MKL1888:Abstecken

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Abstecken“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 64
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Abstecken. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 64. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Abstecken (Version vom 27.10.2021)

[64] Abstecken, nach Maßgabe von Zeichnungen oder auf Grund arithmetischer Vorarbeiten Punkte, Linien, Winkel, Flächen derselben in das Feld übertragen und dort sichtbar machen. Man benutzt hierzu „Signalinstrumente“ zur Markierung der Punkte im Feld und alle diejenigen Meßinstrumente, welche für die entgegengesetzten Aufgaben der Feldmeß-, Aufnehme- und Nivellierkunst erforderlich sind. Signalinstrumente zum Bezeichnen von Punkten auf kürzere Zeit sind: Piketts, Markpflöcke, Pfähle, die in den Boden getrieben, mit Nummern u. dgl. bezeichnet werden; Fluchtstäbe, Baken, weiter sichtbare, längere, mit je zwei grellen Farben abwechselnd bemalte gerade Stäbe oder Stangen; Meßfahnen oder Jalons, ähnliche Stangen, mit bunten Fähnchen versehen; Signaltafeln, -Kreuze u. v. a.; zur Not Bohnenstangen mit Strohwischen oder Wiepen (daher abwiepen, s. v. w. abstecken); für die Nacht und in Schächten und Stollen: Lichter, Lampen, Teerstangen und -Fässer (Fanale); auf sehr weite Entfernungen die Heliotropen (s. d.), namentlich für höhere geodätische Arbeiten. Für die Dauer verwendet man meist Steinsignale (Obelisken, Pyramiden, Säulen, Quadern), man versteint den zu bezeichnenden Punkt durch Markierung mit dem Stein, wie dies für die wichtigen, der Zukunft aufzubewahrenden Punkte der Gradmessung, Triangulation, Landesaufnahme, der großen Nivellements, bez. der großen staatswirtschaftlich-feldmesserischen Arbeiten geschieht. Dahin gehören auch die Chausseesteine, Gemarkungsgrenzsteine, Rayonsteine bei Festungen. Über die Signale, auch Holzsignale, der höhern Geodäsie s. d. Für staatliche Arbeiten stehen alle Signale und deren Bodenfläche unter dem Schutz der Gesetze. Spezialaufgaben der Absteckekunst sind: 1) A. gerader Linien; kurze Stücke werden abgesteckt, indem man die mit Fluchtstäben od. dgl. versehenen Hilfsarbeiter von dem Endpunkt aus einwinkt und hierzu als Hilfsinstrument irgend einen Visierapparat (Diopterlineal oder Winkelscheibe) benutzt. Längere Strecken werden von der Mitte oder mehreren geeigneten, sodann durch besondere Verfahren gut in Verbindung gebrachten Punkten oder durch allmähliches Fortarbeiten in der Verlängerung der fertigen Stücke abgewinkt, oder die Arbeiter richten sich gegenseitig und umschichtig successive in die einzunehmende Linie ein. Modifizierend auf das Verfahren wirken Aussichtshindernisse, welche geschickt zu umgehen oder zu benutzen, Sache des Hauptarbeiters ist. Die Geometrie, Trigonometrie und bei den folgenden Aufgaben, namentlich ad 4), selbst die höhere Mathematik, z. B. die Theorie der Kegelschnitte, müssen ihm ratend zur Seite stehen. Sind die abzusteckenden Linien begrenzt, so muß auch zu deren Messung mittels Stäbe, Kette, Band u. dgl. geschritten werden. 2) A. von Winkeln (horizontal, vertikal oder schief). Instrumente hierzu sind die Winkelmesser, z. B. für die einfachern Winkelgrößen 15, 30, 45, 60, 90, 120 Grad: der Winkelspiegel, der Winkelkopf, das équerre à miroir, Prismenkreuz; für alle Winkelgrößen: der Sextant, Reflektor, die Bussole, der Meßtisch mit Diopterlineal oder Kippregel, vorzugsweise (wenn nicht aus einer Zeichnung unmittelbar abzustecken) der Theodolit oder das Tachymeter. Man stellt das Instrument fest in der abzusteckenden Winkelspitze auf und verfährt dann mit den einzelnen Schenkeln, dieselben abvisierend, wie mit der geraden Linie. 3) A. von Höhen, von Profilen geschieht mit Hilfe der Nivellierinstrumente; s. Nivellieren. 4) Krumme Linien werden als gebrochene, diese in ihren Elementen, Linienstückchen und Polygonwinkeln abgesteckt. Wichtig sind die Absteckungen von Kurven beim Wasser-, Straßen- und Eisenbahnbau (s. Feldmessen). Die Kurven, z. B. Kreise, Ellipse, Parabel, werden vor der Feldarbeit arithmetisch oder geometrisch in ihre geradlinigen Elemente zerlegt, was oft bedeutende Rechnungsarbeiten erfordert. Mit obigem zusammenhängende oder daraus zu folgernde Aufgaben sind das A. von Senkrechten, Parallelen, das Teilen von Linien, Winkeln im Felde, das A., Teilen von Flächen, das Ermitteln ungangbarer Längen (Fluß- oder Sumpfbreiten, Schluchten, Häuserkomplexe etc.) mit Hilfe von geometrischen Konstruktionen auf dem Feld. Vgl. Bauernfeind, Elemente der Vermessungskunde (6. Aufl., Stuttg. 1878).