Kleider- und Festordnung für das Fürstentum Halberstadt

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Textdaten
Autor: Friedrich I. von Preußen
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Titel: Kleider- und Festordnung für das Fürstentum Halberstadt
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Entstehungsdatum: 1696
Erscheinungsdatum: 1696
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Quelle: im VD17 unter der Nummer 3:620566P
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[1] WIR FRIDERICH der Dritte von GOttes Gnaden / Marggraff zu Brandenburg / des Heiligen Röm. Reichs Ertz-Cämmerer und Chur-Fürst / in Preussen / zu Magdeburg / Cleve / Jülich / Berge / Stettin / Pommern / der Cassuben und Wenden / auch in Schlesien und zu Crossen Hertzog / Burggraff zu Nürnberg / Fürst zu Halberstadt / Minden und Camin / Graff zu Hohenzollern / der Marck und Ravensberg / Herr zu Ravenstein und der Lande Lauenburg und Bütow / etc. etc. etc. Entbieten Unsern Ständen des Fürstenthums Halberstadt / denen vom Dom-Capitul / von der Clerisey / Ritterschafft und Städten / auch Haupt- und Ampt-Leuten / Bürgermeistern und Rathmannen / Richtern und andern Bedienten daselbst / Unsern gnädigen Gruß / und geben denenselben hiermit zu vernehmen / wie daß Wir mit sonderbarem Mißfallen angemercket / daß der Luxus, die Uppigkeit und Verschwendung in dem Kleider-Pracht / auch bey Außrichtungen und Gastereyen / ungeachtet der kümmerlichen und Nahrlosen Geldklemmenden Zeiten / in Unsern Landen dermaßen hoch gestiegen / daß man nicht allein des höchsten GOttes Zorn und Straffe / nach denen in seinem Heil. Wort enthaltenen gerechten Bedrohungen zu befürchten gehabt / sondern daß auch die meiste Familien dadurch verarmen und ruiniret werden / und an statt etwas beyzulegen / die Eltern ihren Kindern Schulden und Armuth hinterlaßen; Weshalb Wir nach der treu-Väterlichen Sorgfalt / so Wir für die Erhaltung / Wolfahrt und Auffnahme Unserer lieben und getreuen Unterthanen haben / gnädigst gut gefunden / folgende Anordnung / wie es hinführo in Kleidungen / auch bey Ausrichtungen und Gastereyen zu halten / als ein beständiges und unwiderruffliches Gesetze zu machen und zu publiciren:

1. Erstlich / und zwar werden zu erst alle Zeuge und Stoffen / worinn Gold und Silber ist / wie auch

2. Zweytens alles Gold- und Silber-Band / und

3. Drittens alle Broderien und Gesticktes / es sey von Gold / Silber oder Seiden / (jedoch die so genannte Boussires, oder was das Frauenzimmer für der Brust träget / ingleichen die kurtzen Tabliers oder Schürtzchen / welche zu sticken oder sonst zu verbrähmen / permittiret bleibet) nicht allein bey Mannes- sondern auch bey Frauens-Personen gäntzlich verboten und untersaget.

4. Wie Wir dann auch ferner verordnen und wollen / daß Niemand / er sey wer er wolle / Edelgesteine und Juwelen in denen Haaren und auff dem Kopff tragen / auch keine Agraffen in den Kirchen und bey dem Gottesdienst anhaben / noch sonsten über ihren Stand mit Juwelen sich hervor thun sollen.

[2] 5. Ingleichen werden hiermit alle güldene und silberne Canten / Campanen / Gallaunen / große Litzen / und Frangen, dem Manns-Volck auff Kleidern verboten / die von Adel aber / und andere vornehme Bediente / auch welchen es sonst zukommet / mögen Gold und silberne Knöpffe / auch Knopff-Löcher mit Gold und Silber durchnehet haben / und stehet denenselben gleichfalls frey / eine Einfassungs-Gallaune / wie man sie jetzo träget / zu behalten. Das Frauenzimmer mag dergleichen auch nicht auff ihren Ober-Kleidern haben / auff denen Unter-Röcken aber ist erlaubet / eine Bordure von dergleichen als güldenen oder silbernen Canten / Campanen / Gallaunen / Frangen, nach Standes Gebühr / und daß eine jede sich darunter der Modestie zu bescheiden wisse / zu gebrauchen / wie dann der geringern Bedienten / gemeiner Bürger und Handwercker Frauen oder Töchter / sonderlich das Gesinde dergleichen nichts in Gold- oder Silber / so wenig an Kleidern als auff den Mützen tragen / sondern nur seidene oder Wollene Gallaunen haben mögen.

6. Seidene Canten von allerhand Farben werden verboten / die Kleider damit zu verbrähmen / die jenigen Frauens-Personen aber / welchen auff denen Unter-Röcken Gold oder Silber zu tragen permittiret ist / können auch wol seidene Canten auff denen Unter-Röcken haben.

7. Was weisse Canten anbelanget / mögen überall keine Points de Venise, de France, d’Espagne, und d’Angleterre getragen werden / denen von der Regierung / Dom-Capitul und Ritterschaft und deren Frauen / wie auch Vornehmen in Städten aber / seynd nur allein Brabantische Canten / jedoch nicht die Kleider oder Röcke damit zu verbrähmen / und denen geringern Bedienten / wie auch gemeiner Bürgere und Handwercker Frauen und Töchtern / wie imgleichen dem Gesinde nur allein einheimische Canten zu tragen erlaubet.

8. Sammet und Seiden bleibet den jenigen / welchen es zukommet / zu tragen vergönnet / jedoch mögen die geringere Bediente / Handwercker / gemeine Bürgere und derselben Angehörige / wie auch das Gesinde / keine gantz seidene Kleider tragen.

9. Ferner soll ausser Uns und Unserm ChurFürstlichen Hause keiner / er sey wer er wolle / Gold oder Silber auff der Livrée, an Hüten so wenig / als Kleidern gebrauchen / nur allein mögen Unsere vornehmste Bediente / Geheimbte Räthe und Generalen / sich der seidenen Schnüre zur Livrèe bedienen / die übrige Räthe aber / und welche gleichen Rang mit ihnen haben / sollen zu derselben nur Wollene oder Cameel-Haarne Schnüre ertheilen / andern aber unter denenselben keine Schnüre zur Livrée, noch gefärbte Tücher zu gebrauchen verstattet seyn.

10. Wann auch Kutschen gemacht oder angeschaffet werden / soll keiner / als Unsere vornehmste Hoff-Aemter / Geheimte Räthe / Generalen / und welche gleichen Rang mit ihnen haben / Sammet oder Seiden Beschlag gebrauchen / auch sollen die Doraures à dato an / auff denen Kutschen verboten seyn.

11. Auff Hochzeiten und Gastereyen sollen von den Vornehmsten nicht mehr / als Acht Schüsseln / ohne Zugemüß und Salat: Von denen mitler Standes aber / Sechs / und von denen Geringern Vier Schüsseln auffgesetzet / und die Schüsseln nicht Pyramiden-Weise angerichtet werden; Jedoch ist erlaubet / bey großen Außrichtungen dreyerley Gebratenes in eine Schüßel zu legen. Vor allen Dingen aber verbieten Wir / eine Schüssel mit verschiedenen Assietten anzurichten / und wollen / daß mit denen Confituren auff gleiche Art gehalten / und nicht mehr Schüsseln mit Confituren / als mit Speisen / auch nicht Pyramiden-Weise auffgesetzet / und im übrigen bey denen Kind-Tauffen und Begräbnissen in Unsern Städten alle Mahlzeiten / auch unter denen Vornehmsten eingestellet und abgeschaffet werden sollen / wie dann auch in denen Städten bey Hochzeiten die Copulation vor 12. Uhr absolviret seyn / nach solcher Zeit so fort angerichtet / und um 4. Uhr die Taffel auffgehoben / auch Niemanden etwas nach Hauß zu schleppen / verstattet werden soll / dabey aber / wie imgleichen bey den Begräbnissen alles schicken und austheilen der Hals- und Schnuptücher / auch Flöhre und dergleichen hiermit gäntzlich abgeschaffet und verboten wird.

12. Ebenmäßig sollen auff dem Lande und in Städten bey Hochzeiten / Kind-Tauffen / Begräbnissen und Gastereyen von den Adelichen nur Sechs biß Acht / von Predigern / Beampten und Magistrats-Personen in kleinen Städten und auffm Lande / Vier bis Sechs / und von denen gemeinen Bürgern und Bauern nur drey Schüsseln auffgesetzet / jedoch Zugemüse und Sallat nicht mit gerechnet werden.

13. Und weiln bey denen Hochzeiten / Kind-Tauffen und Begräbnissen hin und wieder übermäßige Kosten angewendet werden; So wollen und verordnen Wir hiermit ferner / daß die Hochzeiten überall / so wol in Städten / als auff dem Lande / länger nicht als einen Tag / und zwar auff dem Lande nur zweyen Mahlzeiten / des Tages / an welchem die Trauung geschiehet / eine / und des folgenden Mittags eine / gefeyret / bey Kind-Tauffen und Begräbnissen aber auff dem Lande nicht mehr als eine Mahlzeit gegeben / und hierüber ernstlich und steiff gehalten werden solle / dergestalt / daß wann die Gerichts-Obrigkeiten die Contravenienten nicht bestraffen / sie dafür angesehen werden sollen.

14. Damit aber männiglich sich hiernach gehorsamst zu achten / und für Schaden zu hüten wissen möge / so soll dieses Unser offentliches Edićt und Verordnung in der Kleider-Tracht auff nächst künfftige Ostern den Anfang nehmen / bis dahin aber einen jeden was er hat / zu tragen und zu consumiren verstattet seyn / nichts desto weniger das jenige / was wegen der Gastereyen / Hochzeiten / Kind-Tauffen und Begräbnissen verordnet / gleich à dato Krafft haben und bewerckstelliget werden / maßen dann

15. dieselbe / so dawider handeln / zum ersten mahl nach Stand und Vermögen von Fünff biß Zwantzig Reichsthl. / zum zweyten mahl von Zwantzig biß Fünffzig nebst Verlust des jenigen Stückes / womit der Excess geschehen / und zum dritten mahl als muthwillige Freveler mit harter Arbitrar- auch Leibes-Straffe beleget werden sollen.

16. Sothane Geld-Strafen wollen Wir ad pias causas verwenden laßen / und sollen dieselbe von jeder Obrigkeit / worunter der Delinquent gesessen / exigiret / der jenige / welcher denselben anzeiget / den vierdten Theil der Straffe zu genießen haben / und sein Nahme / wann es sonsten kan erwiesen werden / verschwiegen bleiben.

Welchem nach Wir dann hiermit allen und jeden Unsern Unterthanen / wes Standes und Condition dieselbe auch seynd / gnädigst und zugleich ernstlich anbefehlen / sich hiernach gehorsamst zu achten / und diesem Unserm Edićt und Verordnung / bey Vermeidung Unserer Ungnade und darinnen enthaltenen Straffe in allen Stücken treulich und fleißig nachzuleben; Gestalt dann Unsere Regierung / imgleichen alle Gerichts-Obrigkeiten / Beampte und Magistrate in Städten und Flecken / darüber steiff / fest und mit Nachdruck zu halten / und wider die Contravenienten mit der angedroheten Straffe zu verfahren haben.

So geschehen und gegeben Cleve den 17/27 Augusti 1696.

Friedrich.

L.S.
Eberh. von Danckelmann.