Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Johann Eleazar Schenau
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[108] Nr. 123. Schenau, Johann Eleazar, 1737–1806. Nach der Inschrift, die sich bis 1906 auf dem Grabdenkmal dieses früheren Direktors der hiesigen Kunstakademie befand, sollte er im Jahre 1740, nach verschiedenen Schriftstellern aber 1734 geboren sein; auf Grund der Großschönauer Taufregister ist als richtiges Geburtsjahr 1737 festgestellt worden, wie es auch Gustav Müller in seinem Buche „Vergessene und halbvergessene Künstler“ angibt. Eigentlich hieß der Maler Elias Zeißig, nannte sich aber später angeblich auf Wunsch seines Vaters nach seinem Geburtsorte Großschönau in der Oberlausitz Schenau. Als zwölfjähriger Knabe kam er nach Dresden, verdiente sich hier seinen Lebensunterhalt als Schreiber bei einem Rechtsanwalt, konnte aber schließlich seiner lebhaften Neigung für Malerei folgen und sich der Kunst widmen, nachdem ihn der Oberhofmaler und Direktor der hiesigen älteren Kunstakademie Louis Silvestre als Schüler angenommen hatte. Um sich unter seiner Leitung noch weiter auszubilden, folgte Sch. 1756 seinem Lehrer nach Paris, wohin dieser bereits 1748 zurückgegangen war, blieb dort eine längere Reihe von Jahren und erwarb sich den Ruf, ein tüchtiger Künstler zu sein. Im Februar 1770 nach Dresden zurügekehrt, übernahm er hier eine Lehrerstelle an der Kunstakademie, folgte drei Jahre später einem Rufe an die Meißner Porzellanfabrik als Obermaler und wirkte seit 1774 zunächst als Professor, seit 1777 als Direktor wieder an der Dresdner Akademie. Als solcher war er auch Leiter der öffentlichen Zeichenschule, für die er selbstgefertigte Vorlageblätter ohne Vergütung zur Verfügung stellen, sowie mit anderen Professoren Unterricht im Zeichnen nach Antiken und nach dem Modell erteilen mußte. Auch hatte er als Direktor die weitere Verpflichtung, in seiner Malerwerkstätte Schüler auszubilden und die 1767 eingeführten Kunstausstellungen der Akademie anzuordnen. [109] Sch. malte Geschichtsbilder, Bildnisse, aber auch Vorkommnisse aus dem alltäglichen Leben. Unsere Galerie besitzt von ihm ein kleines Gemälde dieser Art, Das Schulmädchen. Es stellt ein kleines Mädchen vor, auf dessen linker Hand ein Vöglein sitzt, während ihre Rechte einen Muff hält. – Für die Kirche seines Geburtsortes schuf Sch. eine Himmelfahrt Christi. Dieses Geschenk des Meisters ist seit 1787 noch heute eine Zierde des Großschönauer Gotteshauses. – Am bekanntesten von seinen Arbeiten war das große Gemälde, das Jesus am Kreuze zwischen den beiden Schächern zeigte, und das man im Oktober 1792 in den Altar unserer Kreuzkirche einsetzte. Hier hing es genau hundert Jahre. Weil es aber im Laufe der Jahre stark nachgedunkelt, überdies auch ganz ungünstig beleuchtet war und trotz mehrmaliger Erneuerungen keine tiefe Wirkung erzielte, wurde es 1892 entfernt. Seinen Platz nahm ein von Professor Anton Dietrich geschaffenes Gemälde ein, das den gleichen Gegenstand wie das Bild Sch's. behandelte, aber wesentlich hellere Farben zeigte. Leider fiel es dem großen Brande der Kreuzkirche am 16. Februar 1897 zum Opfer. Das jetzige Altarbild dieses Gotteshauses, ebenfalls von Professor Dietrich gemalt, ist eine genaue Wiederholung seines ersten trefflichen Gemäldes.
Als Sch. 1806 nach eintägiger Krankheit in Dresden starb, wurde er zwar hier auf dem Johannisfriedhofe an der Johannesstraße begraben, aber seine letzte Ruhestätte hat er hier nicht gefunden. Da die Aufschließung dieses Gottesackers für das Jahr 1861 bevorstand, ließ auf Anregung eines früheren Schülers Sch's. eine seiner in Großschönau wohnenden Nichten die Asche und das Grabdenkmal des Meisters von Dresden nach seinem Geburtsorte überführen und dort am 8. September 1854 auf dem alten Friedhofe beisetzen, was in feierlichster Weise unter äußerst zahlreicher Beteiligung der Ortsbewohner geschah.
Als Sch. 1770 nach Dresden kam, scheinen seine Verhältnisse, weil er damals auch kränkelte, nicht gerade günstig gewesen zu sein, so daß sich der Generaldirektor der Kunstakademie v. Hagedorn beim Kurfürsten für den von ihm geschätzten Künstler verwendete und bat, diesem, auch da er mehr als fünf Schüler habe, im Akademiegebäude, dem Fürstenberg'schen Hause, Schloßplatz 1, „freies Ouartier“ zu gewähren. Daraufhin erhielt Sch., wie mir Herr Landgerichtsrat Dr. Stübel gütigst mitteilte, Ostern 1773 im dritten Stockwerk des genannten Gebäudes die bisher vom Hofmaler Roos innegehabte Wohnung überwiesen. Durch Verfügung vom 18. August 1781 durfte er sie mit den noch günstigeren, bisher von dem Professor der Kupferstechkunst Zucchi bewohnten Räumen vertauschen. Diese lagen im ersten Obergeschoß und boten reines Nordlicht. Als für das Geh. Finanzkollegium das Akademiegebäude gebraucht wurde, mußten es Ende Juni 1787 alle darin wohnenden Professoren verlassen. Sch. bezog nun (nach Kläbe) eine Wohnung im Hause Altmarkt 10 jetzt Schreibergasse 1, 3, 5 (O.-Nr. 426), doch kann nicht behauptet werden, daß diese Angabe ganz sicher ist. Acht Jahre später erstand der Akademiedirektor in einer Zwangsversteigerung das nur drei Fenster breite Gebäude Kreuzgasse Nr. 539, zuletzt Gasthaus [110] zur Glocke, Kreuzstraße 4 (O.-Nr. 590). Im zweiten Obergeschoß befand sich Sch's. Wohnung, im dritten seine Malerwerkstätte. Laut letztwilliger Verfügung des Künstlers ging 1806 das Haus käuflich an einen in Dresden lebenden Neffen über, der den nicht unbedeutenden künstlerischen Nachlaß – Ölgemälde, Nachschöpfungen von solchen, Kupferstiche usw. – so lange „unter seiner Aufsicht haben sollte, bis sich annehmliche Käufer dazu fänden“. Als der Besitzer des Gebäudes und Verwalter der darin aufbewahrten Kunstsachen im Jahre 1814 starb, ist der größte Teil derselben wohl nach Rußland verkauft worden. – Im Frühjahr 1905 hat man Sch's. Wohnhaus mit einer Anzahl benachbarter Gebäude niedergelegt, um für den Rathausneubau den nötigen Raum zu beschaffen.