Zum Inhalt springen

Konfliktkommissionsordnung (DDR) 1968

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Gesetzestext
korrigiert
Titel: Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Wahl und Tätigkeit der Konfliktkommissionen – Konfliktkommissionsordnung –
Abkürzung: KKO
Art: Erlass
Geltungsbereich: Deutsche Demokratische Republik
Rechtsmaterie: Prozessrecht
Fundstelle: GBl. I 1968 Nr. 16 S. 287 – 298
Fassung vom: 4. Oktober 1968
Ursprungsfassung: 4. Oktober 1968
Bekanntmachung: 15. Oktober 1968
Inkrafttreten: 15. Oktober 1968
Anmerkungen:
aus: {{{HERKUNFT}}}
Quelle: Scans auf Commons
{{{EDITIONSRICHTLINIEN}}}
Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia
Bild
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[1]

Erlaß
des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik
über die Wahl und Tätigkeit der Konfliktkommissionen
– Konfliktkommissionsordnung –

vom 4. Oktober 1968
 

[2] Gemäß § 23 Abs. 1 des Gesetzes vom 11. Juni 1968 über die gesellschaftlichen Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik – GGG – (GBl. I S. 229) wird auf Vorschlag des Bundesvorstandes des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes folgendes bestimmt:


I. Bildung der Konfliktkommissionen

[Bearbeiten]
(1) Konfliktkommissionen werden in Betrieben mit einer Belegschaftsstärke von über 50 Betriebsangehörigen gebildet. In kleineren Betrieben können Konfliktkommissionen gebildet werden, wenn eine eigene Betriebsgewerkschaftsorganisation besteht.
(2) Der Tätigkeitsbereich einer Konfliktkommission soll in der Regel nicht mehr als 300 Betriebsangehörige umfassen. Dabei sind die Bereiche der betrieblichen Gewerkschaftsleitungen zu beachten.

II. Wahl der Konfliktkommissionen

[Bearbeiten]
(1) Für eine Konfliktkommission werden 8 bis 15 Mitglieder gewählt. In Betrieben mit weniger als 100 Betriebsangehörigen kann ihre Zahl ausnahmsweise auf 6 verringert werden.
(2) Die Mitglieder der Konfliktkommissionen werden von den Betriebsangehörigen nach den Grundsätzen der Gewerkschaftswahlen in geheimer Wahl auf die Dauer von 2 Jahren gewählt.
(1) Für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl ist die BGL verantwortlich.
(2) Die Kandidaten für die Konfliktkommission werden nach Diskussion in den Gewerkschaftsgruppen von der BGL in einer Belegschaftsversammlung vorgeschlagen.
(3) Die Zusammensetzung der Konfliktkommission soll der Zusammensetzung der Belegschaft und den betrieblichen Bedingungen entsprechen.
(1) Die Mitglieder der Konfliktkommission werden nach ihrer Wahl durch die BGL in feierlicher Form verpflichtet, gerecht und unvoreingenommen zu entscheiden, ihre ganze Kraft für die Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die sozialistische Erziehung der Bürger einzusetzen. Über ihre Wahl erhalten sie eine Urkunde.
(2) Die Mitglieder der Konfliktkommission wählen ihren Vorsitzenden und einen oder mehrere Stellvertreter.
Sind Mitglieder der Konfliktkommission wegen Betriebswechsels, Schulbesuchs, Krankheit oder aus anderen Gründen zur Ausübung ihrer Tätigkeit nicht mehr in der Lage, können sie von ihren Aufgaben durch die Belegschaftsversammlung ihres Tätigkeitsbereiches entpflichtet werden.
(1) Eine Nachwahl von Mitgliedern ist durchzuführen, wenn die ordnungsgemäße Tätigkeit der Konfliktkommission nicht mehr gewährleistet ist.
(2) Vorbereitung und Durchführung der Nachwahl richten sich nach §§ 2 bis 4 dieses Erlasses sowie nach § 6 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 des GGG.

III. Arbeitsweise der Konfliktkommission

[Bearbeiten]

Vorbereitung der Beratung

[Bearbeiten]
(1) Die Beratung der Konfliktkommission ist so vorzubereiten, daß der dem Konflikt zugrunde liegende Sachverhalt allseitig erörtert und geklärt werden kann. Der Vorsitzende legt in Absprache mit den Mitgliedern die hierzu notwendigen Maßnahmen fest.
(2) Mitglieder der Konfliktkommission führen die zur Vorbereitung der Beratung notwendigen Aussprachen, ziehen erforderliche Unterlagen hinzu und machen sich mit den in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen vertraut.
(3) Die Beratung der Konfliktkommission ist innerhalb von 3 Wochen nach Eingang des Antrages oder der Übergabeentscheidung durchzuführen. Wird diese Frist ausnahmsweise überschritten, sind die Gründe in den Unterlagen der Konfliktkommission über die betreffende Rechtsstreitigkeit oder Rechtsverletzung zu vermerken.
(1) Der Vorsitzende der Konfliktkommission sorgt dafür, daß mindestens 5 Tage vor Durchführung der Beratung deren Gegenstand, Zeit und Ort öffentlich bekanntgegeben werden.
(2) Der Antragsteller, der Antragsgegner, der beschuldigte Bürger sowie weitere Bürger, deren Teilnahme zur Lösung des Konflikts erforderlich ist, sind mindestens 5 Tage vor der Beratung einzuladen. Sie sind verpflichtet, zur Beratung zu erscheinen.
(3) Dem Antragsgegner oder dem beschuldigten Bürger ist mit der Einladung Kenntnis vom Inhalt des Antrages oder der Übergabeentscheidung zu geben.
(4) Ist der Antragsteller, Antragsgegner oder der beschuldigte Bürger ein Jugendlicher, sind auch die Erziehungsberechtigten einzuladen. Falls erforderlich, sollen Vertreter der Organe der Jugendhilfe, der Schule und der Jugendorganisation hinzugezogen werden.
(1) Um die erzieherische Wirkung der Beratung zu erhöhen, kann die Konfliktkommission Vertreter des Betriebes, staatlicher Organe, der Leitungen gesellschaftlicher Organisationen und andere gesellschaftliche Kräfte einladen.
(2) Die Konfliktkommission wirkt in Zusammenarbeit mit der betrieblichen Gewerkschaftsleitung und dem Vertrauensmann darauf hin, daß insbesondere das Arbeitskollektiv an der Beratung teilnimmt.

[3] === § 10 ===

(1) Bei einfachen Haus- und Nachbarschaftsstreitigkeiten und bei Beleidigung, Verleumdung und Hausfriedensbruch können die Mitglieder der Konfliktkommission bereits in Vorbereitung der Beratung auf eine Aussöhnung zwischen Antragsteller und Antragsgegner hinwirken, wenn dies zugleich zur Lösung des Konflikts führt.
(2) Die Aussöhnung in Vorbereitung einer Beratung und hierbei übernommene Verpflichtungen sind zu protokollieren.

Durchführung der Beratung

[Bearbeiten]

§ 11

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission berät und entscheidet in der Besetzung mit mindestens vier Mitgliedern.
(2) Die Beratung leitet der Vorsitzende oder ein Stellvertreter. Sind beide verhindert oder ist es aus sachlichen Gründen zweckmäßig, kann ein anderes Mitglied mit der Leitung beauftragt werden. Der Protokollführer muß nicht Mitglied der Konfliktkommission sein.

§ 12

[Bearbeiten]
(1) Als Mitglied der Konfliktkommission darf an der Beratung und Entscheidung einer Sache nicht mitwirken,
- wer als Antragsteller oder Antragsgegner am Rechtsstreit beteiligt oder durch die Rechtsverletzung geschädigt ist
- der Ehegatte und die nahen Angehörigen des Antragstellers, Antragsgegners, des beschuldigten Bürgers oder des Geschädigten.
(2) Über einen Einwand, den der Antragsteller, Antragsgegner, der Geschädigte oder der beschuldigte Bürger gegen die Mitwirkung eines Mitglieds erhebt, entscheidet die Konfliktkommission endgültig. Der Einwand ist bis zum Beginn der Beratung zulässig. Ist er begründet, kann dieses Mitglied an der Beratung und Entscheidung in dieser Sache nicht mitwirken.

§ 13

[Bearbeiten]
(1) Die Beratung der Konfliktkommission findet öffentlich und in der Regel außerhalb der Arbeitszeit statt. Die Beratung ist in Anwesenheit des Antragstellers und Antragsgegners oder des beschuldigten Bürgers durchzuführen.
(2) Die Konfliktkommission kann Bürger, die nicht Angehörige des Betriebes sind, zur Beratung einladen, wenn dies zur Lösung des Konflikts erforderlich ist.

§ 14

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission ist verpflichtet, allseitig und unvoreingenommen den Sachverhalt, die Ursachen und Bedingungen der Rechtsstreitigkeit oder der Rechtsverletzung festzustellen und sich Klarheit über die Persönlichkeit des Bürgers und sein Verhalten zu verschaffen.
(2) Die Mitglieder der Konfliktkommission, der Antragsteller, der Antragsgegner und der beschuldigte Bürger sowie alle anderen Teilnehmer an der Beratung haben das Recht, ihre Auffassung zum Sachverhalt, zu den Ursachen und Bedingungen der Rechtsstreitigkeit oder der Rechtsverletzung, zum Verhalten des Bürgers und über die Wege zur Überwindung des Konflikts darzulegen.
(3) Die betriebliche Gewerkschaftsleitung, der Vertrauensmann der Gewerkschaftsgruppe und Vertreter anderer Kollektive haben das Recht, die Meinung ihres Kollektivs der Konfliktkommission zu unterbreiten.

§ 15

[Bearbeiten]
In die Beratung wegen eines Vergehens oder einer Verfehlung können damit im Zusammenhang stehende einfache zivilrechtliche und andere Rechtsstreitigkeiten auf Antrag einbezogen werden, wenn eine Klärung ohne weitere Vorbereitung möglich ist.

§ 16

[Bearbeiten]
Erscheint der Antragsteller, der Antragsgegner oder der beschuldigte Bürger nicht zur Beratung, ist ein zweiter Beratungstermin festzulegen. Die Konfliktkommission soll mit Hilfe der betrieblichen Gewerkschaftsleitung, des Vertrauensmannes und des Arbeitskollektivs darauf hinwirken, daß der Antragsteller, der Antragsgegner oder der beschuldigte Bürger an der zweiten Beratung teilnehmen. Bei der Einladung ist auf die Folgen erneuten Ausbleibens hinzuweisen.

Abschluß der Beratung

[Bearbeiten]

§ 17

[Bearbeiten]
(1) Im Ergebnis ihrer Beratung entscheidet die Konfliktkommission durch Beschluß über den Anspruch, die Bestätigung einer Einigung des Antragstellers mit dem Antragsgegner oder die Rechtsverletzung.
(2) Ergibt die Beratung, daß der Anspruch unbegründet ist oder keine Rechtsverletzung vorliegt, wird dies im Beschluß festgestellt.

§ 18

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission berät über den zu fassenden Beschluß öffentlich. Durch allseitige Erörterung und Klärung des Sachverhalts sollen die Voraussetzungen für einen einstimmigen Beschluß geschaffen werden.
(2) Kann ausnahmsweise keine übereinstimmende Auffassung erzielt werden, so ist der Beschluß gefaßt, wenn er die Zustimmung der Mehrheit der an der Beratung teilnehmenden Mitglieder der Konfliktkommission findet.
(3) Der Beschluß ist in der Beratung bekanntzugeben.

§ 19

[Bearbeiten]
(1) Der Beschluß enthält
- Tag und Ort der Beratung
- die Namen der Mitglieder der Konfliktkommission, die den Beschluß gefaßt haben
- Namen, Alter und Anschrift des Antragstellers und Antragsgegners oder des beschuldigten Bürgers
- gestellte Anträge

[4]

- eine kurze Darlegung des festgestellten Sachverhalts mit den Tatsachen und Gründen, auf die sich die Entscheidung der Konfliktkommission stützt
- die im Ergebnis der Beratung getroffene Entscheidung
- Empfehlungen an Leiter der Betriebe, der staatlichen Organe und Einrichtungen und an Leitungen der gesellschaftlichen Organisationen
- den Hinweis auf die Möglichkeit des Einspruchs gegen den Beschluß der Konfliktkommission und auf die Vollstreckungsmöglichkeiten.
(2) Der Beschluß ist vom Leiter der Beratung zu unterzeichnen und innerhalb einer Woche dem Antragsteller und Antragsgegner oder dem beschuldigten Bürger gegen Empfangsbestätigung zu übermitteln. In gleicher Weise ist bei der Übermittlung von Empfehlungen zu verfahren.
(3) Eine Durchschrift des Beschlusses ist innerhalb einer Woche dem Staatsanwalt des Kreises und im Fall einer Übergabe auch dem übergebenden Organ zu übersenden. Ist im Beschluß eine Geldbuße festgelegt, ist auch dem örtlichen Rat (§ 60 Abs. 2) eine Durchschrift zu übersenden.
(4) Der Beschluß der Konfliktkommission wird nicht in die Personalakte aufgenommen.

§ 20

[Bearbeiten]
(1) Für die Tätigkeit der Konfliktkommission werden keine Gebühren erhoben.
(2) Im Ergebnis der Beratung wegen Vergehen, Verfehlungen, Ordnungswidrigkeiten und Schulpflichtverletzungen kann die Konfliktkommission den Bürger, dessen Schuld festgestellt wurde, zur vollen oder teilweisen Erstattung notwendiger Auslagen des Antragstellers, eines anderen Geschädigten oder der zur Klärung der Sache eingeladenen Bürger verpflichten, wenn er sich nicht freiwillig zur Zahlung bereit erklärt.
(3) In zivilrechtlichen und anderen Rechtsstreitigkeiten kann die Erstattung von Auslagen zwischen dem Antragsteller und Antragsgegner vereinbart werden. Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten und in den Fällen des § 56 Abs. 3 kann die Konfliktkommission darüber entscheiden. Einigen sich Antragsteller und Antragsgegner einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit, können sie auch die Erstattung von Auslagen vereinbaren.

Maßnahmen zur Verstärkung der Wirksamkeit

[Bearbeiten]

§ 21

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission nimmt, soweit es erforderlich ist, Einfluß darauf, daß der in der Beratung begonnene Erziehungsprozeß mit Hilfe der gesellschaftlichen Kräfte, vor allem mit Hilfe des Arbeitskollektivs, fortgeführt wird.
(2) Die Konfliktkommission kann in der Beratung beschließen, daß ihre Entscheidung für einen bestimmten Zeitraum, höchstens für die Dauer von 2 Wochen, im Betrieb veröffentlicht wird, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder ihre Veröffentlichung die erzieherische Wirkung fördert.
(3) Die Konfliktkommission kontrolliert die Verwirklichung ihrer Beschlüsse. Stellt sie fest, daß ein Bürger Erziehungsmaßnahmen aus einem Beschluß nicht erfüllt, kann der Vorsitzende eine erneute Beratung einberufen (§ 60 Abs. 3).
(4) Wird das Arbeitsrechtsverhältnis eines Bürgers innerhalb von 6 Monaten nach der Beratung gelöst, kann die Konfliktkommission beschließen, der Betriebsgewerkschaftsleitung des neu einstellenden Betriebes eine Ausfertigung ihres Beschlusses zu übersenden, um auch im neuen Betrieb die Durchsetzung der beschlossenen Erziehungsmaßnahmen zu sichern.

§ 22

[Bearbeiten]
(1) Empfehlungen der Konfliktkommission an die Leiter der Betriebe, der staatlichen Organe und Einrichtungen und die Leitungen der gesellschaftlichen Organisationen haben das Ziel, zur Festigung von Ordnung, Disziplin und Sicherheit beizutragen. In den Empfehlungen sollen insbesondere Vorschläge unterbreitet werden, wie festgestellte Ursachen und Bedingungen von Rechtsstreitigkeiten und Rechtsverletzungen beseitigt sowie Mängel und Ungesetzlichkeiten überwunden werden können.
(2) Die Leiter oder die Organe, an die eine Empfehlung gerichtet wurde, haben der Konfliktkommission innerhalb von 2 Wochen schriftlich mitzuteilen, was auf Grund der Empfehlung veranlaßt wird oder aus welchen Gründen derselben nicht gefolgt werden kann.
(3) Wird dieser Verpflichtung nicht nachgekommen oder wird einer Empfehlung unbegründet nicht entsprochen, hat die Konfliktkommission das Recht, den übergeordneten Leiter oder das übergeordnete Organ darüber zu unterrichten und zu fordern, daß die nach Abs. 2 Verpflichteten zur Empfehlung Stellung nehmen. Bleiben durch das Nichtbeachten einer Empfehlung Ungesetzlichkeiten bestehen, verständigt sie den Staatsanwalt des Kreises.

§ 23

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission kontrolliert in regelmäßigen Abständen die Verwirklichung der von ihr gegebenen Empfehlungen. Der Betriebsleiter, die leitenden Mitarbeiter des Betriebes und die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen sind verpflichtet, bei der Verwirklichung der Empfehlungen mitzuwirken und die Konfliktkommission bei der Kontrolle der Durchsetzung zu unterstützen.
(2) Über die Verwirklichung der Empfehlungen haben die Betriebsleiter, leitenden Mitarbeiter und betrieblichen Gewerkschaftsleitungen in Belegschafts- und Gewerkschaftsversammlungen zu berichten.

IV. Tätigkeitsgebiete der Konfliktkommission

[Bearbeiten]

Beratung über Arbeitsrechtssachen

[Bearbeiten]

§ 24

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission berät und entscheidet über Streitfälle zwischen Werktätigen und dem Betrieb über das Bestehen und die Verwirklichung von Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsrechtsverhältnis. Sie ist zuständig für Streitfälle über arbeitsrechtliche

[5] Ansprüche nach dem Gesetzbuch der Arbeit und anderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen einschließlich der Rahmenkollektiv- und Tarifverträge, der Betriebskollektivverträge und der Arbeitsordnungen. Die Beratung und Entscheidung durch die Konfliktkommission ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Kreisgerichts, sofern nicht auf Grund gesetzlicher Bestimmungen unmittelbar das Kreisgericht angerufen werden kann.

(2) Die Konfliktkommission entscheidet insbesondere über
- Streitfälle aus der Begründung, Änderung und Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses und der betrieblichen Abschlußbeurteilung
- Streitfälle über die leistungsgerechte Entlohnung des Werktätigen auf der Grundlage der geltenden Eingruppierungsunterlagen, aus der Rechtswirksamkeit der angewandten Lohnformen, aus der Differenzierung des Lohnes nach der Quantität und Qualität des Arbeitsergebnisses sowie aus Zuschlags-, Ausgleichs- oder Entschädigungszahlungen
- Streitfälle wegen Lohnrückforderung des Betriebes
- Streitfälle über den Rechtsanspruch des Werktätigen auf Jahresendprämie und andere, insbesondere durch rahmenkollektivvertragliche oder betriebliche Festlegungen oder Vereinbarungen begründete, Prämienansprüche
- Einsprüche des Werktätigen gegen Disziplinarmaßnahmen auf der Grundlage der betrieblichen Arbeitsordnung oder anderer Disziplinarvorschriften, soweit nach diesen Disziplinarvorschriften die Zuständigkeit der Konfliktkommission gegeben ist
- Schadenersatzansprüche aus Pflichtverletzungen des Betriebes oder des Werktätigen
- Streitfälle aus der Anwendung der Arbeitszeitregelung, der Gewährung von Erholungsurlaub und Freistellung aus gesellschaftlichen und persönlichen Gründen
- Streitfälle über das Bestehen von Rechten und Pflichten auf dem Gebiet der Berufsausbildung und Qualifizierung
- Streitfälle auf dem Gebiet der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen, des Gesundheits- und Arbeitsschutzes, der sozialen Betreuung, der besonderen Förderung der Frauen und Jugendlichen, soweit sie arbeitsrechtliche Rechte und Pflichten betreffen
- Anträge auf Durchführung eines erzieherischen Verfahrens wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin.
(3) Die Konfliktkommission entscheidet auch bei Streitfällen zwischen der Kasse der gegenseitige Hilfe und ihren Mitgliedern über Darlehensrückzahlungen sowie bei Streitigkeiten, die sich aus einem mit dem Arbeitsrechtsverhältnis verbundenen Mietverhältnis (Werkswohnung) ergeben.

§ 25

[Bearbeiten]
(1) Antragsberechtigt sind
- alle Betriebsangehörigen in eigener Angelegenheit oder ein Betriebsangehöriger, der gleichzeitig als Beauftragter eines Kollektivs auftritt, wenn seine Forderung mit der des von ihm vertretenen Kollektivs identisch ist
- der Betriebsleiter oder ein von ihm Beauftragter
- der Leiter des übergeordneten Organs bei Anträgen gegen den Betriebsleiter
- das Komitee und die Inspektionen des Komitees der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion bei Anträgen auf Durchführung eines erzieherischen Verfahrens wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin und materieller Verantwortlichkeit
- der Staatsanwalt des Kreises
- ehemalige Betriebsangehörige, der Betriebsleiter oder ein von ihm Beauftragter, soweit es sich um Ansprüche aus einem früheren Arbeitsrechtsverhältnis mit dem Betrieb handelt
- die Betriebsgewerkschaftsleitung bei Ansprüchen der Kasse der gegenseitigen Hilfe auf Darlehensrückzahlungen.
(2) Anträge, mit denen arbeitsrechtliche Ansprüche des Betriebes geltend gemacht werden, haben vor allem zu enthalten
- die genaue Bezeichnung des Anspruches und Angabe der Rechtsgrundlage
- die genaue Schilderung des Sachverhalts
- festgestellte Ursachen und Bedingungen des Konflikts und Hinweise zu deren Überwindung
- die vorliegenden Beweismittel.
Entspricht der Antrag nicht diesen Anforderungen, kann die Konfliktkommission die Beseitigung der Mängel verlangen.

§ 26

[Bearbeiten]
Stellt die Konfliktkommission fest, daß sie für den Streitfall nicht zuständig ist, faßt sie darüber einen Beschluß und verweist den Antragsteller an das zuständige Organ. Auch in diesem Fall kann die Konfliktkommission Empfehlungen zur Beseitigung von Ursachen und Bedingungen des Konflikts geben.

§ 27

[Bearbeiten]
(1) An der Beratung nehmen der Antragsteller, der Antragsgegner, Vertreter der Arbeitskollektive und der Gewerkschaft sowie andere Werktätige teil, die zur Klärung der Arbeitsrechtssache beitragen können. In Ausnahmefällen, wie bei längerer Krankheit oder bei längerer Abwesenheit, können sich der Antragsteller oder der Antragsgegner durch einen Bürger vertreten lassen.
(2) Die Beratung ist so zu führen, daß die Sach- und Rechtslage allseitig mit dem Antragsteller und Antragsgegner erörtert wird, den Werktätigen ihre Rechte und Pflichten erläutert und die Betriebsangehörigen zu einem verantwortungsbewußten Verhalten erzogen werden. Der Verlauf der Beratung ist zu protokollieren.
(3) Einigen sich die Parteien im Verlaufe der Beratung, bestätigt die Konfliktkommission die Einigung durch Beschluß, wenn diese den Grundsätzen des sozialistischen Rechts entspricht. Wird einer Einigung die Bestätigung versagt, hat die Konfliktkommission über den Anspruch zu entscheiden.
(4) Ist eine Frist zur Antragstellung ohne Verschulden vom Antragsteller versäumt worden, kann er auf Antrag von den Folgen der Fristversäumnis befreit werden.

[6] === § 28 ===

(1) Der Antrag des Betriebsleiters auf Durchführung eines erzieherischen Verfahrens wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin (§ 109 Abs. 3 GBA) hat vor allem zu enthalten
- die Darstellung der Disziplinverletzung
- die festgestellten Ursachen und Bedingungen
- die Einschätzung der Persönlichkeit des Werktätigen.
(2) Die Konfliktkommission kann den Antrag zurückweisen, wenn die Sache nicht zur Beratung vor der Konfliktkommission geeignet ist.

§ 29

[Bearbeiten]
(1) Führt die Konfliktkommission ein erzieherisches Verfahren wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin (§ 28) durch, kann sie nach Durchführung der Beratung von Erziehungsmaßnahmen absehen, wenn der erzieherische Zweck erreicht ist. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
(2) Sind Erziehungsmaßnahmen erforderlich, können folgende festgelegt werden:
- Die Verpflichtung des Werktätigen, sich vor dem Kollektiv zu entschuldigen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
- Andere Verpflichtungen des Werktätigen, die der Durchsetzung des Erziehungszieles dienen, werden bestätigt, oder ihm werden solche Pflichten auferlegt.
- Dem Werktätigen wird eine Rüge ausgesprochen.
(3) Die Konfliktkommission kann Verpflichtungen des Arbeitskollektivs zur Erziehung des Werktätigen bestätigen.

§ 30

[Bearbeiten]
(1) Bleibt in Arbeitsrechtssachen der Antragsteller unbegründet auch der zweiten Beratung fern, gilt der Antrag als zurückgenommen. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
(2) Erscheint der Antragsgegner auch zur zweiten Beratung unbegründet nicht, kann die Konfliktkommission in seiner Abwesenheit entscheiden, wenn der Sachverhalt geklärt ist und der Antragsteller eine Entscheidung beantragt. Bleibt der Antragsgegner eines erzieherischen Verfahrens wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin unbegründet der zweiten Beratung fern, hat die Konfliktkommission den Antrag innerhalb einer Woche zurückzugeben.
(3) Kann die Konfliktkommission nicht entscheiden, können die Ansprüche unmittelbar beim zuständigen Kreisgericht geltend gemacht werden.

Beratung wegen Vergehen

[Bearbeiten]

§ 31

[Bearbeiten]
(1) Vergehen sind vorsätzlich oder fahrlässig begangene gesellschaftswidrige Straftaten, welche die Rechte und Interessen der Bürger, das sozialistische Eigentum, die gesellschaftliche und staatliche Ordnung oder andere Rechte und Interessen der Gesellschaft schädigen.
(2) Über Vergehen berät und entscheidet die Konfliktkommission, wenn im Hinblick auf die eingetretenen Folgen und die Schuld des Bürgers die Handlung nicht erheblich gesellschaftswidrig ist und wenn unter Berücksichtigung der Tat und der Persönlichkeit des Bürgers eine wirksame erzieherische Einwirkung durch die Konfliktkommission zu erwarten ist. Diese Strafsachen werden durch die staatlichen Organe der Rechtspflege übergeben, wenn der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und der Bürger seine Rechtsverletzung zugibt. Bei fahrlässigen Straftaten kann die Sache der Konfliktkommission auch dann übergeben werden, wenn ein erheblicher Schaden eingetreten ist, jedoch die Schuld des Bürgers infolge außergewöhnlicher Umstände gering ist.
(3) Unter diesen Voraussetzungen berät und entscheidet die Konfliktkommission über alle Vergehen, insbesondere über
- Vergehen gegen das sozialistische und persönliche Eigentum
- Körperverletzungen
- Verletzungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

§ 32

[Bearbeiten]
(1) Die Übergabe an die Konfliktkommission erfolgt durch die Untersuchungsorgane, den Staatsanwalt oder durch das Gericht in Form einer schriftlich begründeten Entscheidung.
(2) Zur Sicherung der gründlichen Beratung der Sache haben die Übergabeentscheidungen vor allem zu enthalten
- eine umfassende Darstellung des Sachverhalts und der vorliegenden Beweismittel
- eine Einschätzung der Handlung unter Angabe des verletzten Strafgesetzes
- eine tatbezogene Einschätzung der Persönlichkeit des Bürgers
- die Gründe für die Übergabe an die Konfliktkommission
- Hinweise auf die Ursachen und Bedingungen der Handlung.
Ist ein Schaden entstanden, sind der Schadenersatzantrag und die Anschrift des Geschädigten beizufügen.
(3) Jedes Organ, das eine Sache übergibt, ist dafür verantwortlich, daß die Konfliktkommission bei der Behandlung derselben unterstützt wird.

§ 33

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission kann gegen die Übergabe bis zum Abschluß ihrer Beratung beim übergebenden Organ Einspruch einlegen, wenn nach ihrer Meinung die Übergabevoraussetzungen (§ 31 Abs. 2) nicht vorliegen oder die Sache aus anderen Gründen nicht zur Beratung vor der Konfliktkommission geeignet ist.
(2) In diesen Fällen hat das übergebende Organ seine Entscheidung zu überprüfen. Die durch erneute Entscheidung bestätigte Übergabe ist für die Konfliktkommission verbindlich.

§ 34

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission kann nach Durchführung der Beratung von Erziehungsmaßnahmen absehen, wenn das Verhalten des beschuldigten Bürgers gezeigt hat, daß er seinen Fehler eingesehen und begonnen hat, ihn zu überwinden. Dies ist im Beschluß festzuhalten.

[7]

(2) Die Konfliktkommission kann im Ergebnis der Beratung folgende Erziehungsmaßnahmen festlegen:
- Die Verpflichtung des Bürgers, sich beim Geschädigten oder vor dem Kollektiv zu entschuldigen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
- Die Verpflichtung des Bürgers zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens oder andere sachbezogene Verpflichtungen werden bestätigt.
- Der Bürger wird verpflichtet, den angerichteten Schaden durch eigene Arbeit wiedergutzumachen oder, falls dies nicht möglich ist, Schadenersatz in Geld nach den gesetzlichen Bestimmungen zu leisten.
- Dem Bürger wird eine Rüge ausgesprochen.
- Die Verpflichtung des Bürgers, eine Geldbuße von 5 M bis zu 50 M oder bei Eigentumsvergehen bis zum dreifachen Wert des verursachten Schadens, höchstens jedoch 150 M zu zahlen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
(3) Die Konfliktkommission kann Verpflichtungen eines Arbeitskollektivs, einer Hausgemeinschaft, eines anderen Kollektivs oder einzelner Personen zur Erziehung des Bürgers bestätigen. Diese Verpflichtungen sollen kontrollierbare Festlegungen enthalten, die den Erziehungsprozeß und die sozialistische Bewußtseinsbildung fördern und zur Überwindung von Ursachen und Bedingungen der Rechtsverletzung beitragen.
(4) Die Verpflichtung des Bürgers zur Wiedergutmachung des Schadens erfolgt im Einvernehmen mit dem Geschädigten.

§ 35

[Bearbeiten]
(1) Ist die Festlegung von Erziehungsmaßnahmen erforderlich, um den Bürger zur freiwilligen Einhaltung des sozialistischen Rechts und der Grundsätze der sozialistischen Moral anzuhalten, legt die Konfliktkommission die Maßnahme fest, die unter Berücksichtigung der Art und Schwere des Vergehens, der Umstände seiner Begehung und der Persönlichkeit des Bürgers den erzieherischen Zweck am wirksamsten erfüllt. Im Interesse einer wirksamen Erziehung können auch mehrere Erziehungsmaßnahmen nebeneinander festgelegt werden. Eine Häufung von Maßnahmen ist zu vermeiden.
(2) Eine Geldbuße soll nur festgelegt werden, wenn die Art und Schwere des Vergehens unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Bürgers eine nachhaltige erzieherische Einwirkung erfordern. Die Geldbuße wird insbesondere anzuwenden sein, wenn das Vergehen auf einer Mißachtung der von den Werktätigen geschaffenen Werte oder ihres persönlichen Eigentums, auf Bereicherungssucht oder Mißachtung vermögensrechtlicher Verpflichtungen beruht.
(3) Bei der Anwendung der Geldbuße und Bemessung ihrer Höhe sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des beschuldigten Bürgers und durch die Tat begründete Schadenersatzverpflichtungen zu berücksichtigen. Wird eine Geldbuße oder Schadenersatz in Geld festgelegt, sind im Beschluß Zahlungsfristen vorzusehen; die Festlegungen bei Schadenersatz erfolgen im Einvernehmen mit dem Geschädigten.

§ 36

[Bearbeiten]
(1) Bleibt der beschuldigte Bürger unbegründet auch der zweiten Beratung fern, hat die Konfliktkommission die Sache innerhalb einer Woche an das übergebende Organ zurückzugeben.
(2) Die Rückgabe einer Strafsache an das übergebende Organ unterbleibt, wenn es sich um ein Vergehen handelt, dessen Strafverfolgung nur auf Antrag möglich ist (§ 2 StGB), und dieser Antrag zurückgenommen wurde. Die Rücknahme dieses Antrages ist bis zum Schluß der Beratung vor der Konfliktkommission möglich. In einem solchen Fall wird die weitere Behandlung der Sache durch Beschluß eingestellt.

Beratung wegen Verfehlungen

[Bearbeiten]

§ 37

[Bearbeiten]
(1) Verfehlungen sind Verletzungen rechtlich geschützter Interessen der Gesellschaft oder der Bürger, bei denen die Auswirkungen der Tat und die Schuld des Bürgers unbedeutend sind und die im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen als solche bezeichnet werden
- Eigentumsverfehlungen
- Beleidigung und Verleumdung
- Hausfriedensbruch in Räumen und Grundstücken eines Bürgers.
(2) Eine Eigentumsverfehlung liegt vor, wenn die Tat unter Berücksichtigung aller Umstände, wie des Schadens, der Schuld des Bürgers und seiner Persönlichkeit, geringfügig ist und der verursachte oder beabsichtigte Schaden den Betrag von 50 M nicht wesentlich übersteigt. In der Regel darf es sich dabei nur um eine erstmalige Tat handeln.

§ 38

[Bearbeiten]
(1) Über eine Verfehlung berät und entscheidet die Konfliktkommission, wenn von einem geschädigten Bürger, einem Arbeitskollektiv, einer Hausgemeinschaft oder einem anderen Geschädigten Antrag gestellt wird oder wenn die Sache von der Deutschen Volkspolizei oder von einem disziplinarbefugten Leiter übergeben wird.
(2) Über eine Verfehlung kann die Konfliktkommission nur beraten und entscheiden, wenn die Tat bei Antragstellung nicht verjährt ist. Verfehlungen verjähren in sechs Monaten.
(3) Bei Beleidigung, Verleumdung und Hausfriedensbruch muß der Antrag innerhalb eines Monats, nachdem der Geschädigte von der Verfehlung erfahren hat, gestellt werden. Ist diese Frist zur Antragstellung ohne Verschulden versäumt worden, kann die Konfliktkommission auf Antrag Befreiung von den Folgen dieser Fristversäumnis gewähren.

§ 39

[Bearbeiten]
(1) Anträge auf Beratung über eine Verfehlung werden bei der Konfliktkommission schriftlich gestellt. Sie sollen insbesondere enthalten:
- eine Darstellung des Sachverhalts und der vorliegenden Beweismittel
- geltend gemachte Schadenersatzanträge oder sonstige zivilrechtliche Forderungen.
(2) Für den Inhalt der Übergabeentscheidung gilt § 32 Abs. 2 entsprechend.

[8]

(3) Die Konfliktkommission kann den Antrag eines Bürgers auf Beratung über eine Verfehlung durch Beschluß zurückweisen, wenn sich bereits aus dem Antrag ergibt, daß keine Verfehlung vorliegt.

§ 40

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission klärt bei der Behandlung eines Antrages wegen einer Verfehlung durch Aussprachen mit dem Antragsteller, dem beschuldigten Bürger und mit anderen Bürgern den Sachverhalt und ermittelt Ursachen und Bedingungen des Konflikts.
(2) Die Konfliktkommission kann die Sache durch Beschluß der Deutschen Volkspolizei zur weiteren Bearbeitung übermitteln, wenn sie diese mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nicht selbst aufklären kann oder wenn sie nach Prüfung der Auswirkungen der Tat und der Schuld des Bürgers zu der Auffassung gelangt, daß ein Vergehen vorliegt. Diese Entscheidung kann noch während der Beratung getroffen werden.
(3) Die Deutsche Volkspolizei kann nach Untersuchung die Sache der Konfliktkommission zurückgeben. Diese Entscheidung ist für die Konfliktkommission verbindlich.

§ 41

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission kann bis zum Abschluß der Beratung gegen die Übergabe bei der Deutschen Volkspolizei oder bei dem disziplinarbefugten Leiter Einspruch einlegen, wenn die Übergabevoraussetzungen (§ 37) nicht vorliegen oder wenn sie zu der Auffassung gelangt, daß ein Vergehen vorliegt.
(2) In diesen Fällen hat die Deutsche Volkspolizei oder der disziplinarbefugte Leiter die Entscheidung zu überprüfen. Die durch erneute Entscheidung bestätigte Übergabe ist für die Konfliktkommission verbindlich.

§ 42

[Bearbeiten]
(1) Die Beratung wegen einer Verfehlung erfolgt in Anwesenheit des Antragstellers und des beschuldigten Bürgers.
(2) Ist die Teilnahme des Antragstellers an der Beratung aus wichtigen Gründen, wie längere Krankheit oder längere Abwesenheit, nicht möglich, kann er sich durch einen Bürger vertreten lassen. Bei Eigentumsverfehlungen kann die Konfliktkommission in Abwesenheit des Antragstellers entscheiden, wenn der vorliegende schriftliche Antrag wegen der Verfehlung hinreichend begründet ist.
(3) Bleibt der beschuldigte Bürger unbegründet auch der zweiten Beratung fern, entscheidet die Konfliktkommission ausnahmsweise in seiner Abwesenheit, wenn der Sachverhalt aufgeklärt und eine Entscheidung nach § 17 Abs. 1 oder Abs. 2 möglich ist. Anderenfalls ist die Sache der Deutschen Volkspolizei zur weiteren Bearbeitung zu übergeben.

§ 43

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission kann außer den nach § 34 möglichen Entscheidungen auch die Verpflichtung des Bürgers, die Beleidigung oder Verleumdung in geeigneter Form öffentlich zurückzunehmen, bestätigen oder ihm eine solche Pflicht auferlegen. Die öffentliche Zurücknahme einer Beleidigung oder Verleumdung soll nur vor dem Personenkreis erfolgen, der davon Kenntnis erlangte.
(2) Bei der Entscheidung über Verfehlungen sind die Erziehungsmaßnahmen entsprechend den Bestimmungen des § 35 anzuwenden.
(3) Bei der Beratung wegen Beleidigung, Verleumdung und Hausfriedensbruch soll die Konfliktkommission auf eine Aussöhnung zwischen dem beschuldigten Bürger und dem Antragsteller hinwirken. Wird eine Aussöhnung erreicht, kann von Erziehungsmaßnahmen abgesehen werden. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
(4) Kann im Ergebnis einer Beratung wegen Beleidigung, Verleumdung oder Hausfriedensbruch eine Verfehlung nicht nachgewiesen werden und bestanden auch keine weiteren Möglichkeiten zur Untersuchung durch die Deutsche Volkspolizei, entscheidet die Konfliktkommission durch begründeten Beschluß, daß eine Verfehlung nicht vorliegt.

§ 44

[Bearbeiten]
(1) Hat auch der Antragsteller den beschuldigten Bürger beleidigt oder verleumdet, so kann diese Verfehlung auf Antrag in die Beratung einbezogen werden, wenn sie nicht länger als sechs Monate zurückliegt.
(2) Kommt keine Aussöhnung zwischen Antragsteller und beschuldigtem Bürger zustande, können Erziehungsmaßnahmen für einen oder für beide festgelegt werden, wenn das zur Erreichung des Erziehungszweckes erforderlich ist.

§ 45

[Bearbeiten]
(1) Der Antragsteller kann seinen Antrag bis zum Schluß der Beratung zurücknehmen.
(2) Erscheint zu einer Beratung wegen Beleidigung, Verleumdung oder Hausfriedensbruch der Antragsteller unbegründet nicht, gilt sein Antrag als zurückgenommen.
(3) Die Konfliktkommission stellt in diesen Fällen die weitere Behandlung der Sache durch Beschluß ein.

Beratung wegen Ordnungswidrigkeiten

[Bearbeiten]

§ 46

[Bearbeiten]
(1) Ordnungswidrigkeiten sind schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die eine Disziplinlosigkeit zum Ausdruck bringen und die staatliche Leitungstätigkeit erschweren oder die Entwicklung des sozialistischen Gemeinschaftslebens stören, jedoch die Interessen der sozialistischen Gesellschaft oder einzelner ihrer Bürger nicht erheblich verletzen und deshalb keine Straftaten sind.
(2) Zu den Ordnungswidrigkeiten gehören auch Zoll- und Devisenverstöße. Das sind Rechtsverletzungen, die den ordnungsgemäßen Waren-, Devisen- und Geldverkehr über die Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik stören oder die gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollmaßnahmen behindern oder erschweren, soweit sie nicht wegen ihrer Art und Schwere als Straftaten zu verfolgen sind.

§ 47

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission berät und entscheidet über Ordnungswidrigkeiten, wenn ihr die Sache von Ordnungsstrafbefugten übergeben wird.
(2) Eine Übergabe kann erfolgen, wenn der Sachverhalt aufgeklärt und mit Rücksicht auf den Charakter und die Umstände der Ordnungswidrigkeit sowie die

[9] Persönlichkeit des beschuldigten Bürgers eine bessere erzieherische und vorbeugende Einwirkung durch die Konfliktkommission zu erwarten ist.

(3) Unter diesen Voraussetzungen können insbesondere Ordnungswidrigkeiten übergeben werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verletzung betrieblicher Pflichten des Bürgers stehen oder das sozialistische Gemeinschaftsleben im Wohngebiet der Stadt oder in der Gemeinde beeinträchtigen.
(4) Zoll- und Devisenverstöße können auch dann übergeben werden, wenn bereits durch die Organe der Zollverwaltung der DDR eine Einziehungsmaßnahme verfügt wurde.

§ 48

[Bearbeiten]
(1) Zur Sicherung einer gründlichen Beratung der Sache haben die Übergabeentscheidungen vor allem zu enthalten
- eine Darstellung des Sachverhalts und der vorliegenden Beweismittel
- die Angabe der verletzten Bestimmung
- die Begründung für die Übergabe der Sache an die Konfliktkommission
- Hinweise auf Ursachen und Bedingungen der Ordnungswidrigkeit.
(2) Die Konfliktkommission kann bis zum Abschluß der Beratung die Sache an das übergebende Organ zurückgeben, wenn die Übergabevoraussetzungen (§ 47) nicht vorliegen. Das übergebende Organ bearbeitet dann diese Sache abschließend.

§ 49

[Bearbeiten]
(1) Mit der Beratung soll der beschuldigte Bürger angehalten werden, sich diszipliniert zu verhalten und die Interessen der sozialistischen Gesellschaft oder einzelner ihrer Bürger zu achten. Wird dieser Zweck mit der Beratung erreicht, kann von Erziehungsmaßnahmen abgesehen werden. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
(2) Sind Erziehungsmaßnahmen erforderlich, können folgende festgelegt werden:
- Die Verpflichtung des Bürgers, sich beim Geschädigten oder vor dem Kollektiv zu entschuldigen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
- Die Verpflichtung des Bürgers zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens durch eigene Arbeit oder, falls dies nicht möglich ist, durch Schadenersatz in Geld nach den gesetzlichen Bestimmungen wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
- Andere Verpflichtungen, des Bürgers, welche die Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit und zur Wahrung der Normen des sozialistischen Zusammenlebens sichern helfen, werden bestätigt, oder ihm werden solche Auflagen erteilt.
- Dem Bürger wird eine Rüge ausgesprochen.
- Die Verpflichtung des Bürgers, eine Geldbuße von 5 M bis 50 M zu zahlen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
(3) Im übrigen finden die Bestimmungen in § 34 Absätze 3 und 4 entsprechende Anwendung.
(4) Bei der Entscheidung über Ordnungswidrigkeiten sind die Erziehungsmaßnahmen entsprechend den Bestimmungen in § 35 anzuwenden.

§ 50

[Bearbeiten]
Bleibt der beschuldigte Bürger unbegründet auch der zweiten Beratung fern, hat die Konfliktkommission die Sache innerhalb einer Woche an das übergebende Organ zur weiteren Bearbeitung zurückzugeben.

Beratung wegen Verletzung der Schulpflicht

[Bearbeiten]

§ 51

[Bearbeiten]
Die Konfliktkommission berät und entscheidet über das Verhalten von Bürgern, die als Eltern oder andere Erziehungsberechtigte nicht dafür sorgen, daß schulpflichtige Kinder oder Jugendliche den Unterricht in der Oberschule, in weiterführenden Bildungseinrichtungen, in der Sonderschule und in der Berufsschule regelmäßig besuchen, oder sie vom Besuch obligatorischer Schulveranstaltungen oder von der Befolgung der Schulordnung abhalten.

§ 52

[Bearbeiten]
(1) Der Antrag auf Beratung kann vom Direktor der Schule in Übereinstimmung mit der Elternvertretung gestellt werden, wenn eigene erzieherische Einwirkungen auf den Erziehungsberechtigten bisher erfolglos geblieben sind.
(2) Unzureichend begründete Anträge können an den Direktor der Schule zurückgegeben werden.

§ 53

[Bearbeiten]
(1) Mit der Beratung sollen die Erziehungsberechtigten angehalten werden, dafür zu sorgen, daß die Kinder oder Jugendlichen ihrer Schulpflicht in vollem Umfange nachkommen. Wird dieser Zweck mit der Beratung erreicht, kann von Erziehungsmaßnahmen abgesehen werden. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
(2) Sind Erziehungsmaßnahmen erforderlich, können folgende festgelegt werden:
- Verpflichtungen des Bürgers, die die Erfüllung der Schulpflicht sichern helfen, werden bestätigt, oder ihm werden solche Pflichten auferlegt.
- Dem Bürger wird eine Rüge ausgesprochen.
- Die Verpflichtung des Bürgers, eine Geldbuße von 5 M bis 50 M zu zahlen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
(3) Die Konfliktkommission kann Verpflichtungen eines Arbeitskollektivs, einer Hausgemeinschaft oder einzelner Bürger, den Erziehungsberechtigten bei der Erfüllung seiner Erziehungspflichten zu unterstützen, bestätigen.
(4) Die Konfliktkommission kann einen Schüler, der die Schulpflicht verletzte und über 14 Jahre alt ist, über seine Pflichten belehren.

§ 54

[Bearbeiten]
Bleibt der Erziehungsberechtigte unbegründet auch der zweiten Beratung fern, entscheidet die Konfliktkommission ausnahmsweise in seiner Abwesenheit, wenn der Sachverhalt aufgeklärt und eine Entscheidung nach § 17 Abs. 1 oder Abs. 2 möglich ist. Kann die Konfliktkommission nicht entscheiden, gibt sie die Sache innerhalb einer Woche an den Direktor der Schule zurück.

[10] == Beratung wegen einfacher zivilrechtlicher und anderer Rechtsstreitigkeiten ==

§ 55

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission berät zur gütlichen Beilegung von
- einfachen zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Bürgern wegen Geldforderungen
- Streitigkeiten wegen der Erfüllung rechtsverbindlich festgelegter Unterhaltsverpflichtungen
- anderen Rechtsstreitigkeiten mit einfachem Sachverhalt zwischen Bürgern, die im alltäglichen Leben der Bürger aus Verletzungen ihrer Rechte und Pflichten insbesondere im Zusammenleben in der Haus- und Wohngemeinschaft entstehen
- einfachen zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Betrieb und Betriebsangehörigen.
Die Konfliktkommission ist bei Streitigkeiten wegen Geldforderungen bis zur Höhe von etwa 500 M zuständig.
(2) Anträge auf Beratung können ein oder mehrere Bürger, bei Streitigkeiten, die sich im Zusammenleben der Bürger in den Haus- und Wohngemeinschaften ergeben, auch Hausgemeinschaftsleitungen stellen. Anträge für den Betrieb stellt der Betriebsleiter oder ein leitender Mitarbeiter des Betriebes.

§ 56

[Bearbeiten]
(1) Die Beratung erfolgt in Anwesenheit des Antragstellers und Antragsgegners. Ist das Erscheinen des Antragstellers oder des Antragsgegners aus wichtigen Gründen, wie längere Krankheit oder längere Abwesenheit, nicht möglich, kann er sich durch einen Bürger vertreten lassen.
(2) Die Konfliktkommission wirkt in der Beratung darauf hin, daß Antragsteller und Antragsgegner eine den Grundsätzen des sozialistischen Rechts entsprechende Einigung erzielen. Sie bestätigt eine solche Einigung durch Beschluß. Bei der Einigung über Geldforderungen soll eine angemessene Zahlungsfrist oder Ratenzahlung vereinbart werden.
(3) Können Antragsteller und Antragsgegner keine Einigung erzielen, kann auf ihren gemeinsamen Antrag über den Streitfall von der Konfliktkommission entschieden werden, soweit der Sachverhalt einfach, umfassend aufgeklärt und rechtlich nicht schwierig zu beurteilen ist.

§ 57

[Bearbeiten]
(1) Die Konfliktkommission kann bis zum Schluß der Beratung den Antrag auf Behandlung der Sache ablehnen, wenn sich ergibt, daß der Sachverhalt nicht einfach, durch Befragen des Antragstellers, des Antragsgegners und anderer Bürger nicht zu klären oder rechtlich schwierig zu beurteilen ist.
(2) Der Antragsteller hat das Recht, seinen Antrag bis zum Schluß der Beratung zurückzunehmen.
(3) Erscheint der Antragsteller oder der Antragsgegner unbegründet nicht zur Beratung oder kann weder eine Einigung erreicht noch eine Entscheidung nach § 56 Abs. 3 getroffen werden, stellt die Konfliktkommission die Beratung durch Beschluß ein.
(4) Der Antragsteller ist in den Fällen der Absätze 1 bis 3 darauf hinzuweisen, daß er sich an das Kreisgericht wenden kann.

V. Einspruch und Durchsetzung der Entscheidung

[Bearbeiten]

§ 58 Einspruchsrecht

[Bearbeiten]
(1) Antragsteller und Antragsgegner bei arbeitsrechtlichen, zivilrechtlichen und anderen Rechtsstreitigkeiten, der wegen eines Vergehens, einer Verfehlung, einer Ordnungswidrigkeit oder einer Schulpflichtverletzung beschuldigte Bürger, der Antragsteller im Falle einer Beleidigung, Verleumdung oder eines Hausfriedensbruches haben das Recht, gegen die Entscheidung der Konfliktkommission innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Beschlusses in schriftlicher Form Einspruch beim Kreisgericht einzulegen oder zu Protokoll der Rechtsantragsstelle zu erklären. Dieses Recht hat auch der Geschädigte, soweit es die Entscheidung über die Wiedergutmachung des Schadens betrifft. Ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, können auch die Erziehungsberechtigten Einspruch einlegen.
(2) Der Einspruch gegen die Bestätigung einer Einigung in einer arbeits- oder zivilrechtlichen Streitigkeit kann nur damit begründet werden, daß eine Einigung nicht vorgelegen hat oder diese gegen Grundsätze des sozialistischen Rechts verstößt.
(3) Der Staatsanwalt des Kreises, in dessen Bereich sich die Konfliktkommission befindet, kann gegen jede Entscheidung der Konfliktkommission innerhalb von drei Monaten nach Beschlußfassung Einspruch beim zuständigen Kreisgericht einlegen, wenn die Entscheidung oder einzelne Verpflichtungen nicht dem Gesetz entsprechen.
(4) Für die Entscheidung über den Einspruch ist das Kreisgericht zuständig, in dessen Bereich sich die Konfliktkommission befindet.

§ 59 Entscheidung über den Einspruch

[Bearbeiten]
Für das Verfahren in Arbeitsrechtssachen gilt die Arbeitsgerichtsordnung vom 29. Juni 1961 (GBl. II S. 271). Für das Verfahren vor dem Kreisgericht in den anderen Sachen finden die §§ 55 bis 57 der Schiedskommissionsordnung vom 4. Oktober 1968 (GBl. I S. 299) entsprechende Anwendung.

Durchsetzung der Entscheidung

[Bearbeiten]

§ 60

[Bearbeiten]
(1) Der Bürger soll übernommene oder ihm als Erziehungsmaßnahme auferlegte Verpflichtungen freiwillig erfüllen.
(2) Die Zahlung einer Geldbuße erfolgt an den Rat der Gemeinde, den Rat der Stadt oder des Stadtbezirkes, in dessen Bereich der Bürger wohnt.[297]
(3) Kommt ein Bürger seiner Verpflichtung zur Entschuldigung oder öffentlichen Zurücknahme einer Beleidigung oder Verleumdung nicht nach, kann die Konfliktkommission erneut beraten (§ 21 Abs. 3). Sie kann mit Ausnahme der Geldbuße eine andere geeignete Erziehungsmaßnahme (§ 34) festlegen und beschließen, daß die öffentliche Zurücknahme einer Beleidigung oder Verleumdung durch eine Veröffentlichung ihrer Entscheidung ersetzt wird.

§ 61

[Bearbeiten]
(1) Die in einem Beschluß der Konfliktkommission enthaltene Festlegung, Verpflichtung oder Einigung über Geldforderungen, Wiedergutmachung des Schadens, Geldbuße, Herausgabe von Sachen, Vornahme von Reparaturen und Erstattung von Auslagen kann vom Kreisgericht für vollstreckbar erklärt werden.
(2) Der Anspruchsberechtigte kann beim Kreisgericht die Vollstreckbarkeit beantragen. Das gleiche Recht hat hinsichtlich der Geldbuße der örtliche Rat (§ 60 Abs. 2).
(3) Für das Verfahren über die Vollstreckbarkeitserklärung von Beschlüssen in Arbeitsrechtssachen gilt die Arbeitsgerichtsordnung vom 29. Juni 1961 (GBl. II S. 271). Für das Verfahren über die Vollstreckbarkeitserklärungen in den anderen Sachen findet § 60 der Schiedskommissionsordnung vom 4. Oktober 1968 (GBl. I S. 299) entsprechende Anwendung.
(4) Gegen die Entscheidung des Kreisgerichtes über die Vollstreckbarkeit ist kein Rechtsmittel gegeben.

VI. Besondere Bestimmungen

[Bearbeiten]

§ 62 Dauer der Entscheidungswirkung

[Bearbeiten]
(1) Die Entscheidungen der Konfliktkommission über Vergehen, Verfehlungen, Ordnungswidrigkeiten, Verletzungen der Arbeitsdisziplin und der Schulpflicht und die festgelegten Erziehungsmaßnahmen bleiben für die Dauer eines Jahres nach Ablauf der Einspruchsfrist wirksam, soweit hierfür in anderen gesetzlichen Bestimmungen nicht eine längere Frist festgelegt ist. Nach Ablauf dieser Frist dürfen sie dem betroffenen Bürger nicht mehr vorgehalten werden.
(2) Die Vollstreckung von Ansprüchen aus Beschlüssen der Konfliktkommission (§ 61) ist auch nach Ablauf der in Abs. 1 genannten Frist möglich.

§ 63 Besonderheiten der Verantwortlichkeit

[Bearbeiten]
Über Vergehen, bei denen die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 vorliegen, sowie über Verfehlungen und Ordnungswidrigkeiten von Angehörigen der bewaffneten Organe kann die Konfliktkommission nicht beraten und entscheiden. Die Angehörigen der bewaffneten Organe unterliegen insoweit der Disziplinarbefugnis der Kommandeure oder der Leiter der Dienststellen.

VII. Leitung und Unterstützung der Konfliktkommissionen

[Bearbeiten]

§ 64 Aufgaben der betrieblichen Gewerkschaftsleitungen

[Bearbeiten]
(1) Die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen sind für die Anleitung und Schulung der Mitglieder der Konfliktkommissionen verantwortlich. Sie werden dabei von den Betriebsleitern und den leitenden Mitarbeitern des Betriebes aktiv unterstützt.
(2) Die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen werden ihrer Verantwortung insbesondere dadurch gerecht, daß sie Berichte der Konfliktkommissionen entgegennehmen, die Tätigkeit der Konfliktkommissionen analysieren und ihre Ergebnisse verallgemeinern. Sie werten regelmäßig gemeinsam mit den Betriebsleitern und den leitenden Mitarbeitern des Betriebes die Erfahrungen aus der Konfliktkommissionstätigkeit aus und sorgen dafür, daß sie für die Verbesserung der Leitungstätigkeit im Betrieb genutzt werden.

Aufgaben der Betriebsleiter

[Bearbeiten]

§ 65

[Bearbeiten]
(1) Die Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter des Betriebes sind verpflichtet, die Mitglieder der Konfliktkommissionen bei der Ausübung ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit allseitig zu unterstützen. Sie haben auf Verlangen der Konfliktkommissionen an deren Beratungen teilzunehmen und den Konfliktkommissionsmitgliedern Einblick in die betrieblichen Unterlagen zu gewähren, soweit dies für die richtige Beurteilung der Sache und der Person des Bürgers notwendig ist und dem keine gesellschaftlichen Interessen entgegenstehen.
(2) Die Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter des Betriebes sind verpflichtet, die Berichte und Analysen der betrieblichen Gewerkschaftsleitungen über die Tätigkeit der Konfliktkommissionen für die Verbesserung der betrieblichen Leitungstätigkeit auszuwerten.
(3) Sie haben in Belegschafts- und Gewerkschaftsversammlungen sowie vor der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung darüber zu berichten, wie sie die Mitglieder der Konfliktkommissionen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützt haben und wie sie ihren eigenen Aufgaben zur allseitigen Unterstützung der Konfliktkommissionen nachgekommen sind.

§ 66

[Bearbeiten]
(1) Die Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter des Betriebes haben dafür zu sorgen, daß den Konfliktkommissionsmitgliedern auf Kosten des Betriebes die sachlichen Voraussetzungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit geschaffen werden. Hierzu gehört insbesondere die Bereitstellung der erforderlichen gesetzlichen Unterlagen, der notwendigen Literatur, der Einsatz eines Protokollführers in den Beratungen und die Bereitstellung eines geeigneten Beratungsraumes.
(2) Den Mitgliedern der Konfliktkommissionen sind notwendige Auslagen – auch die, die im Zusammenhang mit der Anleitung und Schulung entstehen – auf Antrag durch den Betrieb zu erstatten.

[11] === § 67 Aufgaben der Kreis- und Bezirksvorstände des FDGB ===

(1) Die Kreisvorstände des FDGB sind in ihrem Bereich für die Anleitung und Schulung der Konfliktkommissionen verantwortlich. Sie werden dieser Verantwortung vor allem dadurch gerecht, daß sie auf der Grundlage von Analysen die Erfahrungen aus der Konfliktkommissionstätigkeit verallgemeinern. Die Kreisvorstände des FDGB sichern insbesondere, daß die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen ihre Aufgaben zur Anleitung und Schulung der Konfliktkommissionsmitglieder erfüllen. Bei der Erfüllung der Aufgaben der Kreisvorstände des FDGB wirken vorrangig deren Rechtskommissionen mit.
(2) Die Kreisvorstände des FDGB werden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Anleitung und Schulung der Mitglieder der Konfliktkommissionen von den Kreisgerichten unterstützt. Sie arbeiten hierbei mit den anderen Rechtspflegeorganen sowie mit den örtlichen Volksvertretungen und ihren Organen zusammen.
(3) Die Bezirksvorstände des FDGB sind in ihrem Bereich für die Anleitung und Schulung der Konfliktkommissionen verantwortlich. Sie sichern insbesondere, daß die Kreisvorstände des FDGB ihre Aufgaben bei der Anleitung und Schulung der Konfliktkommissionen erfüllen. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben der Bezirksvorstände des FDGB wirken vorrangig deren Rechtskommissionen mit.

§ 68 Aufgaben der Kreis- und Bezirksgerichte

[Bearbeiten]
(1) Die Kreisgerichte gewährleisten in ihrem Bereich die einheitliche Rechtsanwendung in der Tätigkeit der Konfliktkommissionen, insbesondere durch gerichtliche Überprüfung und Durchsetzung ihrer Beschlüsse. Sie unterstützen die Gewerkschaften bei der Anleitung und Schulung der Mitglieder der Konfliktkommissionen.
(2) Die Bezirksgerichte gewährleisten in ihrem Bereich die einheitliche Rechtsanwendung in der Tätigkeit der Konfliktkommissionen und bei der gerichtlichen Überprüfung und Durchsetzung ihrer Beschlüsse. Sie sichern insbesondere, daß die Kreisgerichte ihre Aufgaben zur Unterstützung der Konfliktkommissionen erfüllen.

§ 69 Aufgaben der Staatsanwälte der Kreise und Bezirke

[Bearbeiten]
(1) Die Staatsanwälte der Kreise arbeiten mit den Konfliktkommissionen kameradschaftlich zusammen. Sie überprüfen die Beschlüsse, auf deren vollzählige Übersendung sie Einfluß nehmen, und erheben Einspruch gegen ungesetzliche Beschlüsse. Das Überprüfungsergebnis werten sie gemeinsam mit den Konfliktkommissionen aus. Die Staatsanwälte der Kreise unterstützen die Gewerkschaften bei der Anleitung durch regelmäßige Informationen und bei der Schulung der Mitglieder der Konfliktkommissionen.
(2) Die Staatsanwälte der Bezirke unterstützen die Bezirksvorstände des FDGB durch regelmäßige Informationen über die Ergebnisse der Zusammenarbeit der Staatsanwälte mit den Konfliktkommissionen.

§ 70

[Bearbeiten]
Kommt ein für die Unterstützung der Konfliktkommissionen Verantwortlicher seinen Verpflichtungen nicht nach, ist die Konfliktkommission berechtigt, sich an das übergeordnete Organ zu wenden und die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu fordern.

VIII. Schlußbestimmungen

[Bearbeiten]

§ 71

[Bearbeiten]
(1) Dieser Erlaß tritt am 15. Oktober 1968 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung vom 17. April 1963 über die Konfliktkommissionen (GBl. II S. 237) außer Kraft.


Berlin, den 4. Oktober 1968


Der Vorsitzende des Staatsrates

der Deutschen Demokratischen Republik
W. Ulbricht

Der Sekretär des Staatsrates
der Deutschen Demokratischen Republik
O. Gotsche