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Lebenserinnerungen von Georg Ebers

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Titel: Lebenserinnerungen von Georg Ebers
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 84
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[84] Lebenserinnerungen von Georg Ebers. Es ist begreiflich, daß die deutsche Leserwelt gern Näheres über das Leben ihrer namhaften Schriftsteller erfährt und daß sie sich am meisten freut, wenn sie solche Kunde aus bester Quelle erhält, wenn die Schriftsteller selbst ihren Lebenslauf, ihre Lebenserfahrungen und den Gang ihrer inneren Entwicklung aufzeichnen. Dazu hat sich nun auch Georg Ebers entschlossen, von seiner „Lebensgeschichte“ liegt der erste Band „Vom Kind bis zum Manne“ abgeschlossen vor (Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt). Ebers erzählt hier lebendig und offenherzig die Erlebnisse seiner Knaben- und Jünglingszeit; gewohnt, scharfumrissene Charakterbilder zu entwerfen, schildert er die Persönlichkeiten, mit denen er in Berührung kam, in sehr anschaulicher Weise. Das gilt schon von den berühmten Männern, die der heranwachsende Knabe in Berlin kennenlernte, seiner Vaterstadt, wo er am 1. März 1837 geboren wurde. „Am unvergeßlichsten,“ schreibt er, „bleiben mir unsere Begegnungen mit Peter Cornelius, der auch in der Linnéstraße wohnte. Denke ich an ihn, so ist es mir immer, als blicke er mir wieder ins Antlitz. Wer einmal in seine Augen schaute, der konnte sie nimmer vergessen. Tieferen und gewaltigeren bin ich nicht wieder begegnet. Er war ein kleines Männlein mit wachsbleichen und beinahe herben, doch wohlgebildeten Zügen und schlichtem langen kohlschwarzen Haare. Man hätte ihn übersehen können, wenn die Augen nicht gewesen wären, die alles andere an ihm verschwinden ließen, wie das Licht der Sonne den Sternenschein. Sie bewirkten, daß er unter Tausenden die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Ihr majestätisch leuchtender Blick forderte Gehorsam, und mit ihm hatte er die Massen bezwungen und durchgeistigt, die sein gewaltiger Genius in wunderbar durchdachter Ordnung auf dem kleinen Raum seiner Kartons zusammenführte.“ Von den Brüdern Grimm heißt es: „Ihre mächtigen Gestalten gehören für mich zu den edelsten unvergeßlichen Erinnerungsbildern aus der Linnéstraße. Sie waren gleichsam eins, und man sah sie selten allein. Dennoch hatte jeder die ihm eigene Individualität völlig bewahrt. Wenn je das Aeußere bedeutender Männer der Vorstellung entsprach, die man sich nach ihren Thaten und Werken bildete, so war es das ihre. Man brauchte sie nicht zu kennen, um auf den ersten Blick zu wissen, daß man es mit großen Arbeitern auf dem Gebiet des geistigen Lebens zu thun habe. Nur ob sie Gelehrte seien oder Dichter, hätte auch der geübte Beobachter schwer zu entscheiden vermocht. Ihr lang wallendes gewelltes Haar und ein ideales Etwas, das sie beide umwob und ihnen aus den Augen sprach, hätte vielleicht eher auf diese Vermuthung – die Bildung der gedankenschweren, von strenger Forschung zeugenden Stirnen und die etwas nach vorn gebeugte Haltung auf jene geführt. Wilhelms mildere Züge waren doch wohl die eines Poeten, Jakobs strengere und der durchdringende Blick seiner Augen ließen leichter den großen Forscher in ihm erkennen.“

Dort in Berlin erlebte Ebers auch die Märzrevolution; er durchwanderte die Straßen am 19. und 20. März und schildert ergreifend die Verwüstungen des Kampfes. Die Jahre, die der Knabe dann in der Fröbelschen Erziehungsanstalt Keilhau bei Rudolstadt verlebte, geben Anlaß zu einer anschaulichen Darstellung des dortigen Lebens und Treibens, aus der die Charakterköpfe der Lehrer, meistens Körnerscher Kampfgenossen, wohlthuend und lebendig hervortreten. Von Keilhau kam Ebers auf das Gymnasium nach Kottbus, wo aber eine harmlose Liebesgeschichte ihn in Ungelegenheiten verwickelte, so daß er dort nicht das Abiturientenexamen machen durfte. Er holte dasselbe in Quedlinburg nach, wurde dann Student in Göttingen, studierte anfangs Jurisprudenz, wandte sich aber später in Berlin, nach einer schweren langwierigen Erkrankung, dem Studium der ägyptischen Sprache und Alterthumskunde zu, dem er zeitlebens treu geblieben ist. In diesen letzten Abschnitten des Buches taucht eine sehr anmuthige Mädchengestalt auf, deren Bild Ebers im Schreine seiner Erinnerungen an der geweihtesten Stätte bewahrt, neben dem seiner Mutter, die uns in der pietätvollen Schilderung des Sohnes überall gewinnend und liebenswerth entgegentritt. †