MKL1888:Abfindung

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Abfindung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 42
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Abfindung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 42. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Abfindung (Version vom 28.04.2021)

[42] Abfindung, die Beseitigung der Ansprüche eines andern durch irgend eine Leistung, namentlich im Weg des Vergleichs. In besonderm Sinn kommt der Ausdruck im deutschen Recht bei der Vererbung von Bauerngütern für die Leistungen vor, welche der sogen. Anerbe den übrigen Miterben zur Befriedigung ihrer Erbansprüche zu gewähren hat; gleichbedeutend damit sind die Benennungen: Ablobung, Auslobung, Auskehrung, bei miterbenden Töchtern auch Aussteuer, Mitgift, Brautschatz. Im deutschen Recht galt nämlich früher sowohl bei den Bauerngütern, welche im freien Eigentum ihrer Besitzer waren, als bei den die Mehrzahl bildenden, nach sogen. Kolonatrecht besessenen, an denen der Bauer nur ein erbliches Besitz- und Nutzungsrecht hatte, der Grundsatz der Unteilbarkeit des Guts. Dieser forderte die Übertragung des letztern auf einen einzigen Erben. Bei freien Bauerngütern wurde derselbe regelmäßig durch die Übereinkunft der Erben erwählt, bei Kolonaten war er als sogen. Anerbe schon durch Gesetz oder Gewohnheitsrecht unter den nach gemeiner Zivilerbfolge gerufenen Erben entweder nach dem Majorat oder dem Minorat bestimmt. Dabei waren diejenigen, welche nach gewöhnlichen Erbgangsregeln neben jenem Erbansprüche haben, nicht von jedem Vorteil aus dem Erbenfall ausgeschlossen; sie erhielten vielmehr ihre Anteile durch die ihnen vom Anerben zu leistende A. Die Größe der A. wurde nach den verschiedenen Rechten in sehr verschiedenartiger Weise bestimmt, regelmäßig unter Zugrundelegung des Werts des zu übernehmenden Bauernguts, indem jedoch der letztere nicht so hoch veranschlagt werden durfte, daß dem Anerben durch die zu leistenden Herauszahlungen die Bewirtschaftung des Guts unmöglich gemacht wurde. Das Recht auf Auslobung wurde zwar mit dem Erbanfall erworben, doch wurde die Zahlungszeit häufig verschoben, so daß die A. nicht sofort beim Tode der Eltern, sondern von den Töchtern erst bei ihrer Verheiratung und von den Söhnen erst bei der Anlegung eines selbständigen Haushalts gefordert werden konnte. Auch nachher wurde der Anerbe noch durch Gestattung terminweiser Stückzahlung begünstigt. Bis zu erfolgender Zahlung hatten die Geschwister das Recht, auf der Hofstätte zu bleiben und von dem Anerben unterhalten zu werden. Durch die im Lauf dieses Jahrhunderts erfolgte Umwandlung des nutzbaren Eigentums an den Bauerngütern in volles Eigentum ist die Bedeutung jener Rechtssatzungen größtenteils verloren gegangen. Doch haben dieselben sich auch bei freien Bauerngütern in manchen Gegenden gewohnheitsrechtlich erhalten. Übrigens sind die abgefundenen Kinder von der Succession in das Bauerngut nicht gänzlich ausgeschlossen; sie können vielmehr im Fall des Ablebens des Anerben, wenn die Successionsreihe sie trifft, immer noch in den Besitz des Guts gelangen. Auch bei der Lehns- und Familienfideikommißerbfolge kommt die A. vor. In ersterer Beziehung bezeichnete man damit die besondern Verbindlichkeiten des Lehnsfolgers gegenüber dem Allodialerben, namentlich die Verpflichtung zu Bestellung eines Wittums für die Witwe des letzten Besitzers sowie zur Alimentation und Aussteuer seiner Töchter. In der Familienfideikommißerbfolge endlich versteht man unter A. die Versorgung, welche den von der Successionsfolge durch die eigentümliche Successionsordnung ausgeschlossenen Familienmitgliedern zu ihrem standesmäßigen Unterhalt ausgesetzt ist (s. Apanage). – Im Finanzwesen heißt A. die nach allgemeinern Normen mit Umgehung von speziellen Berechnungen und Kontrollen bemessene pauschalierte Steuersumme.