Konrad Pocher

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Textdaten
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Autor: Johann Leonhard Weidner
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Titel: Konrad Pocher
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 517–518
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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Konrad Pocher.

Konrad Pocher oder Bocher hütete als armer Junge in einem Dorfe der Pfalz die Kühe um den Taglohn. Einst gab man ihm zur Beihülfe einen andern Knaben mit; da dieser aber mit der Krätze behaftet wurde, konnte er ihm keine Dienste leisten. Pocher, der erst kürzlich gesehen hatte, wie ein Jäger einen räudigen Hund aufhing, henkte, in der Meinung, dies sey ein probates Mittel gegen diese Krankheit, seinen Genossen bei den Füßen an einem Baum auf. Abends darauf trieb er seine Kühe allein nach Hause und erzählte den Leuten ganz arglos das Geschehene. Man warf ihn alsbald ins Gefängniß und stellte ihn auf allerlei Weise auf die Probe, um sich zu überzeugen, ob er wirklich blödsinnig sey; in der That war [518] dem auch so, und da man dachte, der Kurfürst Philipp der Redliche dürfte sich an dessen Narrenstreichen belustigen, brachte man ihn an seinen Hof. Heinrich Bebel (Verfasser der Facetiae etc.) hörte ihn selbst zu Augsburg auf dem Reichstage sich dieser Henkerthat rühmen und erzählen, wie er den Jungen wieder von dem Baum abgenommen und ordentlich begraben habe, wobei er bemerkte: „Ihm ist wohl, denn hätt’ ich ihn nicht gehangen, so wär’ er noch heute nichts weiter, als ein armseliger Kuhhirte.“ – Daher entstand das Sprichwort, das man damals auf krätzige Leute anwandte: „Hüte dich vor dem Pocher, sonst henkt er dich auf!“

Einst schickte man diesen Pocher mit einigen Ochsen auf die Weide. Weil er nun in dem Marstall gesehen, daß man einigen Pferden die Schweife gestutzt hatte, hieb er auch allen Ochsen dieselben ab und entgegnete, als man ihn deßhalb zur Verantwortung zog: „Glaubt ihr denn, ich möchte nicht eben so gern Stumpfschwänze haben, als der Pfalzgraf?“

Als der Kurfürst Krieg führte und Pocher vernahm, man habe beschlossen, bei einem Flecken, auf dessen Belagerung viele Kosten verwendet werden sollten, die Pässe zu verlegen, um ihn auszuhungern, versteckte sich Pocher in einen Graben bei diesem Orte, und blieb drei Tage und Nächte, ohne Speis und Trank zu genießen, darin liegen, so daß man gar nicht wußte, wo er hingekommen wäre. Als man ihn endlich ganz abgemergelt dort entdeckte und ihn um die Ursache dieser Handlungsweise fragte, gab er zur Antwort: „Mich erbarmte des Pfalzgrafen; daher verlegte ich den Paß, um den Flecken zur Uebergabe zu zwingen.“

(S. „Schimpf und Ernst“ durch Fratrem Johannem Pauli S. 204. Straßburg 1654. 8.)