MKL1888:Arras

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Arras“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 865
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Arras. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 865. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Arras (Version vom 14.11.2021)

[865] Arras (spr. arra oder arraß), Hauptstadt des franz. Departements Pas de Calais, 66 m ü. M., an der schiffbaren Scarpe (Nebenfluß der Schelde) und an der französischen Nordbahn gelegen, ist eine Festung ersten Ranges, zerfällt in die Altstadt (Cité) auf der Höhe und die Neustadt (Ville) in der Ebene und ist regelmäßig, bereits in vlämischem Charakter gebaut. Unter den Bauwerken sind die neue Kathedrale, die ehemalige Benediktinerabtei St. Waast und das Rathaus mit schönem Turm hervorzuheben. A. zählt (1881) 27,041 Einw. Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von Spitzen, Strumpfwaren, Rübenzucker, landwirtschaftlichen Maschinen und Bierbrauerei. Der Handel mit Getreide und Öl ist ansehnlich. A. ist Bischofsitz, hat 2 Seminare, 1 medizinische Schule, 1 Bibliothek (40,000 Bände) und 1 Museum. In der Nähe das Dorf St.-Laurent-Blangy mit Metallgießerei und Maschinenfabrik. – A. war die Hauptstadt des keltischen Volks der Atrebaten und hieß Nemetocenna (Nemetacum), später Atrebatä; es ward 407 von den Vandalen zerstört. In der Folge Hauptstadt der Grafschaft Artois, kam es mit letzterer an Burgund und ward Residenz des herzoglichen Hofs. Hier wurde 21. Sept. 1435 der Friede zwischen Karl VII. von Frankreich und Philipp dem Guten von Burgund und 23. Dez. 1482 der Friede zwischen Ludwig XI. und den niederländischen Ständen geschlossen, in welchem A. an Frankreich abgetreten ward. Im J. 1493 fiel jedoch die Stadt an Österreich zurück, das nun über einem Thor derselben die Inschrift anbringen ließ:

Quand les Français prendront Arras,
Les souris mangeront les chats!

(Wenn die Franzosen Arras bezwingen,
Werden die Mäuse die Katzen verschlingen!)

Als die Franzosen 1640 die Stadt dennoch eroberten, nahmen sie aus der Inschrift nur den Buchstaben p hinweg, wodurch aus dem „bezwingen“ ein „übergeben“ wurde. Im Pyrenäischen Frieden 1659 blieb A. bei Frankreich und wurde unter Ludwig XIV. von Vauban als Festung ausgebaut und mit bombenfesten Kasematten und starker Citadelle versehen. A. ist der Geburtsort der Brüder Robespierre.