Kloster Hirschau
Kloster Hirschau.
Mit Träumen treibe Keiner Spott!
Manch frommer Traum kam schon von Gott,
Es spricht der Herr nicht stets durch Wort
Und Donner, wie zu Mose dort.
Das auf zu ihm in Demuth sieht,
Wie er bei Joseph einst gethan,
Mit leiser Stimm’ in Träumen an;
So stand in süßem Morgentraum
Einst einer Kirche heil’ges Bild
Vor Helizena’s Blick enthüllt.
Drei Fichten sah sie wunderschön,
Drei Drillings Schwestern, vor sich steh’n,
Wölbt sich ein Regenbogen hin,
Und schwebend auf dem Bogen stand
Verklärt in schimmerndem Gewand,
Ein Engel; seine Stimme drang
Dich, fromme Wittwe! sprach er, dich
Hat Gott erwählt; vernimm durch mich,
Beglückt vor Tausenden, sein Wort,
Und bau’ ihm eine Kirche dort!
Aus Einem Stamm drey Fichten blüh’n,
Dort an der Nagold grünem Strand
Siehst du das ihm geweihte Land;
Und kaum erglüht das Morgenroth,
Und reich geschmückt als Edelfrau
Ritt sie hinaus zur grünen Au;
Doch all ihr köstlichstes Geschmeid
Dünkt ihr jetzt Tand und Eitelkeit,
Und legt es Gott zum Opfer hin.
Des Reichthums Glanz, des Standes Ehr
Reizt nicht die fromme Wittwe mehr,
Als Wittwe will sie Gott allein
Und rasch enteilt mit flinker Hand
Der Knechte Schaar nach Kalk und Sand,
Der Hämmer Schlag, der Aexte Schall
Ertönt durchs Thal nun überall.
Die Kirche hoch sich in die Luft,
Und bald stimmt in den Weihgesang
Der Orgel Ton, der Glocken Klang.
Des Volkes Menge strömt herbei
Thut ihr der frommen Wittwe Mund
Das Wunder der Erscheinung kund.
Auf’s neu ertönt durch Wald und Thal
Der Hämmer Schlag, der Aexte Schall,
Sich Jung und Alt mit ems’ger Hand.
Ein Klösterlein, von treuem Fleiß
Erbaut, umschloß in schönem Kreis
Die Kirche, wie ein heil’ger Schein,
Doch was der Wittwe fromm Gemüth
Nicht ganz vollbracht, hat Erlafrid[1]
Und Wilhelm, er, der Gottesmann
Mit hoher Kraft begabt, gethan;
Die Frau erblickt’ im grünen Raum,
Sie warfen jetzt voll Herrlichkeit
Den Schatten segnend weit und breit.
Die schönste Perl im Schwabenland
In seiner Zellen stillem Schooß
Wuchs manche Geistespflanze groß;
Doch nichts, was Menschenkunst erhöht,
Nichts, was die Erde trägt, besteht,
Seit Säk’len schon das Gotteshaus.
Versunken ist in ew’ge Nacht
Der Säulen Schmuck, des Tempels Pracht,
An Trümmern weilt des Wandrers Blick
Rud. Magenau.
- ↑ Erlafrid, Graf v. Calw, Wilhelm der Abt.