Kurfürst Friedrich der Sieghafte von der Pfalz
Widmung.
In diesen neuen Zeiten blüht manch ein alter Stamm,
Geschmückt statt goldner Früchte mit Ehren wundersam,
Und jedes frische Zweiglein grünt wie ein neuer Ruhm,
Und aus der Krone schallet gar lauter Preis ringsum.
Dabei wird nicht ermatten das Volk und auch das Land.
Drum steigt man zu den Wurzeln tief in die Erd’ entlang,
Und gräbt aus dunkeln Schachten die Kraft und den Gesang.
Einst wuchs im Bayerlande ein Baum von seltner Art,
Zwei Ströme rauschten drunter, die Donau und der Rhein,
Zwei Völker saßen drunter in traulichem Verein.
Die Rheinpfalz hieß das Eine, das trug ein edles Reis,
Herr Friedrich war sein Name; ihn schmückte mancher Preis,
Die Sonne riß doch Keiner herab vom Firmament.
So viel auch Männer stritten mit Waffen aller Art,
Nie hat er Schmach gelitten; die Pfalz war treu bewahrt;
Sieghaft muß man ihn nennen bis an die fernste Zeit,
Auch zeugt’ er ein Geschlechte, stark bis zum jüngsten Glied,
Davon soll manche Kunde euch bringen dieses Lied’;
Wer nicht vom Besten singet, verliert die Kraft zum Sang,
In diesen neuen Zeiten thut noth ein alter Klang.
Die Feinde in der Pfalz.
1462.
Was schließt ihr feste Bünde zu einem kühnen Werk![1]
Viel Räthe stehn beisammen und sprechen manchen Rath, –
Was nützt der Rede Warnung, wenn man nicht scheut die That?
Von Würtemberg Herr Ulrich, von Baden auch der Graf,
Der Hirsch hat scharf Geweihe,[2] und wie nach frischem Quell,
So dürstet er, zu baden im Pfälzer Blute hell.
Du auf dem grünen Hügel, du Heidelberger Schloß!
Bald soll dein Weingelände zerstampfen unser Roß,[3]
Dann grüßest du wohl Andre, als Friedrich, mit dem Sieg!“
Herr Ulrich sprach hinwieder: „Das ist besondrer Brauch,
Daß Friedrich sieghaft heiße und Würtemberg nicht auch;
Der Pfälzer mag es büßen, wer geizt so mit dem Ruhm?
Ich mag nicht gern es hören, daß man alleine spricht
Vom Pfälzer nur in Ehren und von dem Schwaben nicht;
Mag sich’s sein kühner Vetter in Landshut wohl versehn,
Viel klüger ist’s, alleine den Waghals zu bestehn!“
Der sprach zum Grafen Ulrich: „Eu’r Hoffen, Herr, ist lahm!
Mich deucht, es geht auf Krücken, sobald’s die Pfalz betritt,
Indeß das Glück und Friedrich stets halten gleichen Schritt.
Ich sag’ dies unmaßgeblich; ’s ist eines Mann’s Gedanke,
Ich mein’, auf jene Hügel trat noch kein Schwabenroß,
Es hat gar feste Mauern das Heidelberger Schloß!“ –
Da sprach Graf Ulrich wieder: „Hans Rechberg, laß das seyn!
Wir ziehn in diesem Monde zu Heidelberg noch ein;
Dort in dem Schlosse sitzen im stolzen Rittersaal!“ –
Und es geschah im Sommer, da ritt mit Saus und Braus,
Von Stuttgart hochgemuthet der Graf, Herr Ulrich, aus;
Bei Pforzheim aber harrte, geborgen im Gebirg
So ging verstärkt nun weiter die seltne Pilgerfahrt,
Bis man vom hohen Markstein die reiche Pfalz gewahrt.
Das ist der Zaubergarten, worin mit stolzer Pracht
Der Himmel seinen Segen aufschüttet und bewacht.
Goldfrüchte rings verklären die Flur mit buntem Glanz,
Der Rhein zeigt hell im Spiegel des Landes Wonnebild,
Mit jungfräulichem Kosen umspielt die Luft es mild.
Graf Ulrich und der Bischof ersehn die reiche Zier,
Zu größrer Eile spornet die Habsucht noch ihr Roß,
Und Staubgewölke wirbeln sich dicht um ihren Troß.
So gehts im Sturmesfluge voran von Ort zu Ort,
Wer schirmt vor Rosseshufen der Saaten goldnen Hort?
Und haufenweise brechen sie Aeste aus dem Wald.
Und binden sie den Schweifen von ihren Rossen an,
So ward zerstampft, zermalmet die Saat auf ihrer Bahn;[5]
Mit Hagelwolken schmettern sie Alles vor sich hin
Der Bischof und die Grafen sind taub für jeden Fluch,
„O mög’ der Himmel strafen so höllischen Besuch!“
So ziehn die wilden Horden von Dorf zu Dorf durchs Land
Mit Sengen und mit Morden bis an des Rheines Strand.[6]
[504]
Die Schlacht bei Seckenheim.
(Den 29. Juni 1462.)
Viel Rittersleut’ in Waffen bewacht er scharf und treu;
Er hat von Gold die Mähnen, und Krallen gut zum Fang,
Es ist der Pfälzer Löwe! Noch wird der Pfalz nicht bang!
Ein andrer Löwe schreitet umher bei Jung und Alt,
Reich unterm goldnen Helme drängt sich das goldne Haar,
Die Kraft hat er vom Leuen, das Auge von dem Aar.
Es war im hohen Sommer, ein heißer Schnittertag,
Als zwischen Rhein und Neckar des Pfälzers Heerbann lag;
Der junge Pfälzer Kurfürst und sprach den Ritter an:
„O vielversuchter Ritter, Ihr tragt ein herrlich Schwert,
Das manchem stolzen Degen der Schatten viel bescheert;
Hört eines Manns Begehren, der gern umarmt den Ruhm,
Da spricht der alte Degen, Herr Wipprecht zubenannt;
„Kein Herz schlägt allerwegen so stolz im teutschen Land,
Als wie das meine, da ich von Euch dies Wort vernahm,
Nie flog aus meiner Scheide dies Schwert so wonnesam!“
„Heil mir, daß ich’s noch schaute, bevor mein Auge bricht!
So schlag’ ich Euch zum Ritter und setz’ mein Leben ein:
Wird man Sieghafte nennen, man nennt nur Euch allein!
Jetzt will ich freudig sterben, und bet’ aus voller Seel’:
Nach dieser letzten Ehre taugt nur mein Schwert allein
Zum letzten frohen Siege, fall’ ich, senkt’s mit mir ein!“ –[7]
Jetzt aber, wie ein Sturmwind sich durch zwei Wetter drängt,
Zerbricht der Kampf die Fesseln, in die er war gezwängt.
Ihr Hirschgeweihe zittert! – Der Leu scheut nicht den Stoß!
Das nennt man doch ein Treffen, weil viel getroffen wird:
Der Hirsch und mit der Heerde der rauhe Seelenhirt.
Um Gott! wer stürzt den Leuen dort in den dichtsten Kampf?
Herr Wipprecht sieht’s von ferne, und blutig spornt er’s Roß:
„Mein Seel! des Friedrichs Rappen traf eben das Geschoß![8]
Da stürzt sein edler Renner! schon sind die Feinde nah!
O Friedrich! wackrer Pfälzer! vertrau nur, ich bin da!“
Herr Wipprecht sinkt getroffen, und spricht: „Das leid’ ich gern!“[9]
Der Kurfürst aber schwingt sich rasch auf ein andres Pferd,
Getrennt zwar von den Seinen, doch siegreich blitzt sein Schwert.
Er streckt mit eignen Händen wohl Manchen in den Sand,
Nun bad’ im Blute Baden! Es ist dein eigens Blut!
Der Hirsch wirft sein Geweihe! Der Leu traf ihn zu gut!
Man fing viel edle Herren und Grafen auch dabei,
Von Würtemberg und Baden sind’s ihrer wackre zwei,[10]
„Ein seltnes Jagen!“ – ruft er – „Euch Füchse sucht’ ich lang!“
Da regt sich’s ihm zur Seite – es war ein sterbender Mann,
Der schaut mit freudigen Blicken den jungen Sieger an;
Herr Wipprecht war’s von Helmstätt: „Gott schütze meinen Herrn!
Denn ich schlug ihn zum Ritter, ich alter Degen, ja!
Man wird von Friedrich sprechen mit Ruhme fern und nah,
Mit mir soll man begraben dies Schwert, das stets ich trug,
Das war es ja, mit dem ich ihn heut zum Ritter schlug!“[11]
[507]
Das Mahl auf dem Heidelberger Schlosse.
Der Pfälzer Kurfürst Friedrich beim stolzen Siegesmahl;
Auch die gefangnen Grafen sie sitzen mit am Tisch,
Da setzt man, köstlich duftend, vor Beide Braten und Fisch.
Es schäumt in goldnen Kannen der goldne Rebentrank:
Sieg, sey mir treu vor allen, wie meine Pfalz so treu!
Wie meint ihr, gute Grafen, ob ich verlassen sey?“
Stumm blicken beide Grafen auf’s goldene Geschirr;
Gar üppig schmeckt der Braten. – „Was denkt ihr Herrn von mir?“ –
Ich hab’ euch eingeladen und sicher hergeführt.“ –
„Mit Nichten!“ – spricht Herr Ulrich – „Ihr haltet guten Tisch;
Gar würzig schmeckt der Braten, gar köstlich lockt der Fisch;
Nur Brod allein vermiss’ ich; das Brod würzt Speis’ und Trank …“
Und von dem Mahle geht er an’s offne Fenster hin,
Die Gäste folgen staunend; er spricht: „Seht den Gewinn!
Schaut hin auf alle Felder, die ihr zu früh gemäht;
Jetzt faßt euch selbst die Sichel, die ihren Herrn verräth!
Ei, werdet satt vom Segen, den euer Schwert verheert! –
Euch duften zwar andre Speisen, das Brot fehlt euch allein;
Doch Mancher seufzt und betet: wär’ nur ein Krümchen sein!
Ihr stolzen Herrn und Grafen! Was gilt Euch Volk und Land? –
Nicht blos an Brot und Saaten, nein, an des Volkes Mark!
Doch Gott im Himmel richtet und meine Faust ist stark.
Ihr Gäst’ an meiner Tafel, laßt euch nicht stören mehr!
Füllt an die goldnen Becher; der meine, seht! ist leer.
Das Volk hat Lieb’ und Treue, der Leu bewacht sein Haus!“
Die gefangenen Fürsten blieben an die ¾ Jahr in strengem Gewahrsam und wurden nur gegen ein bedeutendes Lösegeld frei gegeben. Fik. Artzt (Gesch. sr. Z. Cap. I) sagt hierüber:
[509] „Nachvolgends umb unser fraven tag lichtmeß A. D. 1463 da wart der bischof von Metz ausgeleidingt mit seiner ritterschaft wol umb 70,000 Gulden, als man sagt; und leidingt da furter sinen Bruder den markgraven aus der gefengniß, desglichen den von Wirtemberg mit aller irer ritterschaft, also: der markgrave von Baden solt geben 100,000 Gulden, und dafur solt er dem pfalzgraven ingeben die gravschaft von Spanheim zu Cruzenach mit seiner zugehörde, darzu Besickheim vor 25,000 und Veinheim vor 10,000 Gulden, auch sonst eine große Summa in barem gelt oder uf ziel. Und sollen alle obgenannten Herren mit iren dienern dem pfalzgraven ewiglich verbunden seyn. Doch so wart dem markgraven ufgesetzt ein gelt 30,000 Gulden, wer’ es, das er den pfalzgraven ausserm Banne schufe, dieweil er gar wol mit dem papst daran wer’. Doch wollt’ es der papst nit thun. Diese leiding als der markgrav aus kam, beschach nechst mittwoch vor Georgis (20. April) A. D. 1463. Darnach uf mitwoch nach sant Gorgentag (27. April) des itztgenannten jars kam der von Wirtemberg auch aus umb 100,000 Gulden und gab dem widdem (Witthum), den sin hausfrav hette von der Pfalz, wider, wan sie des jungen pfalzgraven Mutter was, darzu alle die cleinoter, die ir der pfalzgrave vormals geben hette, als man dazumal sagte.“
(Außer dieser und Gust. Schwab’s Bearbeitung[12] der Geschichte der Seckenheimer Schlacht hat sie auch Simrock in seinen Rheinsagen poetisch gefeiert.)
- ↑ [503] Anno praenotato dominicae incarnationis MCCCCLXII Carolus Marchio de Baden, Georgius Episcopus Metensis frater ejus, Johannes Nix Episcopus Spirensis et Udalricus Comes Wirtembergensis simul coadunati congregaverunt exercitum et contra Fridericum Comitem Palatinum procedentes, (quem putabant procul absentem) omnem terram ejus una cum oppido manisionis ejus Heidelberg in praedam sibi promiserunt. (Trithem. Chron. Sponh. ad a. 1462. pag. 375).
- ↑ [503] Der Hirsch im Würtemberger Wappen.
- ↑ [503] „Und hatten sich vermessen, Sy woulden die Wyngarden vur Heydelberg, dan des Pfalzgraven Wonunge is, affhauen und ym ander vill smaheit (Schmach) andoin (anthun.)“
(Chronika van der hilligen stadt Cölln. Fol. 314.)
- ↑ [503] Als in Stuttgart über diesen Feldzug berathen wurde, gerieth der verständige Hans von Rechberg zuletzt so in Eifer, daß er seinem Herrn, dem Grafen Ulrich, in’s Gesicht sagte: „Gnädiger Herr, Ir wöllent dem allermännlichsten und mächtigsten Fürsten, der in Teutschland [504] wohnt, in sein Land ziehen: Und Fürwar, so verden Ir Ja vor sehen, und mit Im fechten müssen, als wahr ich die Wand vor mir sehe, oder Ir muesset Im flüchtig entrinnen.“
- ↑ [504] Graf Ulrich von Würtemberg schrieb dieses aus dem Feldlager vor Heidelsheim (dat. d. 27. Juni) an Markgraf Albrecht von Brandenburg, und: „Daß er den 26. am Herabziehen vor Bretheim (Bretten) das Korn gewüstet, welches sie auch uf Dato (27. Juni) vor Heidelsheim, in steter Uebung und vorhabens seyen, den 28. fortzuziehen, und die Feind zu schedigen.“
(S. Steinhofer’s „Würtembergische Chronik“ Tom. III. p. 59. und Kremer’s „Gechichte Friedrichs“ d. S. Tom. I. pag. 292.)
- ↑ [504] Darnach umb sant Johans Baptisten Tag des obgenannten jars (1462) da hauft sich Markgrave Carle von Baden, grav Ulrich von Wirtemberg, der Bischof von Metzs, der Bischof von Speyer und ander jre guten Freund und Herren; machten ein wagenburg und hatten darin zu roß und Fuß bei 8000 mannen guts volks wol bereit mit aller zugehörung, und zogen naher Heidelberg zu. Und da sie kamen bei Sanct Leon, da liessen sie die wagenburg mit dem volk im Felt, und trabten die Herren, der markgrave von Baden, der von Wirtemberg und mit jnen der Bischof von Metzs; hetten bei die 700 Pferden, als man sagt, ritten zwuschen Heydelberg und Mannheim bei eine Dorf, heißt Seckenheim, und liessen die wagenburg und alles volk hinter ine me dan zwo meilen wegs; ritten also da mutwillen in hochmut.
„Diß wart der pfalzgrave gewar und het nach dem alten bischof von Maintz geschickt, daß er fürderlichen zu im kam, Der kam mit 500 pferden und uf 2000 oder me zu fuße. Das wißten die herren alles nit, vermeinten, der pfalzgrav hett nit über 500 pfert, also hett ine ihr botschaft gesagt.“(S. Fikhart’s Arztes Geschichte sr. Zeit, mitgetheilt in Mone’s Archiv. Bd. II. pag. 262 u. ff.) - ↑ [506] In Kremer’s Geschichte des Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz, T. I. pag. 299 finden sich in der Note 2 die Namen aller Derjenigen, welche bei dieser Gelegenheit zu Rittern geschlagen wurden.
- ↑ „Der Streit wurde hartnäckig und allgemein. Die Verzweiflung that bei dem Feind ihre natürliche Wirkung so stark, daß ein gewisser Geschichtschreiber versichert, daß unsre Reiterei sich beinahe nach der Flucht [507] umgesehen hätte, und daß dem Kurfürsten das Pferd unterm Leib erstochen worden, so daß er eine Zeitlang zu Fuß fechten müssen.“ (Kremer, Cap. I. p. 301).
- ↑ [507] … vnd Her Wiprecht von Helmstat Ritter, der den Pfalzgraffen Ritter hatte geslagen, wart off des Pfalzgraffen sitten erschlagen. (Altes Manuscript.)
- ↑ [507] „Und also gewan der pfalzgrave den krieg und fieng die obgenanten drei fursten mit 350 pferden oder me als man sagt; der markgrave von Baden wart gefangen mit 41 graven, herren, ritter und knechten, on arme knecht’; der von Wirtemberg wart gefangen mit 40 graven, herren, rittern und knechten, on arme knecht’; der bischof von Metzs wart gefangen mit 31 graven, herren, rittern und knechten, on arme knecht; und wurden uf 40 manne erstochen, unter denen waren drei graven, einer von Helfenstein in Schwaben, item ein herr von Prandis und rawgrave, das andere waren edel und arme knechte.“
(Fik. Artzt’s Gesch. s. Zeit. Erstes Kap.)
- ↑ [507] Zum Gedächtniß dieses Sieges ließ Friedrich auf der Wahlstatt ein steinernes Crucifix errichten mit der Inschrift:
„Als man zalte nach gottes Geburte MCCCCLXII jar vff sant Paulus Gedechtnuß Tag sint uff dieser Wallstatt durch Herzog Friederich Pfalzgrave by Ryne etc. vnd Kurfürsten nyder geworffen worden Her Jörg Bischoff zu Metz, Markgrave Karle, von Baden vnd Graue Vlrich von Wirtemberg mit eyner merglichen Zahle Ir Diener, Grafen, Ritter vnd Knecht; und derselben die in solichem Gescheffte tod bliben sind wolle Gott barmherzig sin vnd vff denselben Tag sint viel zu Ritter geschlagen.“(Obige Noten sind aus F. Baaders „Sagen der Pfalz etc.“ gezogen.) - ↑ Wir würden es uns als Vergehen anrechnen, wenn wir diese treffliche Romanze hier nicht einschalteten.