … ist ein Meisterstücke.
Trotz der Bezeichnung des Inventars ist das Schwert zweifellos eine Jagdwaffe, ebenso wie das Schweinschwert der Wiener Sammlung (Boeheim, Album I, T. 47, 7), dessen Griff fast genau die gleiche Ausstattung zeigt wie das Dresdner, und dessen Klinge noch die beweglichen Knebel aufweist. Die Zusammengehörigkeit der Garnitur ist erst in der Neuzeit erkannt worden. Die gotischen Elemente des Griffaufbaues weisen die Garnitur in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts. (FHM. M 53.)
b. Schweinschwert. Griffe Eisen, geätzt und vergoldet, ebenso die stabförmige Klinge; an diese sind über der zweischneidigen Spitze zwei durch Federn bewegliche dreikantige Knebel angenietet. In den Vertiefungen des Knaufes mythologische Gestalten: Merkur, Mars, Judith(!) u. a., auf dem Angelschutz Fabeltiere, Löwen und Drachen. Die Ätzung der „Klinge“ auf beiden Seiten verschieden.
- Inv. der Jägerkammer 1668, N. 307: Ein Schweinschwert die Klinge biß an die Knebel geezt und vergüldet, mit eisernen geezten und vergüldeten Creuz Stangen und Knopffe, der Grieff mit silbernen Vergüldeten und eisernen Drahte umdwunden.
Vielleicht italienisch, um 1560. (FHM. M 56.)
d. Waidbesteck Kurfürst Johann Georgs I. – Griff Ebenholz, darauf in Silber eingelegt die Inschrift: Gottes güte und trew Ist alle Morgen näw. Parierstangen Eisen, vergoldet; schwere, leicht gekrümmte und geschnittene Klinge, Scheide mit schwarzem Samt bezogen und Auflagen von durchbrochenem, graviertem Silber: in lockeren Ranken das kursächsische Wappen, oben die Buchstaben: I. G. H. Z. S. G. C. V. B. C. (Johann Georg Herzog zu Sachsen Gülich Cleve und Berg Churfürst). Marken: Dresdner Beschau und Buchstaben MB = Michael Botza, Dresden (um 1592–1633) (Rosenberg2 1127 a). – In der Scheide ein zehnteiliges Besteck, Zirkel, Gabel, Maßstäbe u. a. von vergoldetem, graviertem Messing, bezeichnet C. T. D. E. M. 1619 (Christoph Trechsler der Ältere, Mechanicus, Dresden), das Winkelmaß: Thomas Pregel fecit.
- Inv. der Jägerkammer 1668, N. 180: Ein Kurz Seitengewehr auf weidemeßerarth mit einer außgekrümmeten Spize und schwarz Ebenen Grieffe, worauf mit Silber eingelegt: Gotes güthe und Treu ist alle morgen neu … worbei folgende zur Artillerie gehörige Instrumente alß: ein Winkelmaaß, Ein abgetheilter Maasstab, Vier Zirckel, Meßer und Gabel, Zwey kleine Meßergen, eine Scheer, alles von Meßing verguldet und schön gestochen.
Die Verbindung der Jagdwaffe mit mathematischen Instrumenten entsprach der Neigung des Kurfürsten. Christoph Trechsler hatte schon 1584 für Kurfürst August einen Wegmesser gefertigt (Dresden, Math.-Phys. Salon), dessen Dekoration unter dem Einfluß Jost Ammanns steht (Engelmann, Die Wegmesser des Kurfürsten August von Sachsen, Mitt. aus d. sächs. Kunstsammlungen VI, 30, Tafel II, C. Gurlitt, Dresdner Waffenschmiede, Zeitschr. f. hist. Waffenkunde 1, 265). Danach ist Christoph, ein Sohn des Büchsenschmiedes Lorenz Drechsler in Dresden seit 1573 vielfach als Büchsen- und Instrumentenmacher für die sächsischen Kurfürsten tätig gewesen. (FHM. M 262.)
e. Waidblatt. – Griff Eisen, mit Auflagen von Bernstein mit farbiger Folie, die Jagdszenen in ornamentalem Rahmen aufweisen, darüber die Inschrift: Anno 1610. Scheide mit grünem Samt bezogen, Beschlag Silber gegossen und vergoldet, mit Jagdszenen in Relief. Oben die Buchstaben: G M I S H V C Z S G C V B (Georg Magdalena Johann Sibylla Herzog und Churfürst …) Fünfteiliges Besteck von der gleichen Ausstattung wie das Waidblatt.
- Inv. der Jägerkammer 1668, N. 206: Ein weidemeßer mit einem eisernen grieffe, worauf der Knopff wie auch die Schalen ganz von Agtstein, und die Schalen mit bunden Figuren unterleget, in einer grünen sammeten Scheiden.
Im Inventar von 1784 ist der Ausdruck „Agd (= Achat)stein“ in „Bernstein“ umgeändert worden. Übrigens wurde Johann Georg erst 1611 Kurfürst; die Formel „Herzog und Churfürst“ ist auffällig. Das prächtige Stück, in dessen Ausstattung wohl dieselbe Hand wie an dem Kredenzmesser Tafel 76b beteiligt war, ist vielleicht ein Geschenk der Kurfürstin an ihren Gemahl, wobei die Scheide später vollendet wurde als die Waffe. (FHM. M 309.)
f. Waidblatt. – Griff Eisen, geätzt, mit Hirschhorn belegt, Messingnieten graviert mit dem kursächsischen Wappen. Die Klinge tief geätzt, mit Jagdszenen, auf einer Seite die Inschrift: HANS • GEORGE • HERTZOK • ZV • SACHSEN • GVLICH • CLEFE • VND BERG • CVRFVRSCHT • 1•6•17. – Besteckscheide von schwarzem, gepunztem Leder, Beschlag Messing, graviert und vergoldet, auf dem Mittelband das kursächsische Wappen. – Auf den Klingen der vier Messer: H. G. H. Z. S. G. C. V. B. C 1617.
- Inv. der Jägerkammer 1668, N. 188: Ein Weidemeßer, mit einer auf beiden Seiten geezten Klinge und rauh beinernen Heffte mit Meßingen Vorgüldeten Buckeln, worauf das Churf. S. Wapen in einer schwarz Ledernen mit vorgüldeten und gestochenen Meßing beschlagenen Scheide …
Ein Vergleich mit c zeigt, wie wenig sich der Typus des Waidblatts im Laufe eines Jahrhunderts verändert hat. (FHM. M 14.)