MKL1888:Äthyläther
[1016] Äthyläther (Äther, Schwefeläther, Äthyloxyd, Naphtha, Schwefelnaphtha) C4H10O entsteht bei Einwirkung von Schwefelsäure, Phosphorsäure, Chlorzink etc. auf Alkohol. Zur Darstellung
Apparat zur Darstellung von Äther. | |
mischt man Alkohol mit Schwefelsäure, erhitzt das Gemisch in einem Destillationsapparat b (s. Figur) und läßt in demselben Maß, wie Ä. abdestilliert, aus einem höher stehenden Gefäß a (mit Trichter e, Schwimmer r und Regulierhahn g) Alkohol zufließen, so daß das Volumen der Flüssigkeit und der Siedepunkt (135–140°) unverändert bleiben. Schließlich muß man die Operation unterbrechen, weil durch das bei der Ätherbildung abgeschiedene Wasser die Schwefelsäure zu stark verdünnt wird. Die entweichenden Dämpfe werden im Kühlgefäß c verdichtet, und der Ä. sammelt sich in d. Bei der Darstellung im großen wird das Destillat direkt durch zweckmäßige Kühlvorrichtungen (Dephlegmatoren) von Alkohol und Wasser, durch Waschen mit Kalkmilch auch von schwefliger Säure befreit und dann über gebranntem Kalk rektifiziert. Bei der Einwirkung von Schwefelsäure auf Alkohol entsteht zuerst Äthylschwefelsäure C2H5SO4H, und diese setzt sich mit einem andern Teil Alkohol in Äther und Schwefelsäure um. Die Schwefelsäure kann dann von neuem Äthylschwefelsäure bilden, und hieraus erklärt sich, daß man mit wenig Schwefelsäure viel Alkohol in Ä. verwandeln kann, ohne daß die Säure eine andre Veränderung erleidet als die Verdünnung durch Wasser, welches bei der Bildung der Äthylschwefelsäure entsteht. Aus 2 Molekülen Alkohol entsteht 1 Molekül Ä. Ä. ist eine farblose, leicht bewegliche Flüssigkeit, riecht angenehm, erfrischend, schmeckt brennend und verdunstet unter starker Temperaturerniedrigung. Der Ä. siedet schon bei 35° und erstarrt, wenn er rein ist, nicht bei −100°. Er ist ungemein entzündlich, brennt mit leuchtender Flamme, und sein Dampf explodiert, mit Luft gemengt, sehr heftig. Die Behandlung des Äthyläthers bei Licht erfordert daher die größte Vorsicht, auch muß er stets an kühlen Orten aufbewahrt werden. Das spezifische Gewicht beträgt bei 0°: 0,736, bei 15°: 0,722, er ist mit Alkohol und Chloroform mischbar, löst sich in 14 Teilen Wasser und löst selbst 1/36 seines Gewichts an Wasser, auch löst er Harze, Fette, ätherische Öle, Alkaloide, Brom, Jod, Schwefel, Phosphor, viele Chloride, Chromsäure. Frisch bereiteter Ä. reagiert nicht auf Lackmuspapier, aber in nicht ganz gefüllten Gefäßen wird er mit der Zeit sauer, indem sich Essigsäure bildet. Beim Erhitzen mit Wasser verbindet sich der Ä. mit diesem und bildet Alkohol. Chlor wirkt sehr heftig auf Ä. ein, es kann sogar Entzündung eintreten, und es bilden sich neben Chlorwasserstoff, Chloral, Aldehyd und Chloräthyl eine Reihe von Substitutionsprodukten, deren letztes Glied, der Perchloräther C4Cl10O2, in farblosen Kristallen auftritt und erst bei 69° schmilzt. Brom wirkt schwächer und Jod nur sehr wenig auf Ä. ein. Der Ä. findet vielfache Verwendung, hauptsächlich dient er, mit Alkohol gemischt, als Lösungsmittel der Schießbaumwolle zur Bereitung von Kollodium, ferner zum Extrahieren von Fetten und in gleicher Weise zur Entfernung von Fettflecken, zur Bereitung chemischer Präparate und als Arzneimittel, bei Ohnmachten, Neuralgien, krampfhaften Affektionen, bei starkem Erbrechen etc. Mit 2–3 Teilen Alkohol gemischt, ist er als Spiritus sulfurico-aethereus, Liquor anodynus mineralis Hoffmanni (Hoffmanns Tropfen) offizinell. Er wurde als erstes Anästhetikum benutzt, da sein Dampf beim Einatmen zuerst berauscht, dann Gefühls- und Bewußtlosigkeit erzeugt. Gegenwärtig ist er aber durch das Chloroform vollständig verdrängt. Dagegen benutzt man ihn äußerlich als anästhetisches Mittel, indem man ihn mit einem Zerstäubungsapparat auf die gefühllos zu machende Stelle bläst. Hierbei entsteht eine intensive Kälte, unter deren Einfluß selbst größere [1017] Operationen schmerzlos ausgeführt werden können. Mißbräuchlich wird Ä. als Berauschungsmittel getrunken (namentlich in Irland). Ä. scheint bereits Raymund Lullius im 13. Jahrh. bekannt gewesen zu sein. Valerius Cordus stellte ihn 1540 aus Alkohol und Schwefelsäure dar und nannte ihn Oleum vitrioli dulce. Später erhielt er den Namen Schwefeläther, aber V. Rose wies 1800 nach, daß er keinen Schwefel enthält. Zu Anfang dieses Jahrhunderts gab Boullay die jetzt gebräuchliche Darstellungsmethode an. Später beschäftigte die Ätherbildungstheorie die Chemiker lange Zeit, und erst Williamsons Arbeiten führten zu den heute gültigen Anschauungen.
[66] Äthyläther (Äther, Schwefeläther). Im Handel kommen drei Arten von Ä. vor, welche sich durch ihren Gehalt an Wasser und Alkohol voneinander unterscheiden: 1) absoluter Ä. vom spez. Gew. 0,720 bei 15°, gewöhnlicher oder offizineller Ä. vom spez. Gew. 0,724–0,728 bei 15°, 3) roher Ä. vom spez. Gew. 0,730–0,745 bei 15°. Zur Prüfung des Äthyläthers bestimmt man das spezifische Gewicht und in einem langhalsigen Kolben den Siedepunkt. Ä. soll sich schnell und ohne den geringsten Rückstand verflüchtigen, er darf beim Schütteln mit dem gleichen Volumen empfindlicher blauer Lackmustinktur diese nicht röten. Reagiert er sauer, so schüttelt man ihn mit ganz schwacher reiner Natronlauge und prüft diese auf schweflige Säure, Schwefelsäure [67] und Essigsäure. Gießt man einige Tropfen Ä. auf einen Baumwollbausch oder auf Filtrierpapier, so darf sich nach dem langsamen Verdunsten kein fuselartiger Geruch zeigen. Enthält Ä. viel Wasser, so macht er trocknes Kaliumcarbonat feucht. Gepulvertes Tannin wird beim Schütteln mit wasserhaltigem Ä. sirupartig, geglühter Kupfervitriol färbt sich mehr oder weniger blau; schüttelt man wasserhaltigen Ä. mit Schwefelkohlenstoff, so trübt sich das Gemisch, bei wasserfreiem Ä. tritt keine Trübung ein. Beim Schütteln von 10 ccm Ä. mit 10 ccm Wasser zeigt sich nach der Trennung beider Flüssigkeiten das Volumen des Äthyläthers um 1 ccm vermindert; enthält der Ä. dagegen Alkohol, so ist die Vergrößerung der wässerigen Schicht entsprechend größer, und wenn man die Probe in einem graduierten Rohr macht, kann man die Alkoholmenge unmittelbar ablesen. Ein Fuchsinkristall färbt reinen Ä. nicht, alkoholhaltigen mehr oder weniger rot.