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Landgericht München I - Datenbankschutz für topografische Landkarten

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Titel: Datenbankschutz für topographische Landkarten
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Entstehungsdatum: 2005
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Quelle: E-Text bei RA Dr. Wulf, Hamburg (Quelle nicht mehr abrufbar)
Kurzbeschreibung: Urteil zum Datenbankschutz für topographische Landkarten
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Landgericht München, Urteil vom 9. November 2005, Az. 21 O 7402/02, zum Datenbankschutz für topographische Landkarten

Aktenzeichen: 21 O 7402/02

Verkündet am 9. November 2005


URTEIL


Sachverhalt:

Die Parteien streiten um Umfang und Zulässigkeit der Verwendung von topografischen Karten des Kl. zur Herstellung von touristischen Karten durch die Bekl. Der Kl. erstellte im Rahmen seiner hoheitlichen Aufgaben über das vom ihm betriebene Landesvermessungsamt u.a. seit Jahrzehnten ein seine gesamte Staatsfläche abdeckendes Kartenwerk im Maßstab 1:25000. Diese so genannten topografischen Landeskarten bestehen aus insgesamt 546 Einzelblättern, die vom Kl. veröffentlicht und über den Fachhandel wirtschaftlich verwertet werden. Alle Einzelblätter des topografischen Kartenwerks wurden vom Kl. bereits vor dem Jahr 1983 in ihrer Grundfassung erstellt und werden von ihm in unregelmäßigen Abständen aktualisiert und in neuer Auflage veröffentlicht. Dabei geht der Kl. von Luftbildern aus, die er im Turnus von etwa fünf Jahren flächendeckend für sein Staatsgebiet herstellen lässt. Diese werden maßstabsgetreu auf die Karte entzerrt. Die solcher Art gewonnenen so genannten „Orthofotos“ werden über die topografische Karte Maßstab 1:25000 des betreffenden Gebiets (im Folgenden abgekürzt: „TK 25“) gelegt und verglichen, wieweit sich die Landschaft auf dem Luftbild gegenüber der älteren Darstellung auf der Karte verändert hat. Der gesamte Inhalt der Karte wird visuell überprüft. Neu hinzugekommen, weggefallene oder veränderte Objekte werden markiert und - soweit dies im Zuge der kartografischen Arbeit des „Generalisierens“ angezeigt erscheint - in die Karte übertragen. Dabei ist es erforderlich, insbesondere diejenigen Informationen der Karte, die nicht im Luftbild sichtbar sind, etwa durch Bäume verdeckte Wege oder Gewässergrenzen, durch Feldarbeit im Gelände zu überprüfen. Die bei der Übertragung von Objekten des Geländes in die Karte durch den Kartografen vorzunehmende Generalisierung umfasst die Arbeitsschritte Vereinfachen, Vergrößern (vor allem Verbreitern), Verdrängen (als Folge von Vergrößern), Zusammenfassen, Auswählen (z.B. Fortlassen), Typisieren bzw. Klassifizieren und Bewerten bzw. Betonen. Der Kl. bedient sich bei der Darstellung der in diesem Arbeitsverfahren ausgewählten Objekte eines in einem Musterblatt niedergelegten Objektsystems, welches mehr als 150 Datenkategorien definiert. Diese gliedern sich grob in die folgenden, dann jeweils noch im Detail aufgegliederten Kategorien: Grenzen, Siedlungen, Verkehr (Bahnen), Verkehr (Straße und Wege), Vegetation, Gewässer, Relief und topografische Objekte. Die Bekl. zu 1 ist ein kartografischer Verlag, der Bekl. zu 2 Kartograf und Inhaber eines Studios für Landkartentechnik. Im Rahmen eines vom europäischen Fonds für regionale Entwicklung geförderten Projekts erstellten die Bekl. in Kooperation mit dem Tourismusverband O.e.V., in dem sich zahlreiche Landkreise zusammengeschlossen haben, eine Reihe von touristischen Karten im Maßstab ab 1:50000. Diese enthalten neben den speziellen Informationen über Tourismusangebote eine Vielzahl topografischer Darstellungen, insbesondere Verkehrswegenetz, Gewässer, Bodenrelief, Siedlungsflächen, Bodenpunkte und Angaben zu topografischen Einzelobjekten. Bei der Herstellung der Karten lagen den Bekl. auch die für das jeweilige Gebiet vom Kl. herausgegebenen TK 25 vor. Sie wurden von den Bekl. auch im Rahmen ihrer kartografischen Arbeit bei der Neuerstellung der streitgegenständlichen Karten verwendet; der Umfang dieser Verwendung ist zwischen den Parteien jedoch streitig.

Im Rahmen der Herstellung der „offiziellen Radwanderkarte des Landkreises R“ benutzten die Bekl. die zahlreichen Kartenblätter des Kl. Der Kl. behauptet, die Bekl. hätten einen Großteil der Darstellungen ihrer Karten aus den TK 25 des Kl. übernommen, hierbei das Verkehrswegenetz (Straßen/Wege und Bahnen) zu etwa 98%, die Gewässerdarstellungen zu nahezu 100%, die Vegetationsgrenzen zu nahezu 100%, sämtliche Namensangaben (für Gewässer, Wegnamen, Flurnamen, Bergnamen, Gebietsnamen und Namen geografischer Auffälligkeiten) zu nahezu 100%; dabei seien vereinzelt sogar Schreibfehler übernommen worden. Schließlich seien auch in großem Umfang die Höheneintragung (Bodenpunkte) an markanten Punkten wie Wegkreuzungen und Kirchen übernommen worden. Die Bekl. hätten dabei nicht etwa nur ihre selbst geschaffenen Arbeitsergebnisse mit den Eintragungen in den jeweiligen TK 25 verglichen, sondern vielmehr umgekehrt deren komplette Grundstruktur übernommen und hierauf aufbauend ihre eigenen Karten erstellt.

Der Kl. behauptet, jede TK 25 würde etwa im Abstand von fünf Jahren aktualisiert werden. Sämtliche Kartenblätter der TK 25 seien im Zeitraum von fünfzehn Jahren vor Klageerhebung in aktualisierter Auflage erschienen. Für die Aktualisierung sämtlicher Karten sei ein Aufwand von 27,3 Mio. Euro erforderlich, den der Kl. aus einem durchschnittlichen Aufwand von 50000 Euro pro Kartenblatt bei 546 existierenden Blättern errechnet. Bei einer Aktualisierung im Fünf-Jahres-Rhythmus würden somit innerhalb von fünfzehn Jahren mehr als 80 Mio. Euro Aufwand für die Erhaltung der Aktualität der Karten anfallen. Exemplarisch seien bei den TK 25 Nr. … und TK 25 Nr. … anlässlich der letzten Aktualisierung 735 bzw. 587 Veränderungen tatsächlich vorgenommen worden. Ein großer Teil des Aufwands entfalle jedoch auch auf die Überprüfung der Vielzahl von Objekten, die schließlich als weiterhin aktuell beibehalten werden können.

Der Kl. stützt seine Ansprüche vorrangig auf Datenbankschutz bzw. ergänzenden Leistungsschutz gemäß UWG, hilfsweise auf Verletzung des bayerischen Vermessungs- und Katastergesetzes i.V. mit § 823 II BGB, weiter hilfsweise auf urheberrechtlichen Werkschutz gem. §§ 2 I Nr. 7, 4, 97 I UrhG.

Nachdem er zunächst in der Klage insgesamt acht von den Bekl. erstellte und veröffentliche Radwander- und Wanderkarten angegriffen hat, nahm er in der Verhandlung vom 27. 7. 2005 die Klage hinsichtlich der ursprünglichen Ziff. 7 (offizielle Radwanderkarte des Landkreises F.) zurück und stimmte einer Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich der Ziff. 1 bis 4, 6 und 8 (Radwanderkarten C.: West, C.: Ost, S.: Süd, S.: Nord und D.: sowie Wanderkarte C.) zu. Das abgetrennte Verfahren ruht.

Die Kammer hat die Parteien im Termin darauf hingewiesen, dass nach nunmehr gebildeter Überzeugung Datenbankschutz auch für jedes einzelne Kartenblatt einer topografischen Karte beansprucht werden kann und aufwändige Überprüfungen zur Aktualisierung - unabhängig von der Frage, wie viele Einzeländerungen hieraus dann tatsächlich resultieren - einen Investitionsaufwand darstellen können, der den Schutz für eine neue Datenbank i.S. von § 87a I Nr. 2 rechtfertigt.

Die Klage hatte Erfolg.


Aus den Gründen


I. Der Kl. kann gem. § 87b I i.V. mit § 97 I UrhG von den Bekl. Unterlassung der Nutzung der streitgegenständlichen Radwanderkarte des Landkreises R verlangen, da die Bekl. wesentliche Teile der fünfzehn im Tatbestand näher bezeichneten Kartenblätter TK 25 des Kl. vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben haben (s. nachfolgend 3), wobei jedes Kartenblatt als Datenbank i.S. von § 87a I 1 UrhG schutzfähig ist (s. nachfolgend 1) und die Schutzdauer gem. § 87d im Hinblick auf die vorgenommenen Aktualisierungen gem. § 87a I 2 noch nicht abgelaufen ist (s. nachfolgend 2).

1. Jedes Kartenblatt der topografischen Karten des Kl. stellt für sich genommen eine Datenbank i.S. von § 87a I 1 UrhG dar.

a) Es handelt sich bei jeder TK 25 um die Sammlung einer Vielzahl von Einzeldaten zur Beschaffenheit der Erdoberfläche im jeweiligen Kartengebiet. Dargestellt sind etwa Lage und Ausdehnung von Siedlungsflächen, von Verkehrsflächen, von Gewässern, Vegetationszonen, politischen Grenzen, naturschutzrechtlich bedeutsamen Zonen, das Bodenprofil und Höhenangaben zu einzelnen Bodenpunkten, Gemeinde-, Flur-, Berg- und Gewässernamen und eine Fülle von Hinweisen zu Einzelobjekten wie Kirchendenkmälern, Bergwerken, Schornsteinen, Wegkreuzen, Einzelbäumen etc. Dass auch Datensammlungen in analoger, insbesondere gedruckter Form Datenbankschutz genießen können (vgl. schon Erwägungsgrund 14 der „Datenbankrichtlinie“, Richtlinie 96/9/EG vom 11. 3. 1996) wird spätestens seit BGHZ 141, 329 = GRUR 1999, 923 - Tele-Info-CD nicht mehr bestritten und wurde nunmehr durch den EuGH in seiner Entscheidung vom 9. 11. 2004 (GRUR 2005, 254 - Fixtures-Fußballspielpläne II) ausdrücklich bestätigt.

b) Die Daten sind in der Landkarte systematisch angeordnet. Die Systematik bezieht sich dabei zum einen auf die Art der Anordnung, zum anderen die Art der Darstellung der Einzelobjekte.

Angeordnet wurden sämtliche Objekte im Verhältnis ihrer Lage zum deutschen geografischen Einheitsnetz. Bei diesen handelt es sich um eine Hilfskonstruktion zur absoluten Bestimmung der Lage eines Einzelpunkts auf der dreidimensionalen Erdoberfläche durch Projektion und Entzerrung auf ein zweidimensionales und damit in Papierform darstellbares Gitternetz. Die Darstellung der Karte bedient sich einer derartigen zweidimensionalen Visualisierung. Diese Art der Darstellung erscheint nur auf den ersten Blick zwingend. Ebenso gut denkbar wäre etwa eine eindimensionale Wiedergabe sämtlicher Angaben zu einem nach seinen Koordinaten (auf dem deutschen geografischen Einheitsnetz oder dem ebenso in der Karte dargestellten Gauss-Krüger-Gitter) bestimmten Punkt der Erdoberfläche in tabellarischer Form.

Die in den Karten wiedergegebenen Einzeldaten sind jedoch nicht nur von ihrer Anordnung her, sondern auch von der Art ihrer Darstellung bis ins Einzelne systematisch angeordnet. So erfolgen sämtliche Darstellungen der Einzelobjekte nicht primär nach deren wahrer Größe, wie sie sich etwa bei einem Blick aus großer Höhe darstellen würde, sondern einer typisierten, in der Legende im Einzelnen festgehaltenen Kategorisierung. Aus dieser lassen sich über die Lage des Objektes relativ zu einem Punkt auf der Erdoberfläche hinaus eine Vielzahl weiter Informationen zu diesem Objekt entnehmen, etwa bei den Verkehrswegen die Art ihres Ausbaus, ihrer Oberflächengestaltung und ihre verkehrstechnische Bedeutung, bei den Grenzen die Art des abgegrenzten politischen oder naturschutzrechtlichen Gebiets, bei den Gewässern die Beschaffenheit der Uferzone und bei den Einzelobjekten so detaillierte Angaben wie die Frage, ob ein Bergwerkschacht betrieben oder verlassen ist, oder ob ein Friedhof für Christen oder Nichtchristen angelegt wurde.

c) Bei allen in die Karte aufgenommenen Darstellungen handelt es sich auch um unabhängige Elemente im Sinne der jüngsten Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2005, 254 - Fixtures-Fußballspielpläne II).

Alle in die Karte aufgenommenen Einzelinformationen sind ohne weiteres einzeln zugänglich, indem der Betrachter den Focus auf einen bestimmten Punkt der dargestellten Erdoberfläche lenkt und die Angaben zur Oberflächenbeschaffenheit an diesem Punkt aus der Karte abliest. Er kann in Bezug auf diesen Einzelinformationen, etwa die Höhenangabe oder die Art der Vegetation an einem bestimmten Bodenpunkt oder - wenn es sich um den Teil einer Verkehrsfläche handelt - deren Oberflächengestaltung ablesen; der Betrachter kann der Karte darüber hinaus Angaben zu flächigen Gebilden über eine Vielzahl von Einzelpunkten, etwa zu der Ausdehnung einer bestimmten Vegetationszone, der Erstreckung einer Verkehrsfläche oder eines Gewässers entnehmen.

Diese Daten haben dabei - entgegen der Ansicht der Bekl. - auch jede für sich genommen oder in unterschiedlichen Einzelkombinationen isolierten Informationswert (vgl. EuGH, GRUR 2005, 254 [255 unter III 3f.]). Anders als bei der willkürlichen Aufteilung einer als einheitliches Werk geschaffenen Musikkomposition in Einzeltöne und Klänge oder eines Sprachwerks in Einzelworte, die nach Erwägungsgrund 17 der „Datenbankrichtlinie“ (Richtlinie 96/9/EG vom 11. 3. 1996) nicht geeignet sein würde, die Datenbankeigenschaft des Musikstücks oder Sprachwerks zu begründen, handelt es sich bei den Angaben in einer topografischen Karte um Elemente, die nicht nur auf optischem Weg einzeln zugänglich sind, sondern auch einzeln einen für den Nutzer verwertbaren Informationsgehalt haben. Dieser Informationsgehalt wird vom Nutzer auch bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Karte selektiv abgerufen. Aus diesem Grunde erscheinen die von Hertin in dem für das vorliegende Verfahren erstellten Gutachten vom 23. 9. 2003, veröffentlicht auch in GRUR 2004, 647, aufgestellten Grundsätze (GRUR 2004, 647 [648]) in der Anwendung auf den speziellen Fall überzogen. Zwar ist es richtig, wenn Hertin mit Verweis auf Leistner (Der Rechtsschutz von Datenbanken im deutschen und europäischen Recht, 2000, S. 49), Haberstrumpf (GRUR 2003, 14 [18]) und andere fordert, dass die Einzelelemente für sich betrachtet gesondert verwertbar sein bzw. einen eigenständigen, in sich geschlossenen Gehalt besitzen müssen. Unzutreffend ist allerdings die Schlussfolgerung, dies sei bei den in die TK 25 aufgenommenen Elementen nicht der Fall. Hertin folgert dies vor allem aus der gegenüber herkömmlichen Beispielen von Datenbanken unterschiedlichen Darstellungsweise. Aus dem Merkmal der Unabhängigkeit und einzelnen Zugänglichkeit kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass nur Datensammlungen in der gängigen Listenform Schutz genießen können. Bei der gewählten kartografischen Darstellung handelt es sich um eine zweidimensionale, schematisierte grafische Veranschaulichung einer dreidimensionalen Wirklichkeit. Die dabei verwendete Systematik (hierzu oben b) ist schon hinsichtlich der Anordnung der Objekte nach geografischer Lage nicht weniger trivial als die bei Listen übliche alphabetische, numerische oder chronologische Anordnung; hinsichtlich der Klassifizierung der Kartenelemente ist die Systematik des gewählten Darstellungssystems weit komplexer als die der meisten analogen und vieler digitaler Datensammlungen, die bereits als Datenbank anerkannt wurden (vgl. die Aufzählung bei Hertin, GRUR 2004, 647 [649]).

Der EuGH hat daher in seiner jüngsten Entscheidungsserie vom 9. 11. 2004 klargestellt, dass Sammlungen von Werken, Daten oder anderen Elementen dann als Datenbanken im Sinne der Richtlinie anzusehen sind, wenn die einzelnen Elemente sich voneinander trennen lassen, ohne dass der Wert ihres Inhalts dadurch beeinträchtigt wird und sie eine Methode oder ein System beliebiger Art enthalten, mit der bzw. dem sich jedes der Elemente der Sammlung wieder auffinden lässt (GRUR 2005, 254 - Fixtures-Fußballspielpläne II).

Diese Unabhängigkeit der in die Karte aufgenommenen Einzelelemente zeigt sich nicht nur durch die Art der Entstehung der Karte, die in ihrer für den Betrachter gewohnten Form erst aus einer Zusammenstellung der separat nach Elementgruppen abgelegten, digital im so genannten „ATKIS“-Landschaftsmodell gespeicherten Einzelobjekte entsteht. Sie zeigt sich vielmehr vor allem bei der Art der konkreten Nutzung. Je nach Aufgabe, die der Nutzer mit Hilfe der topografischen Karte lösen will, sind für ihn nur bestimmte dargestellte Informationen von Bedeutung, andere dagegen völlig unerheblich. So kann für den Fahrer eines Lastwagens auf einer Nebenstraße allein von Bedeutung sein, ob der Wegausbau auch im weiteren Verlauf der Straße eine Nutzung mit dem Lastwagen zulässt. Für einen Hubschrauberpiloten, der sich mittels GPS im Nebel orientiert, kann allein die Frage von Bedeutung sein, ob an der für die Landung vorgesehene Stelle die Vegetation aus Wald oder aus Wiese besteht. Für einen Autofahrer kann allein die Länge einer bestimmten Straße wichtig sein, während für den Betreiber einer Treibjagd im benachbarten Wald die Kenntnis von deren genauer Lage von Bedeutung ist.

Somit ergibt sich zwar das bekannte Bild einer topografischen Karte erst mit der Darstellung sämtlicher üblicherweise erwarteten Einzelobjekte. Für die Nutzung und damit die einzelne Zugänglichkeit der enthaltenen Informationen kommt es aber nie auf die Darstellung sämtlicher Elemente in ihrer Gesamtheit an, sondern auf die Information, die relativ zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche nach dem oben beschriebenen Koordinatensystem abgelesen werden kann. Je nach Art der Nutzung genügt eine Einzelinformation zu einem bestimmten Punkt oder eine Kombination der Informationen zu verschiedenen benachbarten oder weiter entfernt liegenden Punkten. Die Möglichkeit, die Einzelinformationen auch in Kombination zu nutzen, schließt jedoch deren einzelne Zugänglichkeit nicht aus, sondern ist nur deren Folge.

Dass eine topografische Karte nicht etwa ein feststehendes und nur in seiner Gesamtheit nutzbares Werk ist, sondern eine willkürliche Anordnung separat nutzbarer Einzelinformationen, zeigt auch die Tatsache, dass zum selben Stück Erdoberfläche eine Vielzahl unterschiedlichster kartografischer Darstellungen existieren und in der Praxis genutzt werden, etwa rein politische, vorrangig dem Straßenverkehr gewidmete, wirtschafts- oder kulturgeografische, geologische oder meteorologische Karten. Zwar werden bestimmte Landmarken hierbei häufig zur Orientierung des Nutzers verwendet werden, insbesondere das Gewässer- oder Straßenverkehrsnetz und die Bezeichnung einzelner Orte. Dass viele Karten hier jedoch mit einer starken Reduktion auf wenige wesentliche Punkte auskommen, ohne ihren Informationsgehalt für den konkret angestrebten Zweck zu verlieren, zeigt, dass die Nutzbarkeit der streitgegenständlichen Karten keinesfalls erst dann gegeben ist, wenn diese in der Zusammenschau sämtlicher dargestellter Elemente betrachtet werden. Nicht zuletzt finden sich auch unter topografischen Karten verschiedener Anbieter zum selben Gebiet deutliche Unterschiede, je nachdem, auf welchen speziellen Nutzerkreis die Karten zugeschnitten sind.

d) Jede einzelne TK 25 stellt für sich genommen eine analoge Datenbank dar. Der Datenbankschutz gem. § 87a ff. UrhG bezieht sich daher nicht, wie von der Kammer im vorausgegangenen Verfügungsverfahren (Urt. v. 11. 10. 2000 - 21 O 14294/00) noch als möglich erachtet, nur auf die Gesamtheit des aus 546 Einzelblättern bestehenden Kartenwerkes des Kl. für sein Staatsgebiet. Geschützt als Datenbank ist vielmehr auch jede Einzelkarte.

Denn jedes Kartenblatt stellt eine für seinen geografischen Bereich eigenständige und auch eigenständig nutzbare Datensammlung dar. Die Beschaffung, Überprüfung und Darstellung der wiedergegebenen Informationen erfordern nicht nur in der Gesamtheit aller Karten, sondern für jedes einzelne Blatt mit seinen Tausenden Einzelinformationen eine nach Art und Umgang wesentliche Investition. Dies ergibt sich bereits aus der unbestritten gebliebenen Darstellung der zur Erstellung einer Karte notwendigen einzelnen Arbeitsschritte. Auf die Klärung der umstrittenen Frage, welche exakten Investitionen der Kl. pro Kartenblatt für die Ersterstellung und die jeweiligen Aktualisierungen getroffen hat, kam es daher nicht mehr an; denn angesichts der Komplexität der einzelnen erforderlichen Arbeitsschritte ist offensichtlich, dass diese nur mit ganz erheblichem personellen und finanziellen Aufwand abgearbeitet werden können. Eine wesentliche Investition liegt daher sicher vor, ohne dass es auf deren konkrete betragsmäßige Bezifferung ankäme.

2. Die betroffenen, im Tatbestand im Einzelnen bezeichneten Kartenblätter des Kl. genießen noch Schutz; die Schutzdauer des § 87b UrhG ist noch nicht abgelaufen.

a) Zwar wurden sämtliche TK 25 des Kl. vor dem Jahr 1983 geschaffen, so dass auf die Erstausgaben der Karten die §§ 87a ff. UrhG noch nicht anwendbar sind; für Karten, die vor dem 22. 4. 1987, also fünfzehn Jahre vor Klageerhebung letztmals erschienen sind, wäre auch die fünfzehnjährige Maximalschutzdauer gem. § 87d UrhG abgelaufen.

b) Nach Überzeugung der Kammer kommt es darauf jedoch nicht an, da sämtliche Karten und Blätter, aus denen Übernahmen geltend gemacht werden, nach dem Jahr 1987 überarbeitet und in neuer Auflage herausgebracht wurden, wie sich aus den Veröffentlichungsdaten auf den Kartenblättern K22-K36 (z.B. „Ausgabe 1994“) ergibt.

Unstreitig ist, dass allein die Überprüfung der in die Karte aufgenommenen Einzeldaten auf noch gegebene Aktualität, wie sie vor jeder Neuauflage erfolgt, mit ganz erheblichem Arbeitsaufwand, wie er im Tatbestand dargestellt wurde, verbunden ist. Auf eine exakte Feststellung, welche Kosten für diese Arbeiten pro überarbeiteten Datenblatt tatsächlich entfallen, kam es nach Auffassung der Kammer nicht mehr an, da auf Grund des offensichtlichen Arbeitsaufwands, der mit einer Überprüfung der Karte an Hand der jeweils aktuell gefertigten Luftbilder und mit einer Nachkontrolle einzelner Objekte im Gelände verbunden ist, offensichtlich ist, dass zur Herausgabe einer aktualisierten Ausgabe der Karten wesentliche Investitionen i.S. von § 87a UrhG getätigt werden müssen und vom Kl. bei den streitgegenständlichen Neuauflagen jeweils getätigt wurden.

Diese Investitionen beziehen sich auf die Auswertung, Selektierung sowie Darstellung der in der Natur vorgefundenen Gegebenheiten für die Aufnahme in die Karte bzw. für den Verbleib in dieser und damit gerade auf diejenigen Investitionen, die der EuGH in seiner jüngsten Entscheidungsserie vom 9. 11. 2004 als relevant bezeichnet hat (GRUR 2005, 245 - BHB-Pferdewetten; GRUR 2005, 252 - Fixtures-Fußballspielpläne I, und GRUR 2005, 254 - Fixtures-Fußballspielpläne II): „Der Begriff der mit der Beschaffung des Inhalts einer Datenbank verbundenen Information i.S. von Art. 7 I der Richtlinie … ist dahin zu verstehen, dass er die Mittel bezeichnet, die der Ermittlung von vorhandenen Elementen und deren Zusammenstellung in dieser Datenbank gewidmet werden. Er umfasst nicht die Mittel, die eingesetzt werden, um die Elemente zu erzeugen, aus denen der Inhalt einer Datenbank besteht“ (GRUR 2005, 245 - BHB-Pferdewetten). Umfasst werden sollen dagegen gerade auch Investitionen für die Darstellung, wie sich aus den Ausführungen in „Fixtures-Fußballspielpläne I“ (GRUR 2005, 252 [254]) entnehmen lässt: „Daraus folgt, dass weder für die Beschaffung, noch für die Überprüfung, noch für die Darstellung des Inhalts eines Spielplans von Fußballbegegnungen eine wesentliche Investition erforderlich ist“. Wären im konkreten Fall für die Darstellung wesentliche Investitionen zu tätigen gewesen, hätte der EuGH diese offenbar für relevant angesehen. Dies geht auch aus der Entscheidung „Fixtures-Fußballspielpläne II“ (GRUR 2005, 254 [256]) hervor: „Der Begriff der mit der Darstellung des Inhalts der Datenbank verbundenen Investition bezieht sich seinerseits auf die Mittel, mit denen dieser Datenbank ihre Funktion der Informationsverarbeitung verliehen werden soll, das heißt die Mittel, die der systematischen oder methodischen Anordnung der in der Datenbank enthaltenen Elemente und der Organisation der individuellen Zugänglichkeit dieser Elemente gewidmet werden“.

Speziell zum Aufwand für Überprüfungen führt der EuGH in dieser Entscheidung aus: „Der Begriff der mit der Überprüfung des Inhalts der Datenbank verbundenen Investition ist dahin zu verstehen, dass er die Mittel erfasst, die, um die Verlässlichkeit der in der Datenbank enthaltenen Information sicherzustellen, der Kontrolle der Richtigkeit der ermittelten Elemente bei der Erstellung der Datenbank und während des Zeitraums des Betriebs dieser Datenbank gewidmet werden“.

c) Jede Neuauflage eines Kartenblattes stellt daher eine neue Datenbank i.S. von § 87a I 2 UrhG dar. Nach Auffassung der Kammer kam es auf eine Klärung der Frage, wie viele Änderungen pro Kartenblatt letztendlich durchgeführt wurden, nicht mehr an. Die vom Kl. genannten Zahlen von mehreren 100 Änderungen pro Kartenblatt erscheinen ohne weiteres plausibel. Auf den genauen Umfang der durchgeführten Änderungen kam es jedoch nicht an, da auf Grund der Natur der §§ 87a ff. UrhG als Investitionsschutz auch die Investitionen, die dafür notwendig sind, die Karten auf dem neuesten Stand zu halten, schützenswert sind; bei der Beurteilung, ob eine neue Datenbank vorliegt, sind somit nicht nur die tatsächlich vorgenommenen mehreren hundert Änderungen zu berücksichtigen, sondern auch die vielen tausend Objekte, die nach Überprüfung als noch auf aktuellem Stand befindlich qualifiziert und daher unverändert in die neue Karte übernommen wurden, vgl. für diese Auslegung von § 87a I 2 UrhG auch Schricker/Vogel, § 87a Rdnr. 27 UrhG, und Schulze/Dreier, § 87a Rdnr. 17 UrhG. Zur Frage der Auswirkungen dieser Auffassung auf den Schutzumfang (s. im Folgenden noch unter 3c).

3. Die Bekl. haben die Rechte des Kl. aus § 87b I 1 verletzt, da sie wesentliche Teile aus Kartenblättern des Kl. unverändert oder mit nur geringen Änderungen in die vom Bekl. zu 2 erstellte und von der Bekl. zu 1 verlegte „offizielle Radwanderkarte des Landkreises R.“ im Maßstab 1:50000 übernommen haben.

a) Auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Bekl. bei der Erstellung ihrer „offiziellen Radwanderkarte des Landkreises R.“, Fließgewässer und stehende Gewässer, Verkehrsnetz, Waldgrenzen und Bodenpunkte aus den Darstellungen der jeweils für die betroffenen Gebiete korrespondierenden TK 25 des Kl. übernommen hat. (Wird ausgeführt.)

b) Die Übernahmen der Objekte stellen sowohl nach Art als auch nach Umfang einen wesentlichen Teil der jeweils betroffenen TK 25 dar. Der EuGH hat insoweit entschieden (GRUR 2005, 245 - BHB Pferdewetten): „Der Begriff in quantitativer Hinsicht wesentlicher Teil des Inhalts einer Datenbank i.S. von Art. 7 der Richtlinie bezieht sich auf das entnommene und/oder weiterverwendete Datenvolumen der Datenbank und ist nach dem Verhältnis zum Gesamtvolumen des Inhalts der Datenbank zu beurteilen. Der Begriff in qualitativer Hinsicht wesentlicher Teil des Inhalts einer Datenbank bezieht sich auf den Umfang der mit der Beschaffung, der Überprüfung oder der Darstellung des Inhalts des Gegenstands der Entnahme- und/oder Weiterverwendungshandlung verbundenen Investition unabhängig davon, ob dieser Gegenstand einen quantitativ wesentlichen Teil des allgemeinen Inhalts der geschützten Datenbank darstellt. Unter den Begriff unwesentlicher Teil des Inhalts einer Datenbank fällt jeder Teil, der dem Begriff wesentlicher Teil sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht nicht entspricht“.

Insbesondere Gewässer und Verkehrsnetz stellen für den Aufbau einer Karte das „Rückgrat“ dar, um das herum die anderen Objekte gruppiert werden. Sie sind daher ohne Fragen in qualitativer Hinsicht wesentliche Elemente einer Karte. Sie sind es überdies auch vom Umfang her, da sie auch in quantitativer Hinsicht einen erheblichen Teil der Gesamtdarstellungen ausmachen. Letzteres gilt auch für die Vegetationsgrenzen und in eingeschränkterem Maße auch für die übernommenen Bodenpunkte. Jedenfalls stellen die übernommenen Objekte zusammengenommen ohne Frage wesentliche Teile der verwendeten TK 25 dar.

c) Der Schutz nach Datenbankrecht entfällt auch dann nicht, wenn man der Literaturmeinung folgt, wonach bei neu aktualisierten Datenbanken die aus älteren Versionen übernommenen Elemente für sich genommen keinen Schutz beanspruchen können. Denn auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Bekl. gerade auch die aktuellen und erst im Laufe der letzten Jahre neu dargestellten bzw. geänderten Objekte übernommen haben. Der Sachverständige hat nämlich durch einen Vergleich der aus dem Jahr 1992 stammenden Satellitenbilder, die die Bekl. zur Erstellung der Karten verwendet haben wollen, mit Karten der beiden Parteien festgestellt, dass nur aus den TK 25 heraus, nicht aber aus den Satellitenbildern die Aktualität der Darstellungen in der Karte der Bekl. erklärt werden kann. Es steht damit fest, dass die Bekl. einerseits die zur Zeit ihrer Arbeit jeweils aktuellste Fassung der TK 25 verwendeten und sie andererseits aus diesen auch gerade die neu aktualisierten Elemente mit übernommen haben. Dies erscheint auch auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung plausibel, da es wenig Sinn ergeben würde, bei der Herstellung einer neuen Karte auf veraltetes Kartenmaterial zurückzugreifen. Es wäre auch nicht zu erwarten, dass die Bekl. auf Grund genauer Analyse der Rechtslage bewusst ausschließlich topografische Karten des Kl. in Auflagen verwendet haben, die aus dem Jahr 1986 und früher stammten; jedenfalls hätten dann dem Sachverständigen Abweichungen bei etwaigen von den Bekl. selbst vorgenommenen Aktualisierungen gegenüber den Darstellungen, die der Kl. für aktualisierte Objekte gewählt hat, auffallen müssen.

Dass die aktuellste Eintragung einer Karte zugleich deren wertvollstes Kapital darstellen, ist für die Kammer auch ohne weiteres ersichtlich. Für den Nutzer einer Karte ist es von besonderem Wert, jeweils die aktuelle Situation in der Karte wiedergegeben zu finden, um sich sicher orientieren bzw. die jeweils gesuchten Informationen aus der Karte ableiten zu können. Karten, die nicht auf aktuellem Stand sind, verlieren dadurch rasch ihren Nutzwert. - Auch auf Grund dieser Überlegung erscheint es gerechtfertigt, Aktualisierungsüberprüfungen ungeachtet der Frage, zu wie vielen Änderungen sie tatsächlich geführt haben, als schutzwürdig i.S. von § 87a I 2 anzusehen (s. hierzu o. 2b, c).

4. Die Bekl. können aus Art. 12a BayVermKatG kein Recht zur Übernahme im nachgewiesenen Umfang herleiten. Vielmehr verbietet auch das BayVermKatG in Art. 4 II Vervielfältigungen der Ergebnisse der Landesvermessung und damit auch die Übernahme wesentlicher Teile der Ergebnisse, die in eine topografische Karte Eingang gefunden haben (zur Zulässigkeit einer vergleichbaren Regelung im Hessischen Katastergesetz vom 3. 7. 1956: BVerwG, NJW 1962, 2267).

II. Die Bekl. sind auch gem. § 87b I i.V. mit § 97 I UrhG zum Schadenersatz verpflichtet, da sie die oben unter I genannten Elemente aus den Karten des Kl. vorsätzlich oder jedenfalls fahrlässig übernommen haben. Als Kartografen bzw. Fachverlag musste ihnen klar sein, dass die Kartengrundstruktur nicht aus den Satellitenbildern gewonnen sein konnte, sondern auf einer Übernahme aus den Karten des Kl. beruhte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass den Bekl. nach eigenem Vortrag Satellitenbilder oder andere Quellen gar nicht flächendeckend für den gesamten Bereich der neu gestalteten Karte vorlagen.

III. Die Bekl. sind auch aus § 242 BGB Schadensersatzanspruchs zur Auskunft verpflichtet, um den Kl. die Bemessung hieraus zu ermöglichen.