MKL1888:Aqua Tofāna
[711] Aqua Tofāna (lat., ital. Acquetta di Napoli oder di Perugia, Acqua della Toffa oder schlechtweg Acquetta genannt), berüchtigter, schon in Gaben von wenigen Tropfen tödlicher Gifttrank, welcher zwar langsam wirkte, aber das erwählte Opfer stets sicher hinwürgte, bestand in einer wasserklaren, geschmack- und geruchlosen Flüssigkeit, nach deren Genuß sich Symptome einstellten, welche nicht geeignet waren, den Verdacht einer Vergiftung zu erregen. Als Erfinderin dieses Mordmittels wird die Giftmischerin Tofana genannt, die zuerst in Palermo, später in Neapel ihr Wesen trieb. Um zu täuschen, gab sie dem Gifte den Namen „Manna von St. Nikolaus von Bari“ und versandte es mit dem Bilde dieses Heiligen als Heilmittel an ihre Kunden. Die Giftmischerin trieb ihr Unwesen lange Zeit, und als sie 1709 verfolgt wurde, floh sie in ein Kloster der Jesuiten, wo sie Schutz fand. Später fiel sie jedoch in die Hände der Gerechtigkeit und wurde unter Kaiser Karl VI. zu Neapel erdrosselt. Nach andern soll sie 1720 im Kerker gestorben sein. Bei ihrer peinlichen Vernehmung kamen so furchtbare Geschichten zu Tage, daß man nach dem Tode der Giftmischerin die Untersuchung ruhen ließ. Über die Zusammensetzung und wohl auch über die Wirkung der A. T. ist viel gefabelt worden; nach Garelli ist die A. T. nichts andres als eine wässerige Lösung von arseniger Säure mit einem Zusatz von Herba cymbalariae (Zimbelkraut). Dem Garelli standen die Akten über den Kriminalprozeß der Tofana offen, doch durfte er schwerlich die wahre Zusammensetzung des Gifts veröffentlichen. Nach Ozanam führte auch eine Bleizuckerauflösung sowie eine durch Destillation von Kanthariden mit Wasser und Alkohol gewonnene Flüssigkeit den Namen A. T. Das Eau admirable de Brinvilliers und die Acqua del Petesino scheinen von der A. T. wenig oder gar nicht verschieden gewesen zu sein.