MKL1888:Alexandria

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Alexandria“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 328330
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Alexandria. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 328–330. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Alexandria (Version vom 26.02.2024)

[328] Alexandria (Alexandreia), eine von Alexander d. Gr. 331 v. Chr. gegründete und nach ihm benannte Stadt an der Küste von Unterägypten, jahrhundertelang eine der glänzendsten Großstädte des Altertums und als Pflegerin der Wissenschaften berühmt. Der Sage nach hatte dem Eroberer im Traum ein Greis die Verse Homers recitiert:

„Eine der Inseln liegt in der weit aufwogenden Meerflut
Vor des Ägyptos Strom, und Pharos wird sie geheißen“ –

und so die Lage der zu erbauenden Stadt bestimmt. Sie nahm den sandigen Streifen zwischen dem Meer und dem Strandsee Mareotis ein und war vom Baumeister Deinokrates angelegt. Ihr Umfang betrug an 19 km. Die vorliegende Insel Pharos war mit dem Festland durch einen mächtigen, 7 Stadien (1290 m) langen Damm (Heptastadion) verbunden, welcher den Hafen in eine westliche (Eunostos) und eine östliche Hälfte (den sogen. Großen Hafen) teilte. Diese Häfen sind noch die der jetzigen Stadt A.; das tief und fest begründete Heptastadion ist durch die vom Meer angeschwemmten Gerölle und Schuttmassen zu einer etwa 500 m breiten Landzunge geworden, die Kanäle aber, welche die Häfen ehedem verbanden, sind längst angefüllt. Auf der Ostspitze der Insel Pharos erhob sich, von Sostratos unter Ptolemäos I. im 3. Jahrh. v. Chr. erbaut, der berühmte, 160 m hohe, aus acht Stockwerken bestehende Leuchtturm, dessen Leuchte auf 300 Stadien (50–60 km) den Schiffen sichtbar war. Das prächtigste Quartier der Stadt war das sogen. Brucheion oder Basileia, das den „großen Hafen“ von S. einschloß und alle zur königlichen Residenz gehörigen Bauwerke umfaßte. Hier stand das weltberühmte Museion, der Brennpunkt des geistigen Lebens für mehrere Jahrhunderte, mit der großen, angeblich 700,000 Rollen starken Bibliothek (s. unten, S. 331); weiter nach der Küste hin der Tempel des Poseidon und das Theater. Am östlichen Ende des Brucheion ragten die sogen. Nadeln der Kleopatra empor, zwei schlanke Obelisken aus dem 16. Jahrh. v. Chr., von denen der eine seit 1878 in London, der andre seit 1880 in New York sich befindet. Im S. des Brucheions stand das prunkvolle Gymnasion mit 200 m langen Säulenhallen und ostwärts davon, vor dem Kanoposthor, der große Hippodrom (die Rennbahn). Im SW. der Stadt lag das Serapeion, nächst dem Kapitol in Rom das prachtvollste Gebäude seiner Art in der damals bekannten Welt (mit einer zweiten wertvollen Bibliothek von 200,000 Rollen), in dessen weiten Räumen zu Anfang des 4. Jahrh. n. Chr. ein römischer Präfekt, Pompejus, zu Ehren des Kaisers Diokletian eine imposante Säule errichtete, die noch heute, gewöhnlich Pompejussäule benannt, mitten unter Schutthügeln aufrecht steht, ein riesenhafter Monolith aus rotem Granit von 20 m Höhe und 21/2 m Durchmesser. Sie gehört zur korinthischen Ordnung und erreicht mit Fußgestell und Knauf eine Gesamthöhe von fast 32 m. Auf ihr wurden auf Napoleons I. Befehl die Namen der beim Sturm auf die Stadt 2. Juli 1798 gebliebenen französischen Soldaten eingezeichnet, die an ihrem Fuß beerdigt liegen. Den Mittelpunkt der gesamten Stadt bildete der ungeheure Platz, auf dem sich die beiden über 30 m breiten Hauptstraßen Alexandrias rechtwinkelig schnitten; Reihen großer Schutthaufen, einzelne Säulen und zahlreiche Zisternen deuten noch jetzt den Lauf dieser Hauptstraßen an. Im W. lag die große (unterirdische) Gräberstadt (Nekropolis), bis zu dem sogen. Bade der Kleopatra sich erstreckend. Die Hunderte der noch immer vorhandenen Zisternen zeugen noch heute von der Größe des alten Alexandrien. Unter den aufgetürmten Schuttmassen mögen noch ansehnliche Reste der großen Vorzeit verborgen liegen; mit vielen der alten Marmor- und Granitwerke hat sich Rom ausgestattet und nachmals Byzanz, über andre flutet das Meer. Bei der Besitznahme der Römer zählte A. nahezu eine Million Einwohner, und ein seltsames Gemisch von Völkern war hier zusammengedrängt: Griechen (die Mehrzahl), Ägypter und zahlreiche Juden; daneben Leute aus allen Gegenden der damals bekannten Welt, Schwarze und Weiße, die der Handel oder die Sklaverei hierher führte, endlich als Befehlende Römer. Vgl. Kiepert, Topographie des alten A. (Berl. 1872).

Das jetzige A. (arab. Iskanderieh, s. beifolgenden Stadtplan), Haupthafen und erste Handelsstadt Ägyptens, ist nächst Kairo die größte und blühendste Stadt des Landes, nimmt aber nur etwa ein Drittel von dem Raum des alten A. ein, nämlich die frühere Insel Pharos und die sie mit dem Festland verbindende Landzunge (das alte Heptastadion). Zu beiden Seiten der letztern liegen die beiden Häfen: westlich der alte oder afrikanische, östlich der neue oder asiatische Hafen, beide jetzt allen Nationen offen stehend, während bis Anfang dieses Jahrhunderts die fremden christlichen Schiffe nur in den nicht hinlänglich sichern neuen Hafen einlaufen durften. A. ist keine eigentlich orientalische Stadt, es bildet ein Gemisch von Orient und Occident, wobei jedoch der europäische Charakter mehr und mehr zur Geltung gelangt. Die Straßen des ältern (türkischen) Stadtteils sind ungepflastert, im Winter daher äußerst schmutzig, fast ungangbar, die Häuser entweder aus Backsteinen und rotem Lehm oder aus weißem Sandstein mit Mörtel gebaut, zwei, höchstens drei Stockwerke hoch, mit flachen Dächern, die Thüren nach der Straße zu verschlossen, die Fenster vergittert. Die mehr in die Augen fallenden Gebäude, wie der Palast des Chedive, das Zollhaus, das Marinearsenal u. a., sind sämtlich Werke Mehemed Alis. Das auffälligste Gebäude ist das auf der ehemaligen Pharosinsel (wahrscheinlich an der Stelle des alten Leuchtturms) stehende Kastell, wo sich auch seit 1842 der neue, 55 m hohe Leuchtturm erhebt, der auf 30 km sichtbar ist. Die Stadt ist nach der See- und Landseite hin durch Befestigungen verteidigt. Die Mauer, welche sie umschließt und durch etwa 100 Türme und Bastionen flankiert wird, ist die nämliche, welche die Araber nach der Zerstörung des alten A. errichteten. Das immer mehr wachsende und sich ausdehnende Quartier der Franken, in dem alljährlich palastartige Neubauten entstehen, zumal um den Platz Mehemed Ali (auch Platz der Konsuln) mit der

[Ξ]

ALEXANDRIA.
Maßstab 1:31000
Die Situation des antiken Alexandria ist mit blauer Farbe dargestellt.
[Datumsangabe:] X. 88.
Antirrhodos F2
Arsenal C2
Bahnhöfe F3, E4
Brucheion EF3
Cäsarium E3
Ciborium C3,4
Deutscher Verein D3
Deutsches Konsulat E3,4
Diokletianssäule D5
Douane C2
Emporium E3
Eunostos, Hafen AB3
Fort Ada C1
  Caffarelli CD3
  Kom-ed-Dik EF4
  de l’anc. Phare DE1
  Silsele G2
Friedhof, Arabischer D4
   Jüd. christ.G3
Gymnasium (antikes) FG4
Hafen, Großer DF2
  Kleiner F2
Harem AB2
Heptastadion CD2,3
Hippodrom B5
Judenkirchhof F3
Kanobische Straße E–G3
Katakomben A4
Kom-ed-Dik F4
Leuchtturm A2
   , Alter DE1
Lochias mit Königl. Pal. G2
Mahmudiye-Kanal D–G5
Mehemet-Ali Platz D3
Museum (antikes) F3
Nadel der Kleopatra E3
Nekropolis AB5
Österr. Ung. Konsulat (3) E3
Palast, Königl. F3
Paneum F4
Pharos DE1
Pharos-Insel BC2
Pompejus-Säule D5
Posidium E3
Post D3
Privathafen, Königl. F2
Quarantäne, Alte FG2
   , Neue A5
Rakotis CD4,5
Ras-et-Tin, Pal. B1,2
Römischer Turm F3
Rosette-Thor G3
Rue de la Porte de Rosette E–G3
Rue Ibrahim CD3,4
Serapeum D5
Soma E4
Telegraph, Ägypt. (1) E3
   , Engl. (2) E3
Theater (antikes) F3
Unterird. Kanal C4
Wasserleitung (ant.) D4E4

[329] Reiterstatue Mehemed Alis in Erzguß, drängt die Stadt der Einheimischen immer mehr in den Schatten. Hier hat sich ein völlig europäisches Leben entwickelt mit Gasbeleuchtung, glänzenden Läden, Kaffeehäusern, Theatern, Hotels; hier haben die Klubs und Vereine („Deutscher Verein“) ihren Sitz, hier liegen die europäischen Spitäler (deutsches Diakonissenhaus). Jeder europäische Handelsstaat hat in A. eine kleine Kolonie unter einem Konsul; alle Religionen genießen Schutz und Freiheit, und alle christlichen Hauptsekten besitzen hier Kirchen. Die Juden haben mehrere Synagogen und die Mohammedaner über 30 Moscheen. Einige reiche europäische Kaufleute haben sich in der Nähe von A. prächtige Landhäuser gebaut und Parke angelegt, und die Oberbeamten des Chedive fangen an, diesem Beispiel zu folgen. Der fremden Bevölkerung steht eine mindestens dreimal so starke einheimische, zumeist aus türkischen und arabischen Elementen gemischte gegenüber, die in armseligen, aus Lehm zusammengekneteten Hütten wohnt, und zu der sich noch Vertreter der verschiedensten afrikanischen Völkerschaften gesellen. Die Gesamtzahl der Einwohner wird zu (1883) 208,755 angegeben. Davon kommen auf die europäische Bevölkerung, welche, Handelsgewinn suchend, sich in A. niedergelassen hat, nahezu 60,000, vorherrschend Italiener, Griechen und Franzosen (nur etwa 1000 Deutsche). Der Flor der neuen Stadt gründet sich hauptsächlich auf den überseeischen Export- und Importhandel, welcher hier für ganz Ägypten seinen Sitz hat. Die Hauptgegenstände des Exporthandels sind gegenwärtig: Baumwolle und Baumwollsamen, Hülsenfrüchte, Ölsamen, Hanf, Indigo, Zucker, Gummi, Opium, Wolle, verschiedene Droguen etc.; Hauptgegenstände des Importhandels: europäische Seidenwaren, wollene und baumwollene Stoffe, Leder- und allerlei Kurzwaren und Luxusgegenstände etc. Die Verkehrsmittel Alexandrias sind so entwickelt wie nur die irgend eines andern Hafens am Mittelmeer; Dampferlinien führen nach Southampton, Marseille, Genua, Brindisi, Triest und Konstantinopel. Jährlich besuchen über 2000 Schiffe A. Zwei Telegraphenkabel führen nach Europa. Eine Eisenbahn führt in östlicher Richtung nach der nahen Sommerfrische Ramle und nach Rosette, eine zweite nach Kairo und Suez, eine dritte nach El Meks, Mittelpunkt der Arbeiten für die von einem englischen Hause ausgeführten großartigen Hafenanlagen. Das außerordentlich schnelle Emporkommen Alexandrias unter der jetzigen Regierung ist übrigens großenteils auf Kosten andrer Plätze bewerkstelligt worden, besonders Rosettes, das in gleichem Verhältnis sank und verarmte. Der Lebensnerv des heutigen A. ist der Mahmudiehkanal, welcher die Verbindung mit dem Innern unterhält und zugleich den Zweck hat, die Stadt mit Trinkwasser zu versorgen. Dieses großartige Werk despotischer Willenskraft, 1819 von Mehemed Ali angelegt und zu Ehren des Sultans Mahmud benannt, läuft vom alten Hafen zum Nilarm von Rosette in einer Länge von 83,5 km, 30 m breit und 6 m tief. Mit diesem Kanal, an dem anfangs 100,000, später sogar 310,000 Menschen arbeiteten (20,000 sollen durch Krankheiten und Hunger hingerafft worden sein), steht ein kleinerer von etwa 2728 m Länge, 20 m Breite und 6 m Tiefe in Verbindung, um beim Anschwellen des Nils das eintretende überflüssige Wasser abzuführen. An Stelle der Zisternen, von denen es noch über 1000 geben soll, ist seit 1860 eine aus dem Kanal Moharrem Bei (einem Zweig des Mahmudiehkanals) gespeiste Wasserleitung getreten, deren Wasser in der trocknen Jahreszeit jedoch kaum brauchbar ist. Das Klima Alexandrias ist im ganzen gesund, und selbst im Sommer ist die Hitze, durch den Seewind gekühlt, nicht drückend; selten steigt das Thermometer auf 26° C. Der vorherrschende Wind ist der Nordwind; im Winter regnet es fast täglich. A. ist der Sitz eines Gouverneurs, eines koptischen Patriarchen, seit 1876 eines internationalen Appellhofs, der Marine- und Handelsanstalten sowie der Marine- und Militärschulen und der fremden Konsuln. Alle Europäer genießen vollkommene Gewerbe- und Steuerfreiheit und Schutz von den ägyptischen Behörden. Die Garnison besteht aus 2–3000 Mann Kerntruppen. Die Eröffnung des Suezkanals und damit des Konkurrenzhafens Port Said hat keineswegs, wie man befürchtete, nachteilig auf die Blüte der Stadt gewirkt, die im Gegenteil sich noch mehr gehoben hat und den seit dem amerikanischen Bürgerkrieg so bedeutend gewordenen ägyptischen Baumwollhandel monopolisiert. Vgl. Franceschi, Volkswirtschaftliche Studien über A. und das untere Nilthal (Wien 1874).

Geschichte. Was der große Makedonier mit der Gründung Alexandrias gewollt, führten die ihm nachfolgenden Beherrscher Ägyptens teilweise aus. Die Ptolemäer wählten A. zur Hauptstadt ihres neuen Reichs, und unter ihrer Regierung hob es sich zu einer der blühendsten Städte des Altertums empor, groß durch Handel wie keine, als Sitz der Wissenschaften berühmter als alle, aber auch als Sitz einer durch überschwenglichen Reichtum genährten grenzenlosen Sittenlosigkeit und Üppigkeit berüchtigt. Als Cäsar 48 v. Chr. nach Pompejus’ Ermordung in A. erschien, entstand eine Empörung des Volks, gegen welche sich die Römer unter heftigen Kämpfen neun Monate lang im Besitz des Brucheion behaupteten (Alexandrinischer Krieg); ein Brand verzehrte damals den größten Teil der berühmten alexandrinischen Bibliothek. Mit Kleopatra endigte 30 v. Chr. die Reihe der Ptolemäer, aber die Blüte Alexandrias verlor beim Wechsel der Herrschaft nicht; es stand auch im Römerreich nur Rom selbst an Größe nach und war das Emporium, wo sich der gesamte Welthandel konzentrierte, der große Markt, wo die Produkte Arabiens, Indiens, Afrikas und das Korn Ägyptens für das Gold und Silber und die Erze der Westwelt vertauscht wurden. Die wissenschaftliche Bedeutung Alexandrias machte es auch zu einem Hauptsitz des Christentums; die heftigsten Kämpfe zwischen diesem und dem Heidentum und zwischen den christlichen Parteien schädigten die Blüte der Stadt. In diesen Kämpfen ging 389 n. Chr. mit dem Serapeion auch der Rest der Bibliothek zu Grunde. Vernichtet wurde aber A. als Hauptstadt Ägyptens und herrschender Handelsplatz durch die Araber, welche unter Führung Amrus die Stadt nach 14monatlicher tapferer Verteidigung durch griechische Truppen im Dezember 641 eroberten. Die Festungswerke wurden geschleift; der größte Teil der Stadt blieb zwar verschont, erhob sich aber nicht wieder zu der frühern Größe. Als das Kalifat selbst in Verfall geriet, erklärte sich der Statthalter Achmed 868 für unabhängig und gründete die Dynastie der Tuluniden, welche aber nach kurzer Dauer (908) Mahadi, dem Fatimiden, Platz machen mußte. Da beide Dynastien Kairo zur Residenz wählten, kam A. mehr und mehr herab. Im J. 1171 wurde die fatimidische Herrschaft von Saladin gestürzt, dessen Nachfolger ihrerseits 1250 durch die Mamelucken verdrängt wurden. Unter solchem Herrenwechsel kam A. durch Belagerung und Plünderung wiederholt in große Bedrängnis. Genuesen und Venezianer, die es zum Hauptstapelplatz des [330] indischen Handels auserkoren, schützten es allein noch vor größerm Verfall, der aber unvermeidlich eintreten mußte, als 1498 der neue europäisch-indische Handelsweg um Afrika entdeckt wurde. Im J. 1517 nahm die Despotie der Türken die Stelle der Mamelucken ein. Vom alten A. hatte sich bis zu Edrisis Zeit (12. Jahrh.) immer noch ein großer Teil der alten Monumente erhalten; ein Schatten von ehedem, war die Stadt gleichwohl noch groß und herrlich. Erst Selim und seine Türken gaben ihr den letzten Todesstoß. Was noch stand, wurde geschleift, durch Feuer und Schwert vernichtet und unter Schutt begraben; sogar die unter den Tuluniden entstandene Stadt der Araber, welche durch ihre sich rechtwinkelig durchschneidenden Gassen einem Schachbrett glich und zahlreiche Prachtgebäude einschloß, wurde der Erde gleichgemacht. Seitdem war A. nicht viel mehr als ein Haufe Trümmer, den niedrige arabische Hütten, dann und wann das zierliche Haus eines Franken oder die ummauerte Wohnung eines Türken, geräumige Gärten oder Anpflanzungen hoher Palmen umgaben. In solchem Zustand befand sich A., als Bonaparte mit seiner Expedition in der Nacht vom 1. zum 2. Juli 1798 vor A. erschien und es sofort erstürmte. Drei Jahre, bis Oktober 1801, blieb es in den Händen der Franzosen. Als sie abzogen, hatte A. kaum noch 7000 Einw., die in elenden Lehmhütten wohnten. So fand es Mehemed Ali bei seinem Regierungsantritt, der die rühmlichsten Anstrengungen machte, die Stadt wieder emporzubringen, und so im wesentlichen der Schöpfer des neuen A. ward. Im J. 1882 wurde die Stadt infolge der Empörung Arabi Paschas arg heimgesucht: 11. Juni war es Schauplatz einer blutigen Verfolgung der Europäer durch den aufgehetzten Pöbel, und da Arabi Pascha die Stadt besetzen und die Forts armieren ließ, ward es 11. Juli von der englischen Flotte unter Seymour bombardiert, worauf es von den erbitterten Soldaten und dem Volk in Brand gesteckt und geplündert wurde, bis die Engländer es 14. Juli besetzten.

Alexandria, andre Städte dieses Namens: 1) (Alecsandrie) Stadt im rumän. Kreis Teleorman (Walachei), am Wede, westlich Giurgewo, mit 11,310 Einw. – 2) Stadt in Schottland, s. Dumbarton. – 3) Stadt im amerikan. Staat Virginia, am schiffbaren Potomac, 12 km unterhalb Washington, mit lebhaftem Seehandel (1883: Einfuhr 15,785 Doll., Ausfuhr 127,027 Doll.) und (1880) 13,659 Einw.