Canones für Mönche
Vor Allem sollen die Mönche sorgfältig darauf halten, daß niemals Frauen das Kloster besuchen dürfen.
Die Klosterbrüder dürfen nicht über Land gehen, mit einziger Ausnahme des Visitators, welcher aber dabei die angemessene Zurückhaltung beobachten muß.
Wenn der Visitator in ein Dorf oder in eine Stadt kommt, soll er sich weder in Gasthäusern aufhalten, noch bei Laien übernachten, sondern in der Kirche[1] oder in einem benachbarten Kloster.
Die Mönche sollen sich des Weines enthalten, um Schmähungen zu vermeiden; ganz besonders sollen sie sich hüten, Wein zu ihrem Gebrauche anzukaufen.
Nur diejenigen Mönche, welche eingeschlossen leben und niemals ausgehen, dürfen das Haar lang wachsen lassen oder Eisenpanzer anziehen oder sich eiserne Ketten umhängen.
Die Visitatoren, welche in Geschäften des Klosters ausgehen, wie überhaupt alle Brüder, so lange sie sich außerhalb [227] des Klosters aufhalten, dürfen unterdessen keine härenen Gewänder tragen, damit das ehrwürdige Ordenskleid nicht der Verspottung ausgesetzt werde.
Kein Mönch darf Öl austheilen, besonders nicht an Frauen. Wenn aber einer offenbar dieses Charisma besitzt, so soll er das Öl nur Männern geben, den Frauen aber, die desselben bedürfen, es durch ihre Männer zuschicken lassen.[2]
Zu den in den Klöstern gefeierten Heiligenfesten soll das Volk nicht zusammenkommen, sondern nur die Ordensbrüder selbst.
Die Mönche sollen keine Schaf- oder Ziegenheerden, keine Pferde, Maulthiere oder sonstiges Vieh besitzen, mit Ausnahme eines Esels für die, welche eines solchen bedürfen, oder eines Joches Ochsen für die, welche die Saat bestellen.
Bücher, welche nicht dem Glauben der Kirche gemäß sind, sollen in den Klöstern nicht geduldet werden.
Die Klöster sollen keine Kauf- und Verkaufgeschäfte betreiben, sondern nur so viel an Vorräthen besitzen, als für den mäßigen Lebensunterhalt der Brüder nothwendig ist.
Keiner von den im Kloster lebenden Brüdern darf für sich selbst persönliches Eigenthum besitzen, sondern Alles soll der Brüderschaft gemeinsam angehören und unter der Verwaltung des Abtes stehen.
Die Äbte sollen den Brüdern nicht gestatten, Besuch von ihren Verwandten anzunehmen oder selbst auszugehen, um dieselben zu besuchen, damit sie nicht lau werden.
Die Brüder sollen nicht unter dem Vorwande der [228] Krankheit ihr Kloster verlassen, um sich in den Städten oder auf dem Lande aufzuhalten, sondern sie sollen aus Liebe zu Gott ihre Schmerzen geduldig im Kloster ertragen.
Die Mönche sollen ihre Wohnstätte nicht verlassen, um für Andere Gerechtigkeit zu erlangen, und deßhalb in die Städte oder zu den Richtern zu gehen.
Die Mönche sollen niemals unter dem Vorwande der Obsorge oder Arbeit die festgesetzten Gebetszeiten des täglichen und nächtlichen Officiums versäumen.
Sie sollen die Fremden liebevoll aufnehmen und die Thüre vor Keinem der Brüder verschließen.
Nur diejenigen Brüder dürfen als Einsiedler leben, welche sich lange Zeit hindurch im Kloster durch gute Werke bewährt haben.
Kein Mönch suche für irgend Jemanden eine Entscheidung aus Bibelstellen!
Keiner von den Brüdern wage es, die Communion auszutheilen, wenn er nicht Priester oder Diakon ist!
Wenn Priestern oder Diakonen aus den Klöstern Kirchen auf dem Lande anvertraut werden, so sollen die Äbte deren Stelle durch andere erprobte Brüder ersetzen, welche fähig sind, die Communität zu leiten, damit Jene bei ihren Kirchen bleiben können.
Gebeine der Märtyrer sollen nicht in den Klöstern aufbewahrt werden, sondern wer solche besitzt, soll sie zu uns bringen, damit sie, wenn echt, in den Märtyrerkapellen verehrt, wenn aber unecht, auf dem Kirchhof begraben werden.
Wenn sich Mönche Reliquienkasten anfertigen wollen, sollen sie dieselben in der Erde verbergen, damit sie durchaus nicht gesehen werden können.
Wenn ein Bruder oder Abt in einem Kloster stirbt, so sollen ihn nur die Brüder seines eigenen Klosters im Stillen begraben. Wenn sie allein dazu nicht ausreichen, mögen sie die Brüder aus einem benachbarten Kloster zu Hilfe rufen, aber nicht die Laien aus der Umgegend zum Leichenbegängniß zusammenkommen lassen.
[229] Wenn Jemand für das Kloster Getreide einkauft,[3] so soll er nicht mehr nehmen, als in der betreffenden Gegend zur Erntezeit für denselben Preis gegeben wird, damit er nicht das Kloster in den Ruf der Habsucht bringe.
Niemand nehme einen Bruder auf, der von einem Kloster zum anderen reist, wenn er es nicht etwa im Auftrage des ihm vorgesetzten Abtes thut.
- ↑ D. h. natürlich bei dem Klerus der Kirche oder in dem Xenodochion.
- ↑ Über die charismatische Krankensalbung durch Mönche und ihr Verhältniß zu der sakramentalen vergleiche man unsere erste Anmerkung zu S. 152 der „Ausgewählten Gedichte syrischer Kirchenväter.“
- ↑ Mit einer geringfügigen Änderung der Punctation könnte auch übersetzt werden: „Wenn Jemand zum Besten des Klosters Getreide verkauft“, was vielleicht einen noch besseren Sinn gibt. Denn da der Preis zur Erntezeit am niedrigsten steht, so ist das Verkaufen zum Erntepreis ein viel stärkerer Beweis von Uneigennützigkeit, als das Einkaufen zu demselben.