MKL1888:Automāt

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Automāt“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 171172
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Automāt. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 171–172. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Autom%C4%81t (Version vom 24.03.2022)

[171] Automāt (griech.), im weitern Sinn jede sich selbst bewegende mechanische Vorrichtung, die durch im Innern verborgene Kraftmittel (Federn, Gewichte etc.) in Bewegung gesetzt wird, z. B. Uhren, Planetarien u. dgl.; im engern Sinn ein mechanisches Kunstwerk, welches vermittelst eines innern Mechanismus die Thätigkeit lebender Wesen, der Menschen (Android) oder Tiere, nachahmt und meist auch an Gestalt diesen nachgebildet ist. Die Erfindung der Automaten ist sehr alt. Die fliegende hölzerne Taube von Archytas von Tarent (400 v. Chr.), der Adler, den Pausanias erwähnt, die kriechende Schnecke des Demetrios Phalereus, der Android des Ptolemäos Philadelphos werden als die bewundertsten Automaten angeführt, aber ohne Angabe über ihre innere Einrichtung. Albertus Magnus verfertigte einen Androiden, welcher die Thür öffnete und die Eintretenden grüßte; Regiomontanus eine laufende Fliege und einen Adler, welcher den Kaiser Maximilian bei seinem Einzug in Nürnberg mit Flügelschlag und Kopfbewegungen begrüßte. Von der Erfindung der Taschenuhren durch Peter Hele 1500 zogen auch die [172] Verfertiger von Automaten großen Vorteil. Man machte Androiden, die sich bewegten, Zimbeln, Pauken und Lauten schlugen, Gewehre abfeuerten, kegelten, tanzten; Wagen, die ohne Bespannung fuhren; kleine Armeen von Reitern und Fußvolk, die Schlachten lieferten, u. dgl. Aus dieser Zeit stammt auch die Uhr des Straßburger Münsters mit ihren zwölf Aposteln und dem krähenden Hahn. Sehr berühmt wurden um die Mitte des 18. Jahrh. die Automaten des französischen Mechanikers Vaucanson. Unter ihnen wurden vorzüglich ein Flötenspieler, ein Trommelschläger und eine Ente bewundert. Diese Automaten sind nachher von Beireis für sein Kunstkabinett gekauft worden und später nach Holland gekommen. Sie wurden noch übertroffen durch die Arbeiten des Schweizers Jakob Droz zu Chaux de Fonds (eine prächtige Pendeluhr, die zugleich den Lauf der Himmelskörper nebst den davon herrührenden Erscheinungen darstellte und mehrere höchst kunstvolle automatische Figuren enthielt, ferner zeichnende, schreibende sowie klavierspielende Kinder etc.). Großes Aufsehen erregte Kempelens sprechender A., ein Android, welcher einige Töne und Worte, ähnlich der menschlichen Sprache, hervorbrachte. Hierher gehört auch die Fabersche Sprechmaschine aus dem Jahr 1874, bei welcher durch einen künstlichen Kehlkopf aus Kautschuk die Stimmen erzeugt wurden. Kempelens Schachspieler, welcher mit jedem lebenden Menschen, der es verlangte, eine Partie Schach spielte, war kein A., denn ein verborgener lebender Mensch leitete die Bewegungen der Figur vermöge eines sehr kunstreichen, aus Rollen, Schnüren, Hebeln, Druckfedern, Magneten und andern Teilen bestehenden Mechanismus. Ebensowenig darf man die Tendlerschen Figuren mit ihren höchst überraschenden und schönen Bewegungen und Handlungen, ihrem Mienenspiel, ihrem Lachen etc. zu den Automaten zählen, weil wahrscheinlich alle Bewegungen dieser Figuren von verborgenen Menschen hervorgebracht und geleitet wurden. Im J. 1807 zeigte Kaufmann in Dresden ein musikalisches Instrument, welches mehrere Stücke mit vollem Ton, richtigem Rhythmus sowie auch mit einer Hebung und Senkung des Tons und einer dem Gehalt des Stücks entsprechenden Änderung des Taktes spielte, wie man es nur von beseelten Wesen erwarten kann. Das zweite Kunstwerk, ein Trompeter, ist ein vollkommener A. Sein Instrument wird ihm an das in dem Mund befindliche Mundstück gesteckt und vertritt wohl nur die Stelle eines Schallrohrs, während das in dem Kopf befindliche Orgelwerk durch einen in der Brust sitzenden Blasebalg die nicht eben sehr angenehm klingenden Trompetentöne hervorbringt. Einfachere Automaten für den Markt werden in Nürnberg, Genf und Neuchâtel angefertigt. – In der Maschinentechnik ist A. s. v. w. Dampftopf.