Kirchenbauwesen (Großh Hess)(1820)
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Bauordnung in Ansehung der geistlichen Gebäude in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen.
LUDEWIG von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein etc. etc.,
Wir haben Uns zur Abstellung mehrerer bei dem geistlichen Bauwesen eingeschlichener Mißbräuche bewogen gefunden, die für Unsere alten Lande unterm 18ten November 1779 erlassene geistliche Bauordnung folgenden Inhalts:
- Von Gottes Gnaden, Wir Ludwig, Landgraf zu Hessen etc. etc.
- Liebe Getreue!
- Von Gottes Gnaden, Wir Ludwig, Landgraf zu Hessen etc. etc.
Die Unordnungen und Mißbräuche, welche Wir bei dem geistlichen Bauwesen in Unserm Fürstenthum und zugehörigen Grafschaften und Landen vielfältig wahrgenommen haben, und welche durch die bisherigen Specialbefehle und Ausschreiben nicht durchgängig abgeschafft werden konnten, haben Uns bewogen, in Absicht auf das geistliche Bauwesen eine ähnliche Verordnung zu erlassen, so wie Wir dieses auch in Ansehung Unseres Cameralbauwesens gut gefunden, und deßwegen das Reglement vom 31. July 1777. ertheilt haben. Wir befehlen daher gnädigst, daß
§. 1. Ueber alle geistlicheGebäude, sie mögen von Uns oder von Kirchenkästen, Stiftern, Klöstern, Zehendherrn, Patronis, oder auch von den Gemeinden unterhalten werden, von den Bewohnern, überhaupt aber von den Geistlichen, von den Inspectoren, Beamten und Gerichtsherrn, die genaueste Aufsicht geführet, und allenthalben der Bedacht dahin genommen werden solle, damit alle Gebäude in beständigem baulichem Wesen unterhalten werden mögen.
§. 2. Für die Unterhaltung der Kirchen soll zunächst der Pfarrer eines jeden Orts, und nach ihm der Beamte oder Gerichtsherr, nebst dem Inspector sorgen, und der Beamte hat daher, so oft er Gelegenheit dazu findet und es ohne Kosten geschehen kann, der Inspector aber vornemlich bei den jährlichen Schulvisitationen, mithin ebenfalls ohne besondere Diäten und Kosten, sämmtliche ggeistliche Gebäude des Amts und respective der Diöces genau zu beaugenscheinigen, die gesammelte Bemerkungen aber schriftlich zu verfassen.
§. 3. Vier Wochen vor Martini soll ein jeder Pfarrer die Baugebrechen an den geistlichen Gebäuden seiner Pfarrey an den ihm vorgesetzten Inspector einberichten, und im Unterlassungsfall mit 5 fl. bestraft werden. [317] einander gemischt, sondern über jedes Gebäude und die daran geschehene Arbeit muß ein besonderer Zettel ausgestellt, und hiernach, beigefügtem Formular 3. gemäs, die Bauconsignation verfertiget werden.
§ 11. Mit den Handwerksleuten soll genau accordirt werden, hingegen auch keiner, wie ehedem öfters geschehen ist, mit der Bezahlung im mindesten aufgehalten werben, und damit dieses desto weniger geschehen und den Handwerksleuten der hierinn gesuchte Vorwand zu übertriebenen Forderungen um so viel gewisser benommen werden möge, sollen der Beamte und Inspector befugt seyn, auf einen vorgeschriebener Masen ausgestellten Verdienst-Zettel nach tüchtig befundener Arbeit und auf Verlangen des Handwerksmanns, allenfalls die Hälfte des Betrags noch vor einlangender Decretur ausbezahlen zu lassen, welches hiernächst in der Bauconsignation kürzlich anzumerken ist.
§. 12. Diejenige Reparationen wobey Gefahr auf dem Verzug haftet, sollen die Beamten und Inspectores, so bald ihnen von dem einschlagenden Pfarrer die Anzeige geschiehet, ohne Rückfrage sogleich verfügen, demohngeachtet aber solche in den nächsten Baubericht, auch hiernächst in die Bauconsignation bringen, und in so fern die Kosten von inländischen piis corporibus oder Gemeinden bestritten werden, mit dem Betrag so lange liquidiren lassen, bis derselbe nach eingeschickter Bauconsignation nach Befinden decretirt seyn wird. Uebrigens sollen die Nothfälle, wovon hier die Rede ist, folgender Masen bestimmt seyn: Gebrechen an Dächern, besonders an Forst und Grad, auch Hohlkehlen, desgleichen an Feuerwänden und Schornsteinen, in sofern Feuersgefahr dabey zu besorgen ist. Reparation von Fenstern die durch Hagelwetter eingeschlagen worden sind und aller Schäden, die von Wassergüssen, Sturmwinden und so ferner herrühren, und bei einigem Verzug größer werden müsten, überhaupt aber alles das, was nach der Ueberlegung verständiger Hauswirthe eine schleunige Ausbesserung und Gegenanstalt erfordert.
§. 13. Wann sich bey wirklicher Ausführung eines genehmigten Bauwesens ein nicht vorher zu sehender Umstand ergibt, wodurch im Entwurf eine Abänderung nothwendig, oder der Aufwand gröser wird, so ist zwar mit der angefangenen Arbeit fort zu fahren, der Vorfall jedoch sogleich an das vorgesetzte Consistorium ausführlich einzuberichten, und befonders auch zu bemerken, um wie viel eigentlich der Aufwand größer werden dürfte.
§. 14. Da es auch bisher mit den kleinen Reparationen an geistlichen Gebäuden oft übertrieben und dadurch manchen Gemeinden und Kirchenkästen ein eben so unbilliger als unerträglicher Aufwand verursacht worden ist; so verordnen Wir hiermit, daß folgende Reparationen an Pfarr- und Schulgebäuden keineswegs von den Gemeinden und inländischen piis corporibus, sondern von den Bewohnern und Inhabern aus eigenen Mitteln bestritten werden sollen. Nemlich das Ausweißen, das Flickwerk an Fenstern, Oefen und allem Schloßwerk, wovon jedoch die Schulstuben ausgenommen werden, das Fegen und Putzen der Schornsteine und Oefen, das Anstreichen der Küchen und Ausbessern der Feuerheerde und Backöfen, die Unterhaltung aller Gartenhäuser und Obstdörren, die Reparation der Boden in Pferde- Rindvieh- und Schweinställen, insofern sie von dem Inhaber der Gebäude schon lange Jahre gebraucht worden sind, die Herstellung der ruinirten Krippen, Tröge, Raufen, Stallthüren und Stallfenster, auch alles dazu gehörigen Schlosserwerks, die Reinigung der Häuser und Hofraithen.
§. 15. Mobilien und Gerätschaften z. B. Schränke, Fruchtfegen und Fruchtmaße sollen ebenfalls nicht auf Kosten der inländischen milden Stiftungen, sondern von den Inhabern der geistlichen Gebäude aus eigenen Mitteln angeschaft und unterhalten werden, jedoch bleiben von dieser Regel folgende Stücke ausgenommen: Sie eingemauerten Kessel, Siedetöpfen und Ofenhäfen, [318] die Rollen in den Scheuern, die Rollen, Ketten und Eymer an den Ziehbrunnen, die hölzerne oder steinerne Wassertröge bey den Brunnen, die Keltern an Orten wo Weinwachs oder Zehenden bey den Pfarreyen ist, nebst den Fäßlägnern an solchen Orten, und sollen diese Stücke zwar nach vorhergehender Genehmigung des vorgesetzten Consistorii auf Kosten inländischer milder Stiftungen nach Befinden angeschafft, von dem Inhaber aber aus eigenen Mitteln unterhalten, und schlechterdings in dem Stand wieder aufgeliefert werden, in welchem er sie angetroffen hat.
§. 16. In Ansehung der geistlichen Besoldungsgüter lassen Wir es, was erstlich die Weinberge betrifft, bey dem unterm 26. Junius 1777. ergangenen Ausschreiben mit dem Anhang bewenden, daß auch das Anpflanzen einzelner Rebstöcke auf eigene Kosten des Inhabers geschehen solle. In Absicht auf die Zäune und Hecken, haben Wir unterm 29. Jul. dieses Jahrs eine besondere Verordnung erlassen, und fügen nunmehro noch hinzu, daß überhaupt alles, was zum laufenden Bau und zur pfleglichen Behandlung eines Gartens, Weinbergs, Ackers, einer Wiese und Waldung gehört, und insbesondere die Unterhaltung der Abzugs- und Wässerungsgräben, auch etwa vorhandenen kleinen Schleusen und Schutzbretter auf den Wiesen, die Unterhaltung der Abzugs-Flur-Flut- und Befriedigungsgräben auf den Fruchtfeldern, Weiden, Waldungen u. s. f. und das Anschaffen der Baumstangen und alles Lattenwerks in den Gärten und übrigen Grundstücken, dergleichen das Anpflanzen aller Obst- und Beholzigungsbäume, aus keinem inländischen pio corpore, sondern aus eigenen Mitteln des Inhabers bestritten werden solle.
§. 17. Wir haben es indessen Unsern Consistoriis überlassen, in einzelnen Fällen, wo die geringe Competenz eines Predigers oder Schullehrers, oder andere erhebliche Umstände in Betrachtung kommen, jedoch ohne Consequenz nach Befinden eine Ausnahme von obigen Regeln zu gestatten, ohnehin aber lassen Wir es in Ansehung aller Gebäude und Besoldungsstücke, welche nicht von inländischen piis corporibus, sondern von patronis und andern Privatpersonen auch auswärtigen Herrschaften, Stiftern, Klöstern u. s. f. unterhalten werden, lediglich bey dem was herkömmlich und sonst Rechtens ist, bewenden, und sollen also die §§. 14. 15. und 16, auf diese Fälle nicht ausgedehnt und angewendet werden.
§. 18. Alles was hingegen durch Nachlässigkeit, Muthwillen und excessiven Gebrauch ein oder des andern Bewohners oder der Seinigen, an ein oder dem andern Theil der inhabenden Gebäude und Grundstücke zerbrochen und verdorben wird, soll von dem Bewohner ohne Unterschied, wer das Gebäude sonsten zu unterhalten hat, lediglich aus eigenen Mitteln und unverzüglich wieder hergestellt, auch hierauf und daß keinerlei Mißbrauch vorgehe, bey den Kirchen- und Schulvisitationen genau gesehen und in den Relationen das Nöthige deswegen angemerkt werden.
§. 19. Bey Dienstveränderungen ist bisher, theils weil der vorige Inhaber der Gebäude oder seine Erben nichts in gehörigem Stand auflieferten, und theils weil der neu eintretende Geistliche oder Schullehrer es für herkömmlich hielt, das vor seinem Einzug gebaut werden wüsse, oft ausgeschweift worden. Unsere Willensmeynung gehet dahin, daß ein Geistlicher und Schullehrer eine den Umständen angemessene ordentliche Wohnung geniesen, dem Eigensinn aber, der Willkühr, und dem oft ganz ungereimten, zweckwidrigen und auf leeren Einbildungen beruhenden Bauen schlechterdings gesteuert, und in eben dieser Absicht über jedes geistliche Gebäude ein ordentliches Inventarium nach anliegenden Formular 4 aufgestellt und von Zeit zu Zeit rectificirt werden solle.
§. 20. Diese Inventaria sollen nach den Pfarreyen dergestalt eingerichtet werden, daß allemal die Kirchen Pfarr- und Schulhäuser einer Pfarrey in ein Inventarium kommen, und in Ansehung der Kirchen die Richtigkeit des Inventarii von dem Pfarrer, Schulmeister und Küster anerkannt, in Ansehung der Wohngebäude aber von dem Inhaber der würkliche Empfang, mithin die [319] daraus von selbst folgende Schuldigkeit, alles, was in dem Inventario enthalten ist, zu seiner Zeit wieder gehörig aufzuliefern, durch die Unterschrift des Namens gehörig beschienen werden.
§. 21. Unsere Beamten oder respective Gerichtsherrn und Inspectores haben diese Inventaria mit Zuziehung derjenigen, welche ein Gebäude zu bauen und zu unterhalten haben, in triplo zu errichten, und ein Exemplar in der Amts- und respective Gerichts- das andere in der Inspecioratsrepositur zu behalten, das dritte à dato innerhalb 6. Monaten zu Unserem ihnen vorgesetzten Consistorio berichtlich einzuschicken, den Inhabern der Gebäude aber und denjenigen, welche solche zu bauen und zu unterhalten schuldig sind, Abschriften davon zu gestatten.
§. 22. Bei den Kirchen- und Schulvisitationen soll von Unseren Superintendenten und Inspectoren, besonders auch nach dem Zustand des Inventarii gefragt und nach dessen Anleitung die §. 2. und 17. verordnete Beaugenscheinigung vorgenommen, bey allen künftigen Dienstveränderungen aber sollen die Gebäude von dem abgehenden Bewohner oder des Abgegangenen Erben nach gedachtem Inventario wieder aufgeliefert, und es in Ansehung des neu eintretenden Dieners mit dem in triplo wieder aufzustellenden, und nach den etwa veränderten Umständen zu rectificirenden Inventario, so wie §. 21. verordnet ist, jedesmal gehalten werden.
§. 23. Geschieht eine solche Veränderung bey einem Schullehrer, so soll die Berichtigung des Inventarii von dem Pfarrer und Burgermeister in Städten, auf dem Lande aber von dem Pfarrer und Schultheisen, oder wer des Letztern Stelle vertritt, bei einem Pfarrer, von dem Inspector mit Zuziehung respective des Burgermeisters oder des Schultheisen, und bei einem Inspector, von dem ältesten Pfarrer des Convents, nebst dem Schultheisen, in Städten aber statt des Schultheisen von dem Burgermeister besorgt werden, jedoch wenn es auf beträchtliche restituenda ankommt, und allenfalls erhebliche Zweifel darüber entstehen, soll auch allenfalls der Beamte, nebst dem Inspector oder respective ältesten Pfarrer des Convents selbst ad locum gehen, sonst aber haben sie sich das Resultat nur zuschicken zu lassen, und wenn alles behörig besorgt ist, den erforderlichen Bericht mit Beylegung des Inventarii zu erstatten. Diejenige, welche ein Gebäude zu bauen und zu unterhalten haben, sind bey der Auflieferung auf Verlangen zuzuziehen, und in adlichen Gerichten, soll alles was Wir in diesem und dem 21 §. verordnet haben, von demjenigen, dem die Vorstellung des neu eintretenden Dieners aufgetragen ist, nebst dem Gerichtsherrn oder dessen Institiario besorgt werden. Nach diesen Einrichtungen werden künftig alle geistliche Gebäude in beständigem baulichem Wesen erhalten werden, welchem nach dann auch alle bey dem Auszug neu bestellter Geistlicher und Schullehrer sonst vorgekommene auserordentliche Reparationen und Veränderungen von selbst wegfallen.
Ordnung, Aufmerksamkeit und pflichtmäßige Treue verlangen Wir in allen Stücken, und werden daher diejenigen, welche sich eine Nachlässigkeit, unordentliche Behandlung der Baumaterialien, und noch mehr irgend eine Gefährde zu Schulden kommen lassen, ernstlich bestrafen, und sie zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens unnachsichtlich anhalten lassen.
Insbesondere finden Wir noch einzuschärfen nöthig, daß kein Geistlicher mit Hintansetzung der an der Kirche erforderlichen Reparationen, nur auf die oft weniger nöthige Ausbesserung seiner Wohnung den Bedacht nehme, unter keinerley Vorwand und bey Vermeidung des Ersatzes und weiterer Strafe das Mindeste eigenmächtig baue oder abändere, überhaupt aber sich nichts beygehen lasse, was den Absichten dieser Unserer Verordnung entgegenläuft, und worüber er zu schwerer Verantwortung und Strafe unfehlbar gezogen werden würde.
Hieran geschieht Unser Wille. Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und aufgedruckten Fürstl. geheimen Insiegels. Darmstadt den 18ten November 1779.
Landgraf zu Hessen
Bis S. 328 folgt die Wiedergabe der Gebäude, der Formulare u. s. w. aus dem Jahr 1777
[328] unter nachstehenden Abänderungen, Erläuterungen und Zusätzen, nicht nur in Unsern althessischen Landen von neuem einzuschärfen, und zur genauesten Befolgung bekannt zu machen, sondern auch auf alle Uns seitdem zugefallene, sowohl evangelische als katholische Landestheile der beiden diesseits Rheinischen Provinzen Starkenburg und Oberhessen auszudehnen, und hiermit zur gesetzlichen Richtschnur festzusetzen:
Die in den §§. 3. und 4. der geistlichen Bauordnung vom 18. November 1779. enthaltene Vorschriften werden hiermit aufgehoben, und mithin die in Gemäßheit dieser §§. von dem Geistlichen an seinen Inspector, und von diesem und dem Großherzoglichen Beamten an die einschlägigen Kirchen- und Schulraths-Collegien oder Consistorien, vor Martini jeden Jahrs zu erstattende bisherige Bauberichte hierdurch abgestellt.
Dagegen haben sich die Großherzogl. Beamte, Inspectoren und Landdechante, über den Zustand der geistlichen Gebäude in ihren Amtsbezirken, Inspektoraten, und Decanaten von Zeit zu Zeit zu vergewissern, und so oft etwas zu bauen oder zu repariren nöthig seyn wird, darüber, und zwar, nachdem sie sich zuvor von der Nothwendigkeit selbst überzeugt haben, an die ihnen vorgesetzte Kirchen- und Schulraths-Collegien oder Consistorien zu berichten, und nur in denjenigen Fällen, in welchen die neue Erbauung eines geistlichen Gebäudes, oder eine bedeutende Haupt- und Grund-Reparatur an einem solchen in ihren Amts- Inspectorats- und Decanats-Bezirken erforderlich seyn sollte, diesen Bericht, — da sie dergleichen Baulichkeiten in der Regel lange vorher wissen können, — sechs Wochen [329] vor Martini jeden Jahrs zu erstatten, damit die einschlägige obere Staatsbehörden dadurch in den Stand gesetzt werden, die deshalb nöthige Vorkehrungen in Zeiten treffen, und die erforderlichen präparatorischen Verfügungen erlassen zu können.
Die General-Ausschreiben des vormaligen Consistorii zu Darmstadt vom 16ten December 1773 und 20ten Juni 1776, in Gemäsheit deren es den Geistlichen erlaubt war, alljährlich die Summe von fünf Gulden, und unter diesem Betrag zu Reparaturen geistlicher Gebäude ohne Anfrage und ohne höhere Genehmigung verwenden zu dürfen, sodann die Vorschrift des §. 15. der Verordnung vom 30. September 1775 in Ansehung dieses Punkts, werden hiermit ausdrücklich aufgehoben, und bleiben selbst diese geringere Reparaturkosten von fünf Gulden, und unter diesem Betrag, nach Absicht des §. 12. der geistlichen Bauordnung, der Genehmigung und Decretur der Kirchen und Schulraths-Collegien oder Consistorien allein vorbehalten. Es wird daher sämmtlichen Geistlichen hierdurch ausdrücklich und bei Vermeidung des Ersatzes, und weiterer Strafe, untersagt, jährlich zum Behuf der Reparatur geistlicher Gebäude, über einen solchen Betrag, ohne Anfrage und Genehmigung der höhern Staatsbeihörden zu disponiren.
Wenn sich die Kirchen und Schulraths-Collegien oder Consistorien veranlaßt finden, die erforderliche Reparatur Arbeiten an geistlichen Gebäuden, an den Wenigstnehrnenden zu versteigern, so sollen hinkünftig nur solche tüchtige und solvente Meister von jedem Handwerk zur Steigerung zugelassen werden, welche sich durch ein Certificat von der Baubehörde über ihre Geschicklichkeit und Befähigung zu diesen Arbeiten, sodann durch ein Certificat von dem Großherzogl. Beamten über ihre Zahlungsfähigkeit auszuweisen vermögen, und sind hiernächst, nach vollendeten Arbeiten, auch diese, in Hinsicht des Grads der ausbedungenen Tüchtigkeit, vor geschehener Decretur der Kosten, durch einen Sachverständigen gehörig prüfen zu lassen.
Was die Anordnung, obere Leitung und Ausführung eines geistlichen Bauwesens anbetrifft, so sucht solche a) in denjenigen Fällen, in welchen das onus aedificandi vel reparandi den Kirchenkästen, oder andern unter den Kirchen und Schulraths-ColIegien oder Consistorien stehenden milden Fonds, ferner inländischen oder auswärtigen Stiftern und sonstigen Corporationen, einzelnen Zehendherrn, oder Patronen obliegt, den Kirchen- und Schulraths-Collegien oder Consistorien alsdann zu, wenn zu dem vorhabenden Bauwesen die Kräfte der geistlichen Baufonds hinreichend sind, und die andern hier benannte ein- und ausländische Stiftungen, Corporationen, Zehendherrn und Patronen nicht widersprechen.
Im Fall eines Widerspruchs von Seiten derselben aber, gehört, wenn die Verbindlichkeit zur Baulast widersprochen wird, die Entscheidung darüber, vor den competenten Richter, und wenn die Zweckmäßigkeit des Baues oder die Größe des Aufwands einen Widerspruch erleidet, zur Entscheidung der Kirchen- und Schulraths-Collegien, vorbehaltlich des Recurses an Unser Geheimes StaatsMinisterium.
b) Insofern die Bau- und Reparatur-Verbindlichkeit den Gemeinds-Aerarien, oder den Parochianen obliegt, oder wenn Letztere diese Bau- und Reparaturlast in subsidium übernehmen müssen, so haben zwar die einschlägige Kirchen- und Schulraths-Collegien über die Nothwendigkeit und Nützlichkeit des Bauwesens nach den Gränzen ihrer Amtsbefugnisse zu erkennen, allein sie haben, ehe das Bauwesen angefangen wird, den Betrag der Baukosten [330] den Regiernugs-CoIlegien der einschlägigen Provinz mitzutheilen; Letztere haben sofort diesen Gegenstand zu begutachten, und Unser Geheimes Staats-Ministerium hat zu decretiren, ob Und in welchen Terminen die Zahlung aus den Gemeinde-Cassen oder mittelst einer Umlage statt haben kann.
Die Regierungen haben die Gelder erheben, und solche an den Baurechner, auf Requisition der Kirchen- und Schulraths-Collegien, auszahlen zu lassen, woraus die weitere Entscheidung von selbst folgt, daß die Kirchen- und Schulraths-Collegien die Ausführung des geistlichen Bauwesens sodann anzuordnen, und aus denen zu ihrer Verfügung stehenden Geldern, die entstandenen Kosten zu decretiren haben.
c) In Fällen, in welchen der Fiscus cameralis die Bau- oder Reparaturkosten zu leisten hat, behält es bei den Vorschriften der herrschaftlichen Bauordnung vom 13. März 1812. lediglich sein Bewenden.
Die Inventarien über die geistlichen Gebäude sollen nach Vorschrift Unserer geistlichen Bauordnung da, wo es noch nicht geschehen ist, errichtet, und jederzeit aufs genaueste fortgeführt werden. Bei den Kirchenvisitationen ist der Zustand der geistlichen Gebäude in den Visitations-Protokollen kürzlich zu bemerken, deren allenfallsige Gebrechen sind in diese Protokolle mitaufzunehmen, und der Zu- und Abgang ist in den Inventarien zu notiren.
Da jedoch bei Dienstveränderungen damit nicht bis zur Visitation gewartet werden kann, weil alsdann nicht mehr res integra seyn würde, so finden wir Uns, um allenfallsigen nachherigen Ausflüchten von Seiten der Neuangestellten zu begegnen, und solche für Nachlässigkeiten verantwortlich zu machen, zu der weitern Bestimmung veranlaßt, daß derjenige, welcher eine solche Wohnung mit den dazu gehörigen Inventar-Stücken, ehe deren Zustand constatirt worden ist, übernimmt, so angesehen werden soll, als habe er sie in dem im Inventario beschriebenen Zustand empfangen, wohingegen aber in dem Fall, daß er sich der Vorschrift gemäß solche Stücke gehörig zuliefern läßt, sein Amtsvorgänger oder dessen Erben, im Fall einer nicht ordnungsmäßig geschehenen vollständigen Ablieferung, für das Ermangelnde und dessen Ersatz tenent verbleiben sollen.
Das General-Ausschreiben vom 23. August 1792., wornach es den Bewohnern der geistlichen Gebäude unter Strafandrohung untersagt war, die zu diesen Gebäuden gehörigen Stallungen, Scheuern und Böden gegen Zinß an Andere zu verpachten, wird hiermit in der Maase aufgehoben, daß es nunmehr bemeldten Bewohnern jener Gebäude verstattet ist, den ihnen überflüssigen Raum ihrer Wohnungen, und der dazu gehörigen Oeconorniegebäude, jedoch mit ausdrücklicher Ausnahme der Speicher, auf eine solche Weise in Pacht oder Miethe zu geben, daß dadurch diese Objecte ihrer Bestimmung gemäß benutzt, keineswegs aber destruirt werden.
Wir befehlen demnach allen Unsern obern und niedern Staats-Behörden, insbesondere auch den bestehenden Consistorien der Standesherrn, insoweit denselben die Aufsicht, Anordnung und Ausführung des geistlichen Bauwesens vermög Unserer landesherrlichen Edicte zusteht, sich nach dieser Unserer gnädigsten Verordnung in vorkommenden Fällen unterthänigst zu achten.
- Darmstadt den 27. Mai 1820.
Großherzoglich Hessisches Geheimes Staats-Ministerium.