Kalewala, das National-Epos der Finnen/Siebenunddreißigste Rune
Weint’ der Schmieder Ilmarinen
Alle Abend nach dem Weibe,
Weinte schlaflos alle Nächte,
Alle Tage ohn’ zu essen,
Klagte früh schon an dem Morgen,
Seufzet in des Tages Frühe,
Weil gestorben ihm die Eh’frau,
Weil die Schöne hingesunken;
Nicht ward in der Hand geschwungen
Nicht zu hören war das Hämmern
In dem Laufe eines Monats.
Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„Wehe mir, dem armen Knaben,
Weiß nicht, wie zu sein und leben;
Sitz’ die Nächte oder schlafe,
Schwer ist’s Nachts, die Einsicht schwanket,
Mühvoll und gar schwach die Kräfte.“
„Lange Weil’ hab’ ich am Abend,
Doch die Nächte sind noch schlimmer,
Bittrer ist’s, wenn ich erwache,
Hab’ nicht Sehnsucht nach dem Abend,
Hab’ nicht Wehmuth ob des Morgens,
Keine Sorg’ ob andrer Zeiten;
Sehnsucht hab’ ich nach der Schönen,
Wehmuth hab’ ich nach der Lieben,
Kummer um die Schwarzgelockte.“
„Oftmals hat zu diesen Zeiten,
Mitternachts bei meinen Träumen
Schon umsonst die Faust gegriffen,
Ist die Hand umsonst geglitten
Tappend hin nach beiden Seiten.“
Weiblos lebte nun der Schmieder,
Alterte so ohne Gattin;
Weinte zwei, ja drei der Monde,
Eben so auch in dem vierten,
Sammelt Gold dann aus dem Meere,
Stapelt Holz in großen Haufen
Dreißig ganze Schlittenfuder,
Brennt das Holz dann ganz zu Kohlen,
Thut die Kohlen in die Esse.
Nimmt darauf von seinem Golde,
Nimmt ein Stück von seinem Silber,
Gleich an Größe einem Herbstlamm
Oder einem Winterhasen,
Stößt das Gold, damit es schmelze,
Stellet Knechte hin zum Blasen,
Tagelöhner zu dem Blasbalg.
Kräftig blasen da die Knechte,
Drücken rasch die Tagelöhner
Mit den Händen ohne Handschuh,
Mit den Schultern ohne Hüte;
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Rühret fleißig um das Feuer,
Will aus Gold sich ein Gebilde,
Gut nicht blasen seine Knechte,
Kraftlos drücken sie den Blasbalg,
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Fängt nun an recht frisch zu blasen;
Bläset, ein Mal, bläst das zweite,
Darauf bei dem dritten Male
Schaut er auf der Esse Boden,
Auf den Rand von seinem Ofen,
Was wohl aus der Esse käme,
Kommt ein Schaf da aus dem Ofen,
Dringt hervor aus seiner Esse,
Haare hat’s von Gold, von Kupfer,
Hat auch Haare, die von Silber,
Daß sich andre drüber freuen,
Ilmarinen sich nicht freute.
Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„Mag der Wolf dergleichen hoffen!
Wünsch’ aus Gold mir eine Gattin,
Stieß der Schmieder Ilmarinen
Drauf das Schaf zurück in’s Feuer,
Fügte noch hinzu vom Golde,
Macht des Silbers Masse größer,
Stellt die Knechte hin zum Blasbalg,
Läßt die Tagelöhner blasen.
Eifrig blasen da die Knechte,
Drücken rasch die Tagelöhner
Mit den Händen ohne Handschuh,
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Schüret emsig um die Esse,
Will aus Gold sich ein Gebilde,
Eine Braut aus Silber schaffen.
Gut nicht blasen seine Knechte,
Kraftlos drücken sie den Blasbalg,
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Fängt nun an recht frisch zu blasen;
Bläset ein Mal, bläst das zweite,
Schaut er auf der Esse Boden,
Auf den Rand von seinem Ofen,
Was wohl aus der Esse käme,
Was sich aus dem Feuer drängte.
Aus dem Feuer springt ein Füllen,
Dringt hervor dicht vor dem Blasbalg,
Goldenmähnig, silberköpfig,
Seine Hufen ganz aus Kupfer,
Daß sich andre drüber freuen,
Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„Mag der Wolf dergleichen hoffen!
Wünsch’ aus Gold mir eine Gattin,
Eine Ehefrau aus Silber.“
Stößt der Schmieder Ilmarinen
In das Feuer rasch das Füllen,
Füget noch hinzu vom Golde,
Mehret noch des Silbers Masse,
Stellet Knechte an den Blasbalg,
Eifrig blasen da die Knechte,
Drücken rasch die Tagelöhner
Mit den Händen ohne Handschuh,
Mit den Schultern ohne Hüte;
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Schüret emsig in der Esse,
Will aus Gold sich ein Gebilde,
Eine Braut aus Silber schaffen.
Gut nicht blasen seine Knechte,
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Fing nun an recht frisch zu blasen;
Bläset ein Mal, bläst das zweite,
Darauf bei dem dritten Male
Schaut er auf der Esse Boden,
Hin zum Rande seines Ofens,
Was wohl aus der Esse käme,
Was sich aus dem Feuer drängte.
Kommt ein Mädchen aus der Esse,
Silberhäuptig, goldenlockig,
Wunderschön am ganzen Leibe;
Daß die andern Furcht empfinden,
Ilmarinen sich nicht fürchtet.
Darauf schmiedet Ilmarinen,
Er, der Schmieder, das Gebilde,
Schmiedet Nächte ohn’ zu ruhen,
Tagelang ohn’ anzuhalten;
Füße gab er wohl der Jungfrau,
Doch nicht taugt der Fuß zum Gehen,
Nicht die Arme zum Umarmen.
Schmiedet Ohren wohl der Jungfrau,
Doch nichts hören konnten diese;
Meisterhaft schuf er den Mund ihr,
Schön den Mund, die Augen lebhaft,
Leider war der Mund ihr wortleer,
Ohne Anmuth auch das Auge.
Sprach der Schmieder Ilmarinen:
Wenn sie Worte nur besäße,
Mit Besinnung eine Zunge.“
Zog darauf die schöne Jungfrau
Auf sein weiches Federlager,
Auf das sanfte Ruhekissen,
Auf das Bett von zarter Seide.
Darauf heizt’ Schmied Ilmarinen
Seine Badstub’ reich an Dämpfen,
Schaffet Seife hin zum Bade,
Schaffet Wasser drei der Eimer,
Daß das Finklein sich nun wasche,
Daß das Ammerchen sich bade
Von des Goldes schmutz’gen Schlacken.
Zur Genüge hat der Schmieder,
Sich nach Herzenslust gebadet,
Streckt sich an der Jungfrau Seite
Auf dem weichen Federbette,
Auf dem stahlbeschlagnen Lager,
Darauf frägt Schmied Ilmarinen
Gleich schon in der Nächte ersten
Nach gehör’ger Zahl von Decken,
Sorgt für eine Menge Tücher,
Zwei, ja drei der Bärenfelle,
Fünf, ja sechs der wollnen Decken,
Um bei seiner Ehehälfte,
Bei dem goldnen Bild zu schlafen.
Warm genug war eine Seite,
Die der Jungfrau zugewandte,
Die am Goldgebilde ruhte,
Diese Seite war voll Kälte,
War vor lauter Frost erstarret,
Drohte gar zu Eis zu werden
Und zu Stein sich zu verhärten.
Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„Tauget nicht für mich die Jungfrau;
Will sie nach Wäinölä führen,
Als Gefährtin für sein Leben,
Als ein Hühnchen ihm im Schooße.
Führt die Jungfrau nach Wäinölä;
Redet, als er hingekommen,
Worte solcher Weise sprechend:
„O du alter Wäinämöinen,
Nimm da hin ein hübsches Mädchen,
Eine Jungfrau schön von Aussehn,
Nicht gar breit ist sie am Munde,
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Blickte hin auf das Gebilde,
Warf die Augen hin zum Golde,
Redet Worte solcher Weise:
„Weßhalb brachtest du mir dieses,
Dieses goldne Ungeheuer?“
Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„Weßhalb anders, als zum Besten:
Dir als Gattin für dein Leben,
{{idt]]Sprach der alte Wäinämöinen:
„O du Schmied, mein lieber Bruder!
Wirf die Jungfrau in das Feuer,
Schmied’ draus allerlei Geräthe,
Oder führe sie nach Rußland,
Dein Gebilde zu den Deutschen,
Daß im Kampfe sie die Reichen,
Mächt’ge sie durch Krieg gewinnen;
Nimmer ziemt es meinem Stamme,
Eine goldne Braut zu wählen,
Eine silberne zu suchen.“
Drauf verbot es Wäinämöinen
Und versagt’s der Freund der Wogen
Ernstlich dem Geschlecht, das wächset,
Dem Geschlecht, das sich erhebet,
Vor dem Golde sich zu neigen,
Vor dem Silber schwach zu werden;
Redet Worte solcher Weise,
„Wollet nicht, ihr armen Söhne,
Nicht ihr Helden, die ihr wachset,
Solltet ihr Vermögen haben
Oder dessen auch entrathen,
Wollet nie, so lang’ ihr lebet,
Nie, so lang’ das Mondlicht glänzet,
Nach den goldnen Mädchen freien,
Eine Silberbraut euch wählen!
Kalt nur ist der Glanz des Goldes,