Jeanette Schwerin †
[516_d] Jeannette Schwerin †. Die große Bewegung, welche sich in der Frauenwelt zur Hebung der Lage der Arbeiterinnen und zur Erweiterung des weiblichen Arbeitsfeldes vollzieht, hat soeben eine ihrer bedeutendsten Förderinnen verloren. Frau Jeannette Schwerin, welche am 14. Juli in Berlin plötzlich starb, war eine der begabtesten und erfolgreichsten Führerinnen dieser Bewegung in der Reichshauptstadt. Eben war sie noch anf dem Internationalen Frauenkongreß in London zum Mitglied des Hauptausschusses gewählt wnrden, und kurz zuvor hatte sie die Redaktion des „Centralblattes deutscher Frauenvereine“ übernommen, als der Tod sie ihrer segensreichen Wirksamkeit entriß. Sie mußte sich vor kurzem einer schweren Operation unterziehen, an deren Folgen sie verschieden ist; ihr Leichenbegängnis zeigte durch die überaus große Beteiligung, welcher Liebe und Verehrung die Verstorbene sich erfreute. Sie war die Tochter des Dr. Abarbanell, der sich 1848 in der Berliner Volksbewegung hervorthat; seit siebenundzwanzig Jahren war sie mit dem Arzte Dr. Schwerin verheiratet, der als Vorsitzender des großen Berliner Handwerkervereins sich ebenfalls große Verdienste auf dem Gebiete gemeinnützigen Wirkens erworben hat. Jeannette Schwerin ist Gründerin der „Auskunftsstelle“ der „Deutschen Gesellschaft für ethische Kultur“ in Berlin, zu deren Vorstand sie von Beginn an gehörte. Diese Auskunftsstelle giebt jedem Hilfesuchenden aufs genaueste darüber Bescheid, in welchen Wohlthätigkeitsanstalten, Stiftungen etc. Mittel vorhanden sein könnten, um ihm zu Hilfe zu kommen. Ferner gründete sie eine „Centralstelle für das Studium der Arbeiterinnenfrage“, wirkte erfolgreich für die Errichtung der ersten Volkslesehalle in Berlin und entfaltete ihre glänzende Redegabe sehr eindringlich zu Gunsten der Einrichtung besonderer Fabrikinspektorate für die Arbeiterinnen. Dabei war Jeannette Schwerin eine ausgezeichnete Hausfrau.