MKL1888:Avérnus

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Avérnus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 180
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Avérnus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 180. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Av%C3%A9rnus (Version vom 07.01.2023)

[180] Avérnus (Averner See), kleiner, kreisrunder See bei Cumä in Kampanien, westlich von Neapel, 3 km im Umfang, 65 m tief, 1,2 m hoch gelegen, ein alter Vulkankrater, den das Altertum zum Mittelpunkt fast aller Sagen vom Schattenreich machte und so mit einem düster-poetischen Nimbus umkleidete. Hier war die Stätte des cumanischen Totendienstes; hierher verlegte man Homers Nekyia („Odyssee“, 11. Buch); hier wohnten die Kimmerier in tiefen Höhlen; hier waren Styx und Pyriphlegethon, der Hain der Hekate, die Elysäischen Gefilde und des Äneas Hinabgang in den Tartarus. Agrippa (unter Augustus) lichtete das mysteriöse Dunkel; er ließ den dichten Wald um den See aushauen, die schauerliche Gegend in anmutige Kulturanlagen verwandeln und den A. mit dem südlicher liegenden Lukriner See (und weiter mit dem Meer) verbinden. Die Entstehung des Monte Nuovo 1538 zerstörte diesen Zusammenhang wieder und verengerte den Umfang des vorher kreisrunden Kraters bedeutend. Was die Alten von der unergründlichen Tiefe und von giftigen Exhalationen, die darüberfliegende Vögel töten sollten, berichten, entbehrt der Begründung; aber noch heute herrscht eine unheimliche Stille über der Gegend, und die Ufer des Sees sind der Malaria unterworfen. An der Ostseite finden sich Ruinen, angeblich eines Apollotempels; an der Südseite der Eingang zur Grotta della Sibilla Cumana, einem 4 m breiten und 5 m hohen unterirdischen, größtenteils verschütteten Gang, der wohl zu Agrippas Bauten gehört. – Avernalisch, zum Avernus gehörig, höllisch.