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Allgemeines Deutsches Kommersbuch:315

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Schauenburg:
Allgemeines Deutsches Kommersbuch
Seite 628, 629
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[628]

     7. Es hatt ein Mann in Langensalz ein’n zentnerschweren Kropf
am Hals; den schnürt ich mit dem Hemmseil zu, Probatum est, er
hat die Ruh.

     8. Zu Prag, da nahm ich einem Weib zehn Fuder Steine aus dem
Leib; der letzte war ihr Leichenstein; sie wird wohl jetzt kurieret sein.

     9. Jüngst kam ein reicher Handelsmann auf einem magern Klepper
an; es war ein Schacherjud aus Metz; ich gab ihm Schinken für
die Krätz.

     10. Vor Hunger war ein alter Filz geplagt mit Schmerzen an
der Milz; ich hab ihn Extrapost geschickt, wo teure Zeit ihn nicht
mehr drückt.

     11. Heut früh nahm ich ihn in die Kur, just drei Minuten vor
zwölf Uhr; und als die Glocke Mittag schlug, er nicht mehr nach der
Suppe frug.

     12. Ein alter Bau’r mich zu sich rief, der seit zwölf Jahren nicht
mehr schlief: ich hab ihn gleich zur Ruh gebracht, er ist bis heute nicht
erwacht.

     13. Zu Wien kuriert ich einen Mann, der hatte einen hohlen Zahn:
ich schoß ihn ’raus mit dem Pistol; ach Gott, wie ist dem Mann
so wohl!

     14. Mein allergrößtes Meisterstück, das macht ich einst zu Osnabrück:
podagrisch war ein alter Knab; ich schnitt ihm beide Beine ab.

     15. Vertraut sich mir ein Patient, so mach er erst sein Testament;
ich schicke niemand aus der Welt, bevor er nicht sein Haus bestellt.

     16. Das ist die Art, wie ich kurier, sie ist probat, ich bürg dafür;
daß jedes Mittel Wirkung thut, schwör ich bei meinem Doktorhut.

Im wesentlichen aus der 1. Hälfte des 18. Jahrh.


          699.     Schlendrian.     (IV. 25.)

     Gemächlich.

     1. Ich ge=he mei=nen Schlen=dri=an und trin=ke mei=nen
     und wenn ich nicht be=zah=len kann, so ist die Sor=ge

     Wein,
     mein.      Ja, schlüg ich auch dies Glas in hunderttausend Trümmern,

[629]

so hat sich doch kein Mensch, kein Mensch darum zu kümmern.

     2. Ich gehe meinen Schlendrian, zieh an, was mir gefällt;
und wenn ich’s nicht mehr tragen kann, so mach ich es zu Geld. Und
sollte auch mein Hemd durch tausend Löcher schimmern, |: so hat sich
doch kein Mensch, kein Mensch darum zu kümmern. :|

     3. Ich gehe meinen Schlendrian bis an mein kühles Grab, und
schlägt mir auch der Sensenmann den letzten Segen ab. Ja, sollt ich
auch dereinst noch in der Hölle wimmern, so hat sich doch kein Mensh,
kein Mensch darum zu kümmern.


          700.     Protz.

     Singw.: Du hast Diamanten und Perlen ec.

     1. Ich hab eine Loge im Theater, ich hab auch ein Opernglas;
ich hab Equipagen und Pferde, — meine Mittel erlauben mir das!

     2. Ich rauche die feinste Havana zur Verdauung nach dem Fraß,
ich liebe das ganze Balletcorps, — meine Mittel erlauben mir das!

     3. Über Lumpen, wie Kepler und Schiller, rümpf ich nur ver=
ächtlich die Nas’; ich bin ein vollendestes Rindvieh, — meine Mittel
erlauben mir das!

Fl. Blätter.


          701.     Guanolied.

     Singw.: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten ec.

     1. Ich weiß eine friedliche Stelle im schweigenden Ozean, krystall=
hell schäumet die Welle zum Felsengestade hinan.

     2. Im Hafen erblickst du kein Segel, keines Menschen Fußtritt
am Strand, viel tausend reinliche Vögel hüten das einsame Land.

     3. Sie sitzen in frommer Beschauung, kein einzger versäumt seine
Pflicht, gesegnet ist ihre Verdauung und flüssig als wie ein Gedicht.

     4. Die Vögel sind all Philosophen, ihr oberster Grundsatz gebeut:
Den Leib halt allezeit offen, und alles andre gedeiht.

     5. Was die Väter geräuschlos begonnen, die Enkel vollenden das
Werk; geläutert von tropischen Sonnen, schon türmt es empor sich zum Berg.

     6. Sie sehen im rosigsten Lichte die Zukunft und sprechen in Ruh:
Wir bauen im Lauf der Geschichte noch den ganzen Ozean zu.

     7. Und die Anerkennung der Besten fehlt ihren Bestrebungen nicht,
denn fern im schwäbischen Westen der Böblinger Repsbauer spricht:

     8. Gott segn euch, ihr trefflichen Vögel an der fernen Guanoküst,
trotz meinem Landsmann, dem Hegel, schafft ihr den gediegensten Mist.

J. V. Scheffel. 1854.