M. Wilhelm Leberecht Götzinger

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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: M. Wilhelm Leberecht Götzinger
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 463–465
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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197. M. Wilhelm Leberecht Götzinger.

Vor 100 Jahren war die Sächsische Schweiz noch wenig gekannt und bekannt. Sie glich damals einem Buche mit 7 verschlossenen Siegeln. Jene herrlichen Gründe und Schluchten, durch welche sich heute schöne, wohlgepflegte Promenadenwege ziehen, waren in damaliger Zeit völlig unzugänglich. Nur wenigen war die Schönheit dieses versteckten Erdenwinkels aus eigener Anschauung bekannt. Einer, der durch Wort und Schrift auf diese wildromantische Gegend unseres Vaterlandes zuerst aufmerksam machte, war neben dem Lohmener Pfarrer Nicolai M. Wilhelm Leberecht Götzinger, Pfarrer in Neustadt. Seine Anregung fiel auf fruchtbaren Boden. Wanderlustige stellten sich ein und fanden Götzingers Lob, das er von der Sächsischen Schweiz sang, voll und ganz bestätigt. In wenigen Jahren war der Name „Sächsische Schweiz“ in aller Munde, ebenso auch der Name jenes wackeren Mannes, der auf dieses landschaftliche Paradies mit so hoher Begeisterung hinwies. Vielfach wurde später Götzingers in dankenswerter Weise auch gedacht. Seinen Namen suchte man mehrfach zu verewigen. Nach ihm wurde eine Höhe bei Neustadt benannt, die heute noch den Namen „Götzinger Höhe“ führt. An der Basteibrücke macht eine Inschrift an jenen wackeren Mann, der diesen Felsen mit erschloß, den Wanderer aufmerksam. An einem Felsen des Bärengartens unterhalb Hohnsteins hat der Gebirgsverein durch den Bildhauer Friedrich Heynert in Schandau als Zeichen der Dankbarkeit ein Rundbild Götzingers herstellen lassen, das am 31. Juli 1887 in feierlicher Weise geweiht wurde.

M. Wilhelm Leberecht Götzinger.

Mit inniger Liebe hing Götzinger an seinen heimatlichen Bergen. Auf die Schönheit derselben die weite Welt da draußen aufmerksam zu machen, das war sein redliches Bemühen. In der Sebnitzer Chronik vom Jahre 1786 schreibt er auf Seite 11, nachdem er eine kurze Schilderung der Sächsischen Schweiz gegeben hat, folgendes: „Doch ich fühle mich zu schwach, [464] dieses alles lebhaft zu schildern. Diese reizende Gegend will nicht beschrieben, sondern gesehen sein!“ –

Was Götzinger erstrebt hat und gewollt, das hat sich erfüllt. Wie würde er sich freuen, wenn er heute die Tausende von Wanderern sehen könnte, die allein während der Pfingstfeiertage nach den Bergen und Gründen der Sächsischen Schweiz wallfahrten! –

M. Wilhelm Leberecht Götzinger stammt aus einer Predigerfamilie. Vater und Großvater waren Prediger gewesen. Der Großvater amtierte als Pfarrer segensreich in Burgstädt. Der Vater, M. Johann Carl Götzinger, war am 24. September 1731 in Wechselburg geboren, wirkte von 1757–1760 als Pfarrer in Struppen bei Pirna und von 1767–1789 als solcher in Sebnitz. Dort starb er, von einem Spaziergange heimkehrend, in der Nähe der Pfarre plötzlich, vom Herzschlag getroffen. – Er war schriftstellerisch sehr tätig und hat zahlreiche Schriften hinterlassen. Zwei gelehrte Gesellschaften, die Gesellschaft der christlichen Liebe und Wissenschaft zu Dresden und die deutsche gelehrte Gesellschaft zu Bärnburg nahmen ihn als ordentliches Mitglied auf.

Von seinem Vater und Großvater redet M. Wilhelm Leberecht Götzinger mit hoher Ehrerbietung und größter Achtung. Sie hat er sich zum Vorbilde genommen. Fleißig führte auch er die Feder.

M. Wilhelm Leberecht Götzinger wurde am 1. Sept. 1758 in Struppen geboren, ward 1787 Diakonus in Neustadt und 1811 Pfarrer daselbst. Er starb 1818, am 22. April, nachts 1 Uhr. Die Neue Sächs. Kirchengalerie schreibt hierüber im Bande Ephorie Pirna, Seite 946:

„Sein Grabdenkmal gibt den 23. April als Todestag an, ebenso das Kirchenbuch, doch dürfte wohl beides ein Fehler sein, er wurde am 26. April beerdigt.“ –[WS 1]

In der Erinnerung der älteren Leute in der Parochie Neustadt lebt M. Wilhelm Leberecht Götzinger noch heute fort. Sein Grab befindet sich auf dem alten Kirchhofe in unmittelbarer Nähe der neuen Stadtkirche, ungefähr 20 Schritte von der Nordostecke desselben entfernt, an der den alten Gottesacker umgebenden Mauer. Dasselbe ist mit Sandsteinplatten umschlossen und mit Sedum überdeckt. Im Hintergrunde ist ein schlichtes Holzkreuz aufgerichtet, das auf einer ovalförmigen Tafel die Inschrift trägt:

„Dem Andenken unseres unvergeßlichen Lehrers und Freundes, Herrn Pastor Wilhelm Leberecht Götzinger, von seinen Verehrern gewidmet. Er starb den 23. April 1818.“

Die diesem Holzkreuze gegenüber sich befindliche Steinplatte enthält folgende Inschrift:

„Ruhestätte des Magister Wilhelm Leberecht Goetzinger, Pastor allhier, geb. den 1. September 1758, gestorben d. 23. April 1818;
und dessen Ehegattin

Charlotte Sophie, geb. Bielitz, gest. d. 25. März 1811 im 43. Jahre.

Friede Ihrer Asche!

Gedenket Eurer Lehrer, die Euch das Wort Gottes gesagt haben, welcher Ende schauet an und folget ihrem Glauben nach.

Ebr. 13, 7.“

M. Götzinger war ein eifriger Forscher der Geschichte seiner Heimat. Er ging schon als Predigtamtskandidat daran, Nachrichten über seine Heimat [465] zu sammeln. Die Frucht dieser Forschung war die im Jahre 1786 bei Carl Craz in Freiberg erschienene Chronik, die folgenden Titel hat:

„Geschichte und Beschreibung des Chursächsischen Amts Hohnstein mit Lohmen, insbesondere der unter dieses Amt gehörigen

Stadt Sebniz, von

M. Wilhelm Leberecht Götzinger,

des Predigtamts Kandidat.“

Die Vorrede zu dieser Chronik lautet:

„So hätte ich denn diese Geschichte zur gesetzten Zeit, wie ich’s versprach, vollendet. Nie würde ich an die Ausarbeitung und Herausgabe derselben gedacht haben, wenn mich nicht einige Gönner und Freunde, die meine erste sehr geringe Sammlung sahen, hierzu ermunterten und die Liebe zu meinem Vaterlande den Entschluß hierzu nicht völlig zur Ausführung brachte. Ob ich mich nun gleich bemüht habe, der Vollständigkeit und Genauigkeit so nahe als möglich zu kommen, so empfinde ich es doch sehr, daß mein Buch nicht ohne Fehler ist. Indessen kann ich als Anfänger auf Nachsicht hoffen, und ich werde auch jede Belehrung gern annehmen, wenn sie gegründet und bescheiden ist. – Es würden in der alten Geschichte nicht so viele Lücken sein, wenn ich mehr Vorgänger gehabt, und die wenigen, welche hiervon etwas geschrieben, mehr geliefert hätten und z. Teil gründlicher gewesen wären. Weise gibt es in seiner Beschreibung von Hohnstein genug zu erkennen, daß er sein Buch sehr eilig zusammengeschrieben; Freiberg in seinen Abhandlungen von Schandau und Porschendorf sagt auch nicht viel; das beste und gründlichste sind noch die Nachrichten von Neustadt und Wehlen. Aus den Archiven konnte ich, was die alte Geschichte betrifft, auch sehr wenig nehmen, da sowohl das Amtsarchiv, als auch die Archive der Amtsstädte ausgebrannt sind.

Es könnte vielleicht Manchem zuwider sein, daß ich von Sebnitz viel, von den übrigen Amtsstädten hingegen wenig sage. Die Geschichte einer Stadt wollte ich nun einmal ganz ausarbeiten, und Sebnitz wählte ich hierzu, weil ich aus dem dasigen Archive die meisten Nachrichten erhielt, weil ich Gelegenheit hatte, zu ihrer Geschichte mehr als zu den übrigen zu sammeln, da ich mich einige Jahre dort aufhielt, und – weil es meine Vaterstadt ist. Die Geschichte aller Amtsstädte so vollständig auszuarbeiten, war nicht ratsam, da ich sonst eine Geschichte von vielen Bänden zu schreiben genötigt gewesen sein würde. – Uebrigens kann ich die Bereitwilligkeit nicht genug rühmen, mit welcher mich einige Gönner und Freunde bei meiner Arbeit unterstützt haben. Ich würde dem Verlangen, sie zu nennen, kaum widerstehen können, wenn ich nicht befürchte, ihre Bescheidenheit dadurch zu beleidigen. Ihnen statte ich hiermit den ergebensten und verbindlichsten Dank ab und wünsche, daß sie mir Gelegenheit geben, ihnen dafür wieder gefällig sein zu können. Hohnstein b. Stolpen, am 13. September 1786.“ –

Götzingers Chronik ist heute viel begehrt. Sie enthält wertvolle Nachrichten.

P. Götzinger lebt heute noch in der Erinnerung der ältesten Bewohner der Neustädter und Sebnitzer Gegend. Er hatte seine Heimat lieb, und er verdient es, nicht vergessen zu werden. Seine Grabstätte möchte auch ferner, wie bisher, gepflegt werden und erhalten bleiben.

Anmerkungen (Wikisource)