MKL1888:Alligatoren

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Alligatoren“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 381
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Alligatoren. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 381. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Alligatoren (Version vom 15.09.2022)

[381] Alligatoren (Alligatoridae Gray, v. portug. lagarto, „Eidechse“), Reptilienfamilie aus der Ordnung der Krokodile, namentlich durch den Zahnbau von den verwandten Familien der Gaviale und Krokodile unterschieden; die Nackenschilder sind von den Rückenschildern getrennt, Bauchschilder sind meist vorhanden. Der Kaiman (Hechtkaiman, Champsa lucius, Alligator mississippiensis Gray, s. Tafel „Krokodile“), bis 5 m lang, mit breiter, flacher, fast hechtartiger Schnauze mit Längsleiste, 80 Zähnen, schwach entwickelten Beinen und kammartig erhobenen Schuppen auf dem Schwanz, ist auf der Oberseite schmutzig ölgrün, hier und da dunkel gefleckt, auf der Unterseite hellgelb, bewohnt alle Gewässer des südöstlichen Nordamerika bis zum 35.°, ist besonders häufig im Süden, bewegt sich auf dem Land höchst ungeschickt und langsam, ist daher hier ungemein feig, vermag nicht zu fliehen und verteidigt sich höchstens durch gewaltige Schläge mit dem Schwanz. Im Wasser ist er lebhafter und kühner, läßt sich aber durch Schläge mit einem Knüppel leicht vertreiben. In der Paarungszeit ist er erregter und gefährlich. Seine Hauptnahrung bilden Fische, doch bemächtigt er sich auch schwimmender Schafe, Ziegen, Hunde, Hirsche, Pferde. Im Winter ruht er im Schlamm vergraben, um sich vor der Kälte zu schützen. Das Weibchen trägt unfern vom Wasser im Gesträuch oder Röhricht Haufen von Blättern etc. zusammen, bettet in diese seine zahlreichen kleinen Eier, welche sich durch die Gärungswärme entwickeln, bewacht und verteidigt dieselben und führt die Jungen in kleine Tümpel, um sie vor den Männchen und großen Wasservögeln zu schützen. Man fängt den Alligator meist mit Netzen oder Schlingen und erschlägt ihn mit der Axt. Durch eine Kugel wird er nur dann schnell getötet, wenn sie das Herz oder Gehirn durchbohrt. Die Haut wird zu Schuhen und Sätteln benutzt. In den Vereinigten Staaten werden jährlich 20,000 Häute verarbeitet, meist aus den Sümpfen und Morästen Floridas. Das Fett dient als Maschinenschmiere, die stark nach Moschus duftenden Drüsen finden keine Verwendung, das Fleisch ist kaum genießbar. Man sieht ihn sehr häufig in Gefangenschaft; junge Tiere nehmen Futter und werden zahm, alte aber verschmähen in der Regel das Futter. Der Schakare (Jacare latirostris Gray) und der Brillenkaiman (J. sclerops Gray) bewohnen Südamerika, ersterer wird 4, letzterer 3 m lang; beide sind dunkel olivenbraun, grau marmoriert, unterseits grüngelblichweiß, sie lieben ruhige Flußarme und stehende Gewässer, fehlen in schnell fließenden Strömen, nähren sich von Fischen, fressen auch schwimmende Hunde und andre kleinere Tiere, fliehen den Menschen und liegen gewöhnlich bis zur Schnauzenspitze im Wasser. Zur Paarungszeit verbreiten sie starken Moschusgeruch, das Weibchen legt ca. 60 Eier von der Größe der Gänseeier in den Ufersand und bedeckt sie mit Gras. Auf dem Land ist das Tier völlig wehrlos, und auch im Wasser ist es leicht zu erlegen. Das Fleisch wird hier und da gegessen, die Moschusdrüsen geben mit Rosenwasser ein sehr starkes Parfüm, welches die bolivianischen Damen benutzen. Der Mohrenkaiman (J. nigra Gray), bis 6 m lang, oberseits schwarz, gelb gefleckt, unterseits gelblichweiß, bewohnt sehr zahlreich die Gewässer von Guayana, Nordbrasilien, Bolivia, Ecuador und Nordperu, wandert jährlich mit dem Gang der Überschwemmungen, vergräbt sich beim Austrocknen isolierter Lagunen in den Schlamm bis zur nächsten Regenzeit, während er an andern Orten das ganze Jahr hindurch thätig bleibt. Der Mohrenkaiman ist viel gefährlicher als die übrigen Arten und wird von den Eingebornen sehr gefürchtet. Er nährt sich hauptsächlich von Fischen, erbeutet aber auch Hunde, größere Vögel und kleinere A. Das Weibchen legt 30–40 Eier in eine Grube, überwacht die Jungen noch lange Zeit und verteidigt sie sehr mutig.