Kriegs-Erinnerungen (1)

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Autor: Theodor Küster
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Titel: Kriegs-Erinnerungen (1)
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aus: Die Gartenlaube, Heft 29, S. 457-459
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[457]
Kriegs-Erinnerungen.
Aus dem Tagebuche eines deutschen Officiers der Fremdenlegion in Algier.
1. Eine Aufhebung.

Die Provinz Oran, die westlichste der drei algierischen Provinzen, ist in militairischer und administrativer Beziehung in fünf Districte (Subdivisionen) eingetheilt, von denen die Subdivision Sidi-bel-Abbès die an Umfang bedeutendste ist. An ihrer südlichsten Grenze, unmittelbar am Anfang der sich hier am weitesten nach Norden zu ausdehnenden großen Sahara, liegt Deya, ein befestigter Punkt, bestehend aus einem starken Fort, welches Casernen, Munitions- und Lebensmittel-Magazine einschließt, und einigen Dutzend europäischer Wohnungen, die außerhalb der Mauern des Forts um die Anhöhe gruppirt liegen. Deya befindet sich in schlechter Nachbarschaft: die wildesten und den Franzosen feindlichsten Stämme der Provinz Oran hausen in seinen Umgebungen und machen eine fortwährend starke und äußerst wachsame Garnison daselbst nörhig.

Es war im Monat Jannar 1858, als das erste Bataillon des zweiten Regiments der Fremdenlegion, zu welchem meine Compagnie gehörte, in das Fort Deya einrückte. Drei Tage zuvor hatten wir Sidi-bel-Abbès verlassen, in Folge einer Ordre des commandirenden Generals der Provinz, um die im Fort liegende Garnison zu verstärken. Die dringenden Vorstellungen der arabischen Bureaux, sowie die Rapporte verschiedener der französischen Regierung sehr ergebener Chefs hatten diese militairische Maßregel bewirkt, indem sie bewiesen, daß sich untrügliche Anzeichen einer bald zum Ausbruch kommenden Empörung verschiedener in den Anfängen der Sahara campirender Stämme gezeigt hatten. Derartige Revolten sind in Algerien nichts Seltenes. Obgleich der entschieden größte und einflußreichste Theil der Eingeborenen immer mehr die wohlthuenden Folgen einer civilisirten Regierung erkennt und demzufolge treu an dem bestehenden Gouvernement hält, so tauchen doch noch von Zeit zu Zeit hie und da Unzufriedene auf, welche das frühere Kopfabschlagungs-System der Dey’s der wirklich milden und wohlwollenden französischen Herrschaft vorziehen. Diese Aufwiegler sind in der Regel aus der Kaste der Scheriff’s, d. h. in directer Linie Nachkommen Mohammed’s, deren religiöser Fanatismus durch den Anblick der christlichen Kirchen gereizt wird, oder welche aus bloßem Ehrgeiz, nicht selten auch aus Habsucht, sich an die Spitze einer stets fruchtlosen Bewegung stellen.

Ein solcher Fanatiker war unter Andern auch Ben-Djorra. Sein Renommée als ergrimmter Feind und Widersacher jeder nicht mohammedanischen Herrschaft stand fest, er war den französischen Behörden bekannt und signalisirt; allein man konnte seiner, der eifrigsten Bemühungen ungeachtet, nicht habhaft werden, da er sich abwechselnd nur in den Stämmen aufhielt, welche er als seinen Principien zugethan kannte und unter denen er Verrath nicht zu fürchten hatte. Sein Aufenthalt in der Nähe von Deya war in den letzten Tagen des Januar dem arabischen Bureau daselbst bekannt geworden, und auf dessen Vorstellung hatte der General beschlossen, Alles aufzubieten, um für diesmal den verwegenen und listigen Aufrührer aufzuheben und damit für immer unschädlich zu machen.

[458] Die in Deya zu diesem Zweck zusammengezogenen Truppen – etwa 1800 Mann, worunter 400 Spahis und reitende Jäger – waren zur Disposition des Oberstlieutenant Séroka gestellt, welcher Chef des Districts und des arabischen Bureaus war. Dieser hatte ein ganzes Heer von Spionen auf Ben-Djorra’s Fährte ausgesandt und erwartete von Stunde zu Stunde eine sichere Nachricht über seinen Schlupfwinkel. In Erwartung dieser gewissen Kunde lagen wir im Fort auf der Bärenhaut und vertrieben uns die Zeit mit Rauchen, Trinken, Spielen und allen den sonstigen zeittödtenden Beschäftigungen, deren der müßige Soldat ein so reiches Repertoir, und vorzugsweise in Afrika, aufzuweisen hat. Wenn ich Eingangs dieser Erzählung von Casernen gesprochen habe, welche sich innerhalb der Mauern des Forts befinden sollten, so möge man dies nicht nach dem Buchstaben nehmen: wir lagen in Barracken von Holz, in denen wir vor schlechter Witterung leidlich geschützt waren und welche außerdem für uns Officiere recht hübsch eingerichtete Zimmer enthielten.

In einem dieser Zimmer saßen wir am späten Abend des 30. Januar 1858 in gemüthlicher Unterhaltung beisammen. Sämmtliche Officiere der Garnison waren anwesend. Es wurde viel gescherzt und gelacht, die Unterhaltung drehte sich größtenteils um den Mann des Augenblicks, Ben-Djorra. Ein Capitain der Turcos (leichte, aus Eingeborenen bestehende Infanterie in orientalischem Costüm, deren Officiere zu drei Viertheilen Franzosen sind) hatte ihn früher gesehen und gekannt, als der Scheriff noch nicht erklärter Gegner des Gouvernements war und häufig in der Stadt Maskara sich aufhielt. Er schilderte uns denselben als den pfiffigsten und verwegensten Menschen, dessen Ehrgeiz ebenso unersättlich, als seine Geldgier, und der bei seinem großen Anhang gerade in dieser Gegend ein für uns durchaus gefährlicher und keineswegs zu verachtender Gegner sei. Alle waren begierig, ihn bald von Angesicht zu Angesicht zu sehen.

Unter dieser Hoffnung hatten wir das Gespräch abgebrochen und waren soeben im Begriff, uns an die Abendtafel zu setzen, als die Thür sich öffnete und Sidi-Soliman-ben-Abdallah, Aga der Sahara in der Provinz Oran, hereintrat. Dieser arabische Fürst war Commandeur des Ordens der Ehrenlegion, persönlicher Freund des General-Gouverneurs von Algerien, und stand im Range eines Divisions-Generals. Wir erhoben uns daher sämmtlich, ihm die gebührende Ehre zu erweisen, worauf er mit artigem Gegengruß erwiderte und uns dann in gutem Französisch den wohlgemeinten Rath gab, die Abendtafel zu beschleunigen, indem die Nachrichten, welche er mitbrächte, nicht der Art seien, uns lange Zeit zum Souper zu lassen. Sich darauf an den Oberstlieutenant Séroka wendend, sagte er: „Ich komme soeben, nur von vier Spahis begleitet, aus Sidi-bel-Abbès zurück; zwei Stunden von hier, in dem Stamme der Beni-Saffar, habe ich mit Bestimmtheit in Erfahrung gebracht, daß Ben-Djorra sich augenblicklich in der drei Stunden von hier entfernten Oasis El Haddin befindet und daselbst um 11 Uhr in der Nacht die Anführer derjenigen Stämme erwartet, welche sich seinen Plänen angeschlossen haben und die Fahne des Aufruhrs unter seiner Führung erheben wollen. Ich habe sofort die Pferde ausgreifen lassen und, trotz des grundlosen Weges, nur wenige Minuten gebraucht, um hierher zu kommen und Dir diese Mittheilung zu machen. Halt Deine Truppen bereit, eine bessere Gelegenheit, den Ruhestörer zu fangen, dürfte sich nicht finden. Ich werde Dich begleiten.“

Man wird begreifen, daß unter solchen Umständen ein Jeder in größter Eile nur die unentbehrlichste Speise zu sich nahm und sich dann sofort für die nächtliche Expedition vorbereitete. Es war halb zehn Uhr; schnell wurden die Truppen in aller Stille unter die Waffen gerufen, weder Horn noch Trommel wurden gehört, und als es zehn schlug, hatte die etwa 1500 Mann starke Colonne schon Deya einige hundert Schritte im Rücken. In südwestlicher Richtung ging’s unaufhaltsam vorwärts. Ein Detachement Spahis, jedes Weges, jedes Schlupfwinkels kundig, diente uns als Avantgarde. Abdallah ritt zur Rechten des Oberstlieutenants in seiner vollen orientalischen Kriegsrüstung, das breite rothe Band der Ehrenlegion mit dem daran befindlichen Commandeurkreuz um den Hals, auf einem herrlichen arabischen Grauschimmel. Das Wetter war unserem Streifzug günstig, nur die in Folge des lange Zeit stattgehabten Regens grundlosen Wege erschwerten bedeutend das Fortkommen, so daß die Mehrzahl der Leute ermüdet war, als wir nach dreistündigem, angestrengtem Marsche inmitten einer weiten, mit Zwergpalmen bedeckten Ebene Halt machten.

Die Oasis El Haddin lag in einer Entfernung von etwa 2000 Schritten vor uns, trotz der Nacht durch ihre riesigen Palmen erkennbar, welche sich an dem vom Vollmond beleuchteten, sternenbesäeten Firmament scharf markirten. Die Bevölkerung der Oasis El-Haddin mochte sich auf nahe an 2000 Seelen belaufen, und wohnte in mit Palmenblättern gedeckten Erdhütten. Die Anwesenheit Ben-Djorra’s in einer dieser Hütten war außer Zweifel; allein in welcher derselben befand er sich? Dies zu erforschen sandte Abdallah seine Kundschafter aus, Araber befreundeter Stämme, welche er zu diesem Zweck mitgenommen hatte. Es lag in der Absicht des Gouvernements, die Gefangennehmung Ben-Djorra’s, wenn irgend möglich, ohne Blutvergießen in’s Werk zu setzen. Nur im äußersten Nothfall und bei ernster, zahlreicher Gegenwehr sollte von den Waffen Gebrauch gemacht und selbst dann noch die Person des Agitators so viel als möglich geschont werden; der General wollte eine Unterredung mit dem gefangenen Ben-Djorra haben. Mochte er nun hoffen, ihn zu einem Freunde der französischen Occupation zu machen, oder glaubte er ihm Geständnisse zu entlocken oder von ihm zu erzwingen, genug, es galt, ihn lebendig nach Oran zu schaffen.

Gegen zwei Uhr Morgens kehrten die Kundschafter des Aga zurück und hatten in Beisein unseres Commandeurs und des Dolmetschers eine ziemlich lange Unterredung mit Abdallah, deren Resultat war, daß wir in aller Stille vorrückten, um alle Ausgänge der Oasis zu besetzen. Gegen drei Uhr Morgens war diese Maßregel in Ausführung gebracht. Hierauf nahm sich der Oberstlieutenant eine Escorte von zwei Compagnien Infanterie und einem Peloton reitender Jäger und drang unter Führung der Kundschafter und gefolgt von Abdallah und den Officieren des arabischen Bureau’s in’s Innere der Oasis ein. Ich befand mich mit meiner Compagnie in der Escorte und wurde somit Augenzeuge aller der Vorgänge, welche uns erwarteten. Zehn Minuten lang hatten wir unsern Weg zwischen hohen Palmen und üppigem Graswuchs fortgesetzt, als wir die ersten Hütten erblickten. Die uns als Führer dienenden Araber ließen diese ersten Wohnungen links liegen, und wir gelangten bald an den Mittelpunkt der Oasis, einen ungefähr hundert Schritte im Durchmesser haltenden freien Raum, um welchen herum gigantische Cacteen, Stachelfeigenbüsche und Aloes eine undurchdringliche Hecke bildeten; diese Umzäunung hatte zwei Eingänge, den einen nach Norden, den andern nach Süden zu gelegen.

Wir waren nur noch wenige Schritte von der nördlichen Oeffnung entfernt, als wüthendes Hundegebell unsere Ankunft signalisirte. Sofort wurden Tirailleure um die ganze Umzäunung herum aufgestellt, und wir drangen in’s Innere derselben ein. Hier zeigte sich uns eine große Hütte inmitten des freien Platzes; das anhaltende Gebell der zahlreichen und an Wachsamkeit unübertrefflichen arabischen Hunde hatte die in derselben befindlichen Araber belehrt, daß etwas Ungewöhnliches draußen vorgehe. Allein Ben-Djorra war so weit entfernt, an eine Ueberrumpelung zu glauben, und hielt sich für so sicher in seinem Versteck, daß er anfänglich dem Lärmen der Hunde wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte und es uns somit möglich geworden war, uns der großen Hütte unbemerkt und ohne Widerstand zu nähern. Hier sollte jedoch die Scene wechseln. Selten, selbst wenn der Araber sich vollständig eingeschlossen, jedes Mittel zum Entkommen abgeschnitten oder verbarricadirt sieht und einem überlegenen Feinde sich gegenüber befindet, ergibt er sich ohne Kampf. Es befanden sich gegen sechszig Araber, Ben-Djorra unter ihnen, im Innern der Hütte. Sobald sie uns bemerkt und sich umzingelt gesehen hatten, wurden wir mit Flintenschüssen begrüßt. Die Mehrzahl der Meuterer hatte sich durch alle Oeffnungen des Hauses in’s Freie geworfen, wo ein Kampf, Mann gegen Mann, begann. Allein ihr verzweifelter Widerstand war bald gebrochen. Wir erzwangen den Eingang. Der Oberstlieutenant Séroka, den Säbel in der rechten, eine Pistole in der linken Hand, gefolgt von Abdallah, drang zuerst in die Hütte ein. Ben-Djorra, mit dem Rücken gegen die Mauer gelehnt, war im Begriff sein langes Gewehr zu laden, sieben oder acht kräftige Beduinengestalten hatten sich vor ihn gruppirt und schienen entschlossen, sich und ihren Häuptling bis auf den letzten Blutstropfen zu vertheidigen; im Augenblick, wo die Officiere in der Hütte erschienen, krachten ihre Schüsse, und keiner der zuerst [459] Eingedrungenen blieb unverwundet. Ein Sergeant der reitenden Jäger stürzte, durch die Brust geschossen, lautlos nieder. Unserm Commandeur verwundete eine Kugel die linke Schulter, und noch zwei andere Officiere hatten ebenfalls mehr oder minder erhebliche Verwundungen erhalten. Im Nu füllte sich die Hütte mit unsern Soldaten, und ehe noch die Gegner Zeit hatten, auf’s Neue ihre Flinten zu laden, waren sie entweder niedergestoßen oder geknebelt.

Ben-Djorra stand allein; mit gekreuzten Armen und verächtlichem Blick sah er auf seine Feinde. Abdallah ging auf ihn zu und forderte ihn auf, sich zu übergeben und seine Waffen von sich zu werfen. Einen vernichtenden Blick warf er auf den Aga. „Verräther!“ war die einzige Antwort, welche er ihm zurückgab. Dann, schnell wie der Blitz, und noch bevor irgend Jemand seine Absicht ahnen oder deren Ausführung hindern konnte, riß er seinen breiten Yatagan aus der Scheide und stieß ihn dem Aga tief in die Brust. Darauf, mit sichtbarer Genugthuung einen Schritt gegen den Oberstlieutenant thuend, warf er seine blutige Waffe zu Boden und sagte, ihm seine beiden Hände entgegenhaltend:

„Jetzt kannst Du mich binden; gegen die Uebermacht ist kein Kampf. Es war Allah’s Wille!“

„Du weißt, Ben-Djorra,“ erwiderte ihm der Commandeur, „daß jetzt Dein Leben verwirkt ist; ohne diesen Mord hättest Du es Dir, aller Deiner Vergehungen ungeachtet, erhalten.“

„Ich weiß,“ sagte er, „Allah will es, Allah ist groß, sein Name sei gelobt!“

Es wurden ihm die Hände auf dem Rücken zusammengebunden und er einem besondern Detachement Cavallerie übergeben, das ihn auf ein Pferd festband und in seine Mitte nahm. Die übrigen Gefangenen, sämmtlich solide gefesselt, wurden zwischen Infanterie und Cavallerie-Bedeckung placirt. Abdallah war nicht todt, die beiden die Expedition begleitenden Wundärzte erklärten, daß sein Zustand allerdings gefährlich, indeß nicht hoffnungslos sei. Da an einen Transport des Aga nicht zu denken war, so ließ der Oberstlieutenant 200 Mann unter dem Commando eines Capitains zu seiner Bedeckung zurück, einer der Aerzte blieb ebenfalls bei ihm, und die Colonne selbst trat ihren Rückweg nach Deya an, wo wir um 10 Uhr Morgens eintrafen. Hier wurden sofort alle nöthigen Anstalten getroffen, um dem verwundeten Aga und seinem Arzte es an nichts fehlen zu lassen. Ein Detachement vom Train brachte noch am nämlichen Tage Medicamente, Lebensmittel und Haus- und Lager-Utensilien in die große Hütte der Oasis El-Haddin.

Die glückliche Gefangennehmung Ben-Djorra’s war sogleich durch den optischen Telegraphen nach Oran in’s Hauptquartier berichtet worden, und es langte in Folge dessen von dort der Befehl an, denselben unter starker Bedeckung und in möglichster Schnelligkeit dahin zu schicken. Am nächsten Morgen schon verließ Ben-Djorra, von zwei Schwadronen Cavallerie escortirt, Deya, um zunächst nach Sidi-bel-Abbès und von da zu Wagen nach Oran transportirt zu werden. Sidi-Soliman-ben-Abdallah genas langsam. Vierzehn Tage nach obigem Vorfall hatte der Arzt ihn außer Gefahr erklärt, und er konnte in seine Wohnung transportirt und der Pflege seiner Frauen übergeben werden. Zu Anfang des Sommers war er vollständig hergestellt und konnte sich nach Oran begeben, um den bis zu seiner Genesung ausgesetzten Verhören Ben-Djorra’s beizuwohnen. Dieser – bis dahin verschlossen wie das Grab und keine Kenntniß habend, daß der Aga gerettet sei – gerieth bei dessen unerwartetem Anblick in einen Anfall wahnsinniger Wuth und konnte nur mit Mühe durch seine Wachen abgehalten werden, sich von Neuem auf seinen Feind zu stürzen. Das Kriegsgericht verurtheilte Ben-Djorra zum Tode, und dieses Urtheil wurde durch Erschießen in der Nähe von Oran vollzogen, obgleich Abdallah sich alle Mühe gegeben hatte, seine Begnadigung zu erwirken.

Nach dem Tode dieses Fanatikers hörten die meuterischen Bewegungen unter den Wüstenstämmen der Provinz Oran auf, die Contributionen gingen ohne Rückhalt ein und die nach Dcya gezogenen Verstärkungen kehrten in ihre Standquartiere zurück.

Theodor Küster.