MKL1888:Abandon

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Abandon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 1314
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Abandon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 13–14. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Abandon (Version vom 28.04.2021)

[13] Abandon (franz., spr. abangdóng, »Abtretung«, im französischen Seerecht Délaissement genannt), im Handel und im Seewesen insbesondere das Aufgeben oder Überlassen des Schiffs, der Ware oder überhaupt des Eigentumsrechts seitens des Schiffers und der Schiffsmannschaft; im Seeassekuranzwesen insbesondere die Abtretung von versichertem Schiffsgut an den Versicherer von seiten des Versicherten gegen Empfangnahme der Versicherungssumme. Der Hauptfall, in welchem von dem Rechte des Abandons Gebrauch gemacht wird, ist die Verschollenheit des Schiffs. Der A. ersetzt in einem solchen Fall den erwiesenen Verlust. Außerdem kann der A. aber auch noch in andern Fällen kraft gesetzlicher Bestimmung erklärt werden. Der Versicherte hat seine Absicht, zu abandonnieren, bestimmt zu erkennen zu geben; der A. kann nicht widerrufen werden. Maßgebend für fast alle schiffahrttreibenden Nationen sind die Bestimmungen des französischen Code de commerce (Art. 216, 241, 310, 369–396, 431) hinsichtlich des Abandons geworden. Hiernach wird der A. gestattet bei Wegnahme, Schiffbruch, Stranden mit Scheiterung, Unbrauchbarkeit des Schiffs durch Beschlaglegung oder sonstiges Seeunglück, Verlust oder Beschädigung der Güter bis zu drei Vierteln ihres Werts. Die Erklärung hat binnen sechs Monaten nach Eingang der Nachricht bei Seefahrten nach den Küsten Europas und des Mittelmeers, innerhalb eines Jahrs bei Fahrten nach den westindischen Kolonien, den Azoren und Kanarischen Inseln, innerhalb zweier Jahre bei Seefahrten nach allen andern Erdgegenden zu erfolgen. Auch ist die Nachricht dem Versicherer binnen drei Tagen nach ihrem Eintreffen mitzuteilen. Trifft [14] von einem Schiff lange Zeit keine Kunde ein, so muß der A. in Jahresfrist, vom Tag der letzten Nachricht an gerechnet, für die erstgenannten nähern Seefahrten, innerhalb zweier Jahre für weitere Seefahrten erklärt werden. In England und Nordamerika hat der A. binnen angemessener Frist zu erfolgen. Nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 854, 863, 865 bis 875) ist der A. zulässig bei Verschollenheit des Schiffs, Embargo, Aufbringung, Anhaltung durch Verfügung von hoher Hand und Wegnahme durch Seeräuber. Die Frist zur Erklärung über den A. beträgt hiernach 6–9 Monate (Art. 868). Nach nordamerikanischem Recht ist der A. auch schon dann gestattet, wenn ein Schade, der die Ladung betroffen hat, über die Hälfte des Werts des versicherten Guts ausmacht.