MKL1888:Abschichtung

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Abschichtung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 56
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Abschichtung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 56. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Abschichtung (Version vom 17.01.2023)

[56] Abschichtung (Absonderung), ein dem deutschen Recht eigentümliches Institut, welches in den einzelnen Partikularrechten eine sehr verschiedenartige Ausbildung erfahren hat. Hier besteht nämlich unverkennbar die Neigung, das Vermögen der Ehegatten beim Tode des einen nicht sofort zwischen dem überlebenden und den Kindern als Miterben des verstorbenen Gatten zu teilen. Es bleibt vielmehr der überlebende Gatte mit den Kindern aus dieser Ehe, die er zu unterhalten, zu erziehen und auszusteuern hat, in ungeteilten Vermögensverhältnissen und übt über das gemeinsame Vermögen in der Regel dieselben Rechte aus, welche während der Ehe dem Mann zustanden. Er kann aber jederzeit auch die Teilung vornehmen, indem er eins oder alle Kinder abschichtet, d. h. ihnen den Vermögensteil ausantwortet, der ihnen nach dem Erbrecht, welches aus dem im einzelnen Fall geltenden Gütersystem folgt, bei dem Tode des verstorbenen Gatten zugekommen wäre. Lebten die Ehegatten in Gütergemeinschaft, so wird nach den meisten Rechten das ganze Vermögen unter dem überlebenden Gatten und den Kindern je zur Hälfte geteilt. Die abgeschichteten Kinder verlieren aber in diesem Fall das Erbrecht am Vermögen des Abschichtenden, wenn derselbe zu einer zweiten Ehe schreitet und aus derselben Erben hinterläßt. Anderseits haben auch die Kinder oder deren Vormünder das Recht, A. zu fordern, wenn der überlebende Gatte sich anderweit verheiratet, ebenso im Fall seiner Verwaltungsunfähigkeit oder Verschwendung. Nach manchen Partikularrechten (Hamburg, Lübeck) wird die Teilung nicht reell durchgeführt, sondern der überlebende Gatte bekennt sich nur als Schuldner für die Abschichtungssumme (Ausspruch). Die persönlichen Verhältnisse der Eltern und Kinder zu einander, insbesondere die väterliche Gewalt, werden durch die A. nicht verändert. Der Abschichter aber hat ein Erbrecht am Vermögen eines abgeschichteten Kindes nur dann, wenn letzteres ohne Deszendenz stirbt; gegenüber den nicht abgeschichteten Kindern haben die abgeschichteten unter sich ein ausschließliches Erbrecht, ebenso wie die erstern ihnen gegenüber; die einen beerben die andern nur, wenn diese ohne Deszendenz sterben. Vgl. Neubauer, Das in Deutschland geltende eheliche Güterrecht (Berl. 1879).