MKL1888:Aventīnus
[179] Aventīnus, Johannes, eigentlich Turmair, ausgezeichneter Humanist und Historiker des 16. Jahrh., geb. 4. Juli 1477 zu Abensberg (Aventinum) in Bayern, studierte seit 1495 zu Ingolstadt; Wien, Krakau und Paris, ließ sich 1507 in Ingolstadt nieder, ward 1509 Hofmeister der Prinzen Ludwig und Ernst von Bayern, begleitete letztern 1515 und 1516 auf einer Reise durch Italien und übernahm nach seiner Rückkehr (1517) das Amt eines bayrischen Historiographen. Seine freimütigen Äußerungen über kirchliche Mißbräuche zogen ihm den Haß der Geistlichen zu und veranlaßten 1528 seine Gefangennehmung, die nur auf Verwendung des bayrischen Kanzlers L. v. Eck wieder aufgehoben wurde. Seitdem lebte A. teils zu Abensberg, teils in Regensburg, wo er 9. Jan. 1534 starb. Im J. 1861 ist ihm in seiner Vaterstadt ein Denkmal errichtet worden. Sein Hauptwerk sind die [180] „Annales Bojorum“ (Ingolst. 1554, Bas. 1615; hrsg. von Gundling, Leipz. 1710), ausgezeichnet durch gründliches Quellenstudium, Wahrheitsliebe und ebenso freisinnige wie großartige Weltanschauung. Sie sind das erste moderne Geschichtswerk und haben auf die Entwickelung der historischen Litteratur großen Einfluß ausgeübt. Sie behandeln die bayrische Geschichte (bis 1460) im Zusammenhang mit der deutschen und allgemeinen Geschichte. Die deutschen Dinge schildert er von nationalem patriotischen Standpunkt aus und tritt mit großer Schärfe den hierarchischen Anmaßungen der Päpste entgegen. Eine populäre Bearbeitung in deutscher Sprache ist die „Chronika“. Außerdem schrieb er das „Chronicon“ oder „Annales Schirenses“ (1600); „Historia non vulgaris vetustatesque Otingae Briorum“ (1518); „Antiquitates Germaniae“; „Rudimenta grammaticae latinae“ (1512). Eine Gesamtausgabe von A.’ Werken veranstaltete die bayrische Akademie der Wissenschaften (Münch. 1880–84, 5 Bde.). Vgl. Dittmar, Aventin (Nördling. 1862); Wiedemann, J. A. nach seinem Leben und seinen Schriften (Freising 1858); Döllinger, A. und seine Zeit (Münch. 1877).