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Kunst und Kultur in Ahrenshoop, Juni 1946

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Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: Kunst und Kultur in Ahrenshoop, Juni 1946
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Entstehungsdatum: 1946
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Tagebuchauszüge zum Thema Kunst und Kultur in Ahrenshoop, Juni 1946
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Einführung

[Bearbeiten]

Der Artikel Kunst und Kultur in Ahrenshoop, Juni 1946 zeigt die von Stefan Isensee im Rahmen seines Werkes „Kunst und Kultur in Ahrenshoop 1945 bis 1948“ zusammengestellten Tagebuchauszüge vom Juni 1946. Textauslassungen wurden mit [...] gekennzeichnet, eingefügte Erläuterungen von Stefan Isensee in eckigen Klammern kursiv [Erläuterung].

Tagebuchauszüge

[Bearbeiten]
[1]
Montag, 3. Juni 1946.     

[...] [1]      Die neuen Sommergäste waren teilweise in der BuStu. Die Sache klappt natürlich nicht. Von den 90 Gästen, die erwartet wurden, sind nur 17 gekommen, aber man hofft, daß die übrigen nachkommen. Ein Maler aus [2] Schwerin sah meine ausgestellten Zeichnungen u. erkannte sofort, daß er andere Zeichnungen von mir auf der gegenwärtigen Wanderausstellung gesehen hatte, woraus zu schließen ist, daß jene Zeichnungen Eindruck gemacht haben müssen in der Masse der übrigen ausgestellten Sachen, sonst hätte er keinesfalls meine Handschrift wieder erkannt. Auch sonst scheinen meine Zeichnungen zu interessieren.

[2]
Donnerstag, 6. Juni 1946.     

[...] [2]      Später war Dr. Burgartz da u. teilte mit, daß in Ahr. eine sog. Ortsgruppe des Kulturbundes gegründet sei, für die er den Vorsitz übernommen habe. Er bat mich, in den Vorstand mit einzutreten, was ich zusagte. Er erzählte eine Unmenge von Dingen die ich nicht behalten habe. Jedenfalls soll am Pfingstmontag die erste Veranstaltung des Kulturbundes stattfinden, auf der B. sprechen wird. Ich habe ihm aber gleich gesagt, daß ich keine persönlichen Verpflichtungen übernehmen könne, da ich krank sei. Es ist zum Sommer, wenn, wie Dr.B. sagt, die wirklich Prominenten hier sein werden, eine Kunstausstellung geplant, auf der ich dann allerdings sehr stark herauskommen könnte. – Abwarten! – [...]

[3]
Freitag, 7. Juni 1946.     

[...] [3]      Abends besuchte uns Inge, Gretes Tochter. Sie hat furchtbar viel durchgemacht u. ist auch heute nur durch äußerste Anstrengung in der Lage, sich u. ihre Töchter durchzubringen. Sie ist für eine Woche hier aus Berlin. Es ist ja überaus bedauerlich, wie es ihr ergangen ist u. immer noch ergeht; aber als sie das letzte Mal hier war im Jahre 1944, da waren wir noch die armen Irren, die in aussichtsloser Verkalkung nicht in der Lage waren, die herrlichen Vorzüge des Nationalsozialismus zu begreifen u. den geliebten Führer zu würdigen. Inzwischen haben sich die Dinge eben geändert. [...]

[4]
Dienstag, 11. Juni 1946.     

[4]      Von dem Kulturbund-Abend, der gestern im Baltischen Hof stattfand, habe ich mich gedrückt. Fritz war da u. erzählt, das Dr. Burgartz sich bei seiner Ansprache ziemlich blamiert hat. Er ist kein Redner u. hat sich total verwirren lassen.

     Heute Vormittag am Interieur gemalt. [...]

[5]
Sonnabend, 15. Juni 1946.     

[...] [5]      Dr. Burgartz sagte mir neulich, daß er damit rechne, daß ich im Sommer, wenn die wirklich prominenten [6] Kulturbundleute hier sein würden, einen Vortrag über Kunst halten würde. Ich habe diese Tage dazu benützt, einen solchen Vortrag auszuarbeiten.

[7]
Freitag, 21. Juni 1946.     

[...] [7]      In der Zeitung steht, daß am 15. September in Mecklenburg-Vorpommern Gemeindewahlen stattfinden sollen. Ich bin noch mißtrauisch u. kann kaum glauben, daß die neue Einheits-Partei sich so ohne weiteres einer Wahl stellen wird Wahrscheinlich wird dann auch an mich die Frage herantreten, ob ich mich in die Gemeindevertretung wählen lassen soll. Ich denke, daß ich es tun werde, um [8] auf diesem Wege in die Verwaltung etwas mehr Schwung zu bringen, denn mein Nachfolger, Herr Schöter, schläft allmählich auf seinem Bürgermeisterstuhl ein. Er ist sonst durchaus einwandfrei, aber leider ohne jede Initiative. Infolge dessen herrscht im Ort eine Kartoffelnot, die fast zur Katastrophe wird. Jeder versucht, auf eigene Faust zu Kartoffeln zu kommen, wodurch die Schiebergeschäfte einen fabelhaften Auftrieb bekommen. Man hat Glück, wenn man alte, vorjährige Kartoffeln für 50,– Rm. pro Centner bekommen kann. Auch wir sind am Ende damit. Es wäre Pflicht des Bürgermeisters, die Sache in die Hand zu nehmen, wie ich es vor einem Jahr ja auch getan habe. Wie stolz war ich damals wenn es mir gelungen war, mit dem Lastwagen 60 Centner heranzuschleppen, – u. damals war es schon ein Kunststück, den Lastwagen überhaupt zu bekommen, weil der widerliche Kosaken-Hauptmann in Wustrow den Wagen dauernd für sich beanspruchte. – Wenn man daran zurückdenkt, dann sieht man doch, daß heute alles schon viel besser u. leichter ist.

     Infolge meiner besseren Gesundheit habe ich heute auch mein Bild sehr fördern können. Ich habe den ganzen Hintergrund durchgearbeitet u. die im Sofa sitzende Figur ebenfalls. Ich glaube, daß ich morgen die linke Seite mit dem zweiten Fenster fertig malen werde.

[8]
Sonntag, 23. Juni 1946.     

[...] [8]      Nach Tisch mit Martha Spaziergang zum Hohen Ufer, – seit sehr langer Zeit das erste Mal. [...]

[9] Wir gingen dann weiter zur Batterie, wo riesige Trümmern von Eisenbeton herumliegen, Reste von Geschützen. Scheinwerfern u. sonstigem Kriegsgerät. Diese Trümmer werden niemals beseitigt werden, weil es einfach unmöglich ist, sie werden noch späteren Generationen erzählen von den einstigen Befestigungsanlagen, die hier waren. Auch die übrigen dahinterliegenden Häuser sind völlig ausgeplündert, darunter auch das nie fertig gewordene Haus des üblen Malers Fischer-Uwe, der sich mit Hilfe des Gauleiters von Mecklenburg Hildebrandt im Kriege dort ein Haus bauen ließ. Die riesigen Betonbrocken der gesprengten Befestigungsanlagen sind weit in den Aeckern zerstreut. Das ehemalige Batteriegelände aber ist bereits sehr ordentlich als Acker bestellt.

     Wir gingen dann nach Althagen hinab. Die Baracken der Batterie sind größtenteils ebenfalls völlig zerstört, einige sind schon zusammengefallen. Der große Platz innerhalb des Lagers ist ebenfalls gärtnerisch bestellt, Flüchtlinge haben dort Garten-Parzellen erhalten. Die Baracken hätte man vorzüglich zur Unterbringung von Flüchtlingen verwenden können. [...]

[10]
Mittwoch, 26. Juni 46.     

[10]      Vormittags Rabarber mit Jauchewasser begossen u. sonst ein wenig im Garten getan. Es ist endlich wieder schönes Wetter. Nachmittags waren wieder einige Leute zur Besichtigung von Bildern da: ein älterer Herr mit weißem, kurzen Kinnbart, der von Beruf ursprünglich Forstmann war u. sich jetzt Bildhauer nennt, sodann eine Dame, die vielleicht seine Frau war. Ferner eine andere, sehr große, schlanke ältere Dame, die, wenn ich nicht irre, Weberin ist. Später kam noch der Maler u. Graphiker Heiling dazu u. schließlich noch Dr. Burgartz. [...]

[10] Die übrigen waren sehr verständig u. gingen gut auf die Bilder ein, sodaß ich in der Lage war, dazu etwas zu sagen.

     Die große, schlanke, ältere Dame war eine Frau Dodell u. ist die Enkelin des Malers Kallmorgen. Sie scheint ja ganz ungewöhnlich von meinen Bildern beeindruckt gewesen zu sein. Martha erzählt mir, daß sie nach dem Besuch bei mir noch bis zum Geschäftsschluß in der BuStu. gewesen sei u. immerfort nur begeistert von meinen Bildern gesprochen habe.

     Der Herr mit dem Kinnbart, dessen Namen niemand weiß, hat darum gebeten, mit mir einmal allein sich unterhalten zu dürfen.

     Dr. Burgartz, der ja von je her sehr für meine Bilder eingenommen ist, sprach davon, daß er im Herbst nach Berlin fahren wolle u. daß er bei dieser Gelegenheit gern versuchen wolle, mir die Möglichkeit einer geschlossenen Kollektiv-Ausstellung zu vermitteln. Es ist das sehr gut von ihm gemeint u. es würde durchaus meinen Wünschen entsprechen; aber Herr Dr. B. ist nicht der Mann dazu, der dergleichen fertig bringt.

[10]
Donnerstag, 27. Juni 1946.     

[...] [10]      Später war Frau Masurek aus Berlin da u. schenkte [11] mir eine Cigarette, wofür ich ihr als Gegenleistung meine letzten drei Bilder zeigte. Sie erzählte vom Leben in Berlin, woraus wieder einmal hervorgeht, daß es immer noch weiter abwärts geht. Die Leute verkaufen das, was sie an Werten noch besitzen u. gerettet haben, für teures Geld an Engländer u. Amerikaner, um sich auf dem Schwarzen Markt für noch teureres Geld Lebensmittel kaufen zu können. Frau M. selbst hatte früher ein Geschäft für Herren-Konfektion u. macht heute sogen. neue Sachen aus alten. Wenn dann diese neuen Sachen wieder alt geworden sein werden, wird es nichts mehr geben, ebenso wenn das Geld für die Werte auf dem Schwarzen Markt ausgegeben u. die Nahrungsmittel aufgezehrt sein werden. – Es sind das schreckliche Perspektiven.

     So nimmt es nicht Wunder, daß einige Kluge unter unseren Kulturbund-Gästen mit Plänen umgehen, sich hier bei uns anzusiedeln, weil sie das Beispiel von uns sehen, indem wir von einigen Leuten allerhand Gegenstände herstellen lassen: Schaukelpferde, Segelboote u. a. Spielsachen, Haarnetze, Hüte, Gürtel usw. Wir produzieren doch wenigstens u. das Geschäft sorgt für den Absatz. Es kann daraus durchaus etwas werden. Jedenfalls leben wir noch nicht vom Kapital, sondern geben noch anderen Verdienst. –

[11]
Freitag, 28. Juni 1946.     
Herz-Jesu-Fest.     

[...] [11]      Nachmittags kam Robert Schneider mit seiner Mutter, um meine Bilder zu sehen. Er brachte eine Flasche original Luxemburger Sekt mit, dazu eine kleine Schachtel mit zerschnittenen Cigarrenstummeln, die sich aus der Peife noch sehr gut rauchen lassen. Das Zeigen der Bilder ist ja immer eine etwas schwierige Sache, denn letzten Endes ist auch Robert Schneider ein Banause, aber gutmütig. Vor dem Christkönigs=Bilde verstummte er völlig. Es macht dieses Bild doch auf alle immer einen tiefen Eindruck. Sekt, Pfeife u. Bilder gaben dann doch einen guten Zusammenklang u. es war schließlich doch eine Freude. [...]

[12]      Es regnet wieder, aber es ist wenigstens warm.

     Den Vortrag, um den mich Dr. Burgartz gebeten hat, habe ich nun ebenfalls im Konzept fertig. Ich habe ihn ziemlich gründlich u. sorgfältig verfaßt u. ich könnte ihn nun jederzeit halten. Ob es wirklich dazu kommt, daß ich ihn halten werde, ist ja noch ungewiß, aber es war doch gut, mich einmal prinzipiell dazu zu stellen.Abends kam Frau Kuhrt u. berichtete von ihrer Berliner Reise. Sie hat sich dort ohne mein Wissen nach Ausstellungsmöglichkeiten für mich umgesehen. Der Veranstalter der Kunstausstellungen im Schöneberger Rathaus will sieben Bilder von mir dort ausstellen u. auch die Kunstausstellungen im Zeughaus stehen mir offen; aber beides interessiert mich nicht sehr. Dagegen war sie in der Kunsthandlung Rosen am Kurfürstendamm. Herr Rosen will prinzipiell gern eine Kollektiv-Ausstellung von mir machen, möchte aber vorher Fotos sehen, was natürlich sehr verständlich ist. Fritz wird nun demnächst einige Bilder photographieren. Diese Sache interessiert mich, ich denke, daß sie bis zum Herbst reif sein wird. [...]