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MKL1888:Akkord

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Akkord“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 255257
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Akkord. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 255–257. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Akkord (Version vom 16.12.2024)

[255] Akkord (franz. accord, „Übereinstimmung“), in der Musik ein Zusammenklang mehrerer Töne (Harmonie). Die ältere Musiktheorie (bis ins 18. Jahrh.) sah im A. nur das zufällige Zusammentreffen der Töne verschiedener Stimmen. Seit Rameau (1722) die unendliche Zahl der möglichen Zusammenklänge durch Aufstellung der Lehre von der Umkehrung der Akkorde reduzierte, bestrebten sich die Theoretiker, das von ihm begonnene Werk der Schematisierung der Zusammenklänge weiterzuführen. Die gewöhnlich ebenfalls auf Rameau zurückgeführte Begründung der Konsonanz des Durakkords durch die Beziehung auf die sechs ersten und stärksten Obertöne, aus denen sich die Klänge unsrer Musikinstrumente zusammensetzen, ist eigentlich das Verdienst Sauveurs (1701). Dieselbe ist aber mathematisch (d. h. aus den Verhältnissen der Saitenlängen, ohne Kenntnis des bezeichneten Phänomens) schon viel früher aufgestellt worden und war bereits Zarlino (1558) bekannt, der zugleich die Begründung der Mollkonsonanz aus den umgekehrten Verhältnissen gibt. Diese letztere geriet, trotzdem sie wiederholt von spätern Theoretikern erneuert wurde (Tartini 1754), gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in völlige Vergessenheit und wurde 1853 von Moritz Hauptmann als etwas ganz Neues wieder aufgestellt. [256] Durch das seither durch Helmholtz in vollster Klarheit erkannte Prinzip der Auffassung der Töne im Sinn von Klängen (Auffassung im Sinn der Klangvertretung) ist dem System der Akkordlehre voraussichtlich eine unerschütterliche wissenschaftliche Basis gegeben und damit den frühern schwankenden Aufstellungen ein Ende gemacht. Was bereits Rameau geahnt und Fétis in seinem „Traité d’harmonie“ (1844) zuerst ausgesprochen hatte, ist heute der Fundamentalsatz der Harmonielehre: daß jeder Zusammenklang wie jeder einzelne Ton entweder im Sinn eines Durakkords oder eines Mollakkords verstanden wird. Die heutige Akkordlehre ist daher einfach genug. Sie unterscheidet zunächst konsonante und dissonante Akkorde. Die konsonanten Akkorde sind der Durakkord und der Mollakkord, jener bestehend aus Hauptton, (großer) Oberterz und Oberquinte, z. B. c e g, dieser bestehend aus Hauptton, (großer) Unterterz und Unterquinte, z. B. a c e. Dissonante Akkorde entstehen zunächst durch Hinzufügung eines vierten oder eines vierten und fünften Tons zum Durakkord oder Mollakkord, und zwar sind die wichtigsten Akkorde dieser Art der Durakkord mit kleiner Oberseptime: c e g | b und der Mollakkord mit kleiner Unterseptime: fis | a c e (natürliche Septimenakkorde). Gleichfalls sehr wichtige Bildungen sind die durch Hinzufügung der großen Sexte entstehenden: c e g | a oder g | a c e (große Sextakkorde). Von untergeordneterer Bedeutung sind die Akkorde mit großer Septime und die mit kleiner Sexte: c e g | h, resp. f | a c e, und c e g | as, resp. gis | a c e. Wird außer der kleinen Septime noch die große oder kleine None hinzugefügt, so entstehen die Nonenakkorde: c e g | b d und c e g | b des; die entsprechenden Bildungen in Moll sind selten als solche verständlich: d fis | a c e und dis fis | a c e. Bekannte elliptische Bildungen sind der natürliche Dur- und Mollseptimenakkord mit ausgelassenem Hauptton: (c) e g b und fis a c (e), der sogen. „verminderte Dreiklang“, treffender Terzseptakkord genannt, sowie der kleine Dur- und Mollnonenakkord mit ausgelassenem Hauptton: (c) e g b des und dis fis a c (e), bekannt als „verminderter Septimenakkord“, richtiger Terznonenakkord genannt. Bildungen untergeordneter Art sind der Durakkord und Mollakkord mit großer Septime und großer None: c e g | h d und d f | a c e. Dissonanzen ganz andrer Art entstehen durch chromatische Veränderung eines der drei Töne des Dur- oder Mollakkords (alterierte Akkorde). So entsteht durch chromatische Erhöhung der Quinte des Durakkords oder durch chromatische Erniedrigung der Quinte des Mollakkords der sogen. übermäßige Dreiklang (übermäßige Quintakkord): c e gis, resp. as c e; ferner durch chromatische Erniedrigung der Quinte des Durakkords oder durch chromatische Erhöhung der Quinte des Mollakkords der verminderte Quintakkord: c e ges (in der Lage ges c e bekannt als übermäßiger Quartsextakkord) und ais c e (in der Lage c e ais bekannt als übermäßiger Sextakkord). Durch Hinzutritt der natürlichen (kleinen) Septime zu diesen Akkorden entstehen ferner bekannte Bildungen: c e gis | b (als b c e gis ein übermäßiger Sekundquartsextakkord), fis | as c e (als as c e fis ein übermäßiger Quintsextakkord), c e ges | b (als ges b c e ein übermäßiger Terzquartsextakkord) und fis | ais c e (als c e fis ais ebenfalls ein übermäßiger Terzquartsextakkord). Die chromatische Veränderung des Haupttons und der Terz ergibt keine neuen brauchbaren Bildungen, wohl aber eine neue Auffassung des verminderten Dreiklangs und verminderten Septimenakkords: cis e g, cis e g | b und a c es, fis | a c es. Eine dritte, sehr reiche Klasse von Dissonanzen bilden die sogen. Vorhaltsakkorde, welche dadurch entstehen, daß statt eines Tons des Dur- oder Mollakkords ein melodisch ihm benachbarter, zu ihm hinleitender substituiert wird. Statt des Haupttons kann die große oder kleine Sekunde eintreten: d e g, des e g (statt c e g) und a c d, a c dis (statt a c e); statt der Terz kann die große oder übermäßige Sekunde sowie die reine oder übermäßige Quarte eintreten: c d g, c dis g, c f g, c fis g (sämtlich statt c e g) und a d e, a des e, a h e, a b e (sämtlich statt a c e). Statt der Quinte kann die übermäßige oder reine Quarte oder die kleine Sexte eintreten: c e fis, c e f, c e as (für c e g) und b c e, h c e, gis c e (für a c e). Besonders interessant sind viele dieser Vorhalte, wenn die (natürliche) Septime zum A. tritt, z. B. g b c dis (C dur-Septimenakkord mit Vorhalt vor der Terz), e b c fis (derselbe mit Vorhalt vor der Quinte) etc.

Die gemeinübliche Terminologie der Akkorde ist mit dem Generalbaß verwachsen und nimmt auf die Klangbedeutung derselben wenig oder keine Rücksicht. Man versteht unter Dreiklang einen A., der aus zwei übereinander aufgebauten Terzen besteht, desgleichen unter Septimenakkord einen A. von drei Terzen. Die spezifizierende Terminologie, je nachdem die Terzen große oder kleine sind, ist für die Dreiklänge ausreichend und klar: c e g großer (harter), c es g kleiner (weicher), c es ges verminderter, c e gis übermäßiger und c e ges hart verminderter Dreiklang. Für die Septimenakkorde ist sie unzulänglich: c e g b, c es g b und c es ges b sind kleine, c e g h und c es g h große Septimenakkorde; c es ges heses ist ein verminderter Septimenakkord; c e gis b, c e ges b etc. müssen umständlich erklärt werden (kleiner Durseptimenakkord mit übermäßiger, resp. verminderter Quinte). Während die neuere Harmonielehre die Umkehrungen der Dreiklänge und Septimenakkorde mit diesen identifiziert, gibt die an den Generalbaß anlehnende Terminologie für diesen Zusammenhang der „abgeleiteten“ und „Stammakkorde“ keinerlei Anhalt. Der Sextakkord, bestehend aus Terz und Sexte, z. B. e g c, ist die erste, der Quartsextakkord, z. B. g c e, ist die zweite Umkehrung des Dreiklangs; der Quintsextakkord, bestehend aus Terz, Quinte und Sexte, z. B. h d f g, ist die erste Umkehrung des Septimenakkords (g h d f), der Terzquartsextakkord (Terzquartakkord) d f g h die zweite

I. Enge Lage.
II. Weite Lage.

und der Sekundquartsextakkord (Sekundakkord) f g h d die dritte. Die Lage der Akkorde, welche als tiefsten Ton den Grundton aufweist, heißt auch Grundlage (beim Dreiklang Dreiklangslage), die erste Umkehrung (mit der Terz als Baßton) heißt zweite Lage, die zweite (mit der Quinte als Baßton) heißt dritte Lage etc. Unter Oktavlage, Terzlage, Quintlage etc. versteht man in der Regel, daß der betreffende Ton in die Oberstimme kommt. Enge Lage der Akkorde nennt man die, bei welcher die den A. bildenden Töne möglichst nahe aneinander gerückt sind (Beispiel I); bei der weiten Lage ist die Reihe durchbrochen (Beispiel II).

Akkord (franz.), im allgemeinen s. v. w. Vertrag, Vergleich, Vereinbarung; im Konkursverfahren s. v. w. Nachlaßvertrag oder teilweiser Erlaß einer Schuld. [257] Hierbei besteht die Eigentümlichkeit, daß die Mehrzahl der dem A. zustimmenden Gläubiger auch die Minderheit der nicht zustimmenden zum Beitritt zwingen kann. Doch ist nach der deutschen Konkursordnung (§ 169) erforderlich, daß die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger wenigstens drei Viertel der Gesamtsumme aller zum Stimmen berechtigenden Forderungen beträgt (s. Zwangsvergleich). Vgl. ferner Arbeitslohn.