Kavallerie beim Flußübergang

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Textdaten
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Autor: C. H.
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Titel: Kavallerie beim Flußübergang
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 681, 687–688
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[681]

Kavallerie beim Flußübergange.
Nach einer Zeichnung den M. Plinzner

[687] Kavallerie beim Flußübergang. (Zu dem Bilde S. 681.) Unter den mancherlei Uebungen, durch welche unsere Armee ihre bewährte Kriegstüchtigkeit zu erhalten und zu erhöhen bemüht ist, spielen dermalen die Schwimmübungen der Kavallerie eine Hauptrolle. Es handelt sich dabei weniger um das Schwimmen der Mannschaft, das ja bei der Infanterie nicht minder eifrig betrieben wird, als vielmehr um das der Pferde. Die vielverbreitete Annahme nämlich, daß das Pferd wie so manches andere Thier die Kunst des Schwimmens auf Grund eines ererbten Instinktes mit zur Welt bringe, ist nicht durchweg zutreffend, ganz abgesehen von den besonderen Umständen, die als erschwerend oder richtiger beschwerend für das Militärpferd in Betracht kommen. Selbst das nackte reiterlose Pferd zeigt bei seinen ersten Schwimmversuchen nicht selten eine Ungeschicklichkeit, durch die es ohne die Nachhilfe des Menschen unfehlbar zu einer Beute des nassen Elements würde, sind ja doch dergleichen Unfälle sogar bei den mit äußerster Vorsicht geleiteten militärischen Uebungen nicht ganz zu vermeiden.

Der Gang dieser zunächst im kleineren Verband vorzunehmenden Uebungen ist nun im allgemeinen der folgende: An einer Stelle des Flußlaufs, welche durch nicht zu steile Uferwände und eine allmähliche Vertiefung des Bettes dem Versuch besonders günstig ist, werden durch Spannen einer Leine und Bereitstellung von Kähnen die nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen; dann geht man daran, die schon geübten älteren Pferde hinter den Reitern und in ihrem Gefolge die weniger sicheren ohne Reiter über den Fluß zu treiben. Ich sage, zu „treiben“, weil in den meisten Fällen bei den Thieren eine gewisse Wasserscheu zu überwinden ist, die den Gebrauch der Peitsche nothwendig macht. Am stärksten äußert sich diese Eigenschaft bei den jüngeren Pferden, die beim Uebersetzen entweder vom Kahn oder vom andern Ufer aus mittels der Leine geleitet, oft auch förmlich gezogen werden müssen. Diese Scheu vermindert sich jedoch bei häufiger Wiederholung der Uebung, ja wenn die Uebungen in der Nähe der Garnison statt finden, schlägt sie oft schon beim Uebersetzen vom jenseitigen Ufer aus, dank der unglaublichen Stallwitterung dieser Thiere, in ihr gerades Gegentheil um und das anfangs so störrische Roß stürzt sich jetzt mit dem Wagemut eines Leander, dem Heros Fackel winkt, in die Fluth. Allein auch dieses Uebermaß des Temperaments muß gezügelt werden, soll es nicht Roß und Reiter in Gefahr bringen.

In allmählichem Fortschreiten werden nun alle Pferde mit Sattel und Gepäck und schließlich auch mit dem Reiter belastet, nur das Kandarengebiß bleibt gewöhnlich fort, um dem Thier das Athmen zu erleichtern. Einer nicht geringeren Uebung als das Pferd bedarf indessen auch der Reiter, von dessen Verhalten sehr viel für das Gelingen der Sache abhängt. Er hat das Pferd mit lockerem Trensenzügel zu leiten, ohne jedoch zu gestatten, daß es den Kopf zu tief senkt, sich bei seichtem Wasserstand niederlegt und wälzt, wozu es meist große Neigung hat: er muß es antreiben, ohne es doch durch den Sitz allzusehr zu beschweren und in der freien Bewegung zu hemmen; insbesondere aber hat er den Blick immer vorwärts und nicht auf den Wasserspiegel zu richten, um sich selbst vor Schwindel zu bewahren.

Unser Bild zeigt eine solche Uebung schon in einem vorgeschrittenen Stadium, wobei immerhin noch einige der vorerwähnten Schwierigkeiten zu erkennen sind. Von welcher Wichtigkeit solche Uebungen für die Kavallerie sind, die im Krieg dem Gros der Armee oft mehrere Tagemärsche voraus ist, braucht kaum angedeutet zu werden. Allerdings werden im Kriegsfall in Feindesland nicht immer Kähne und sonstige Fahrzeuge zur Stelle sein, um ein Uebersetzen der Mannschaften, wie es die Scene oben aus unserer Abbildung zeigt, zu ermöglichen. Das letzte Ziel dieser Uebung bleibt daher immer das freie Durchschwimmen des Stromes, wobei das Roß den Reiter mit Waffen und Gepäck ans andere Ufer zu tragen hat, eine gefährliche Sache, deren Ausführung, wie die Erfahrung lehrt, nur unter ganz günstigen Umständen ohne Verlust an Menschen und Pferden möglich ist, im Krieg aber leicht zur Nothwendigkeit werden kann. Liegt eine solche Nothwendigkeit nicht vor, so wird auch die Kavallerie das Herankommen der mit dem nöthigen Material versehenen Pioniere, sofern ihr solche nicht vorher schon zugetheilt sind, abwarten und dann auf einer [688] rasch geschlagenen Schiffbrücke das Hinderniß baldigst passieren können. Auch diese meist im Gänsemarsch sich vollziehende Art des Flußübergangs, wobei der abgesessene Reiter sein von dem heftig polternden Geräusch leicht erschrecktes Thier mit großer Vorsicht zu führen und vor Seitensprüngen zu bewahren hat, veranschaulicht unser Bild, welchem die neuliche Uebung zweier Gardekavallerieregimenter an der Havel zwischen Heiligensee und Nieder-Neuendorf zur lebendigen Vorlage gedient hat. C. H.