MKL1888:Befestigung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Befestigung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Befestigung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 2 (1885), Seite 608609
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Befestigung; Wallburg
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Befestigung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 608–609. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Befestigung (Version vom 20.10.2022)

[608] Befestigung (Fortifikation), die Anlage von Verteidigungseinrichtungen und Bauten für den Truppengebrauch im Krieg. Man unterscheidet dabei die schnelle Herstellung flüchtiger Anlagen, die passagere oder Feldbefestigung (s. d.); den Bau von Befestigungen für lange Dauer und mit allen Mitteln der Kunst, permanente oder stehende B. (s. Festung); die Herstellung von Anlagen, die für längere Dauer bestimmt sind, aber in kurzer Zeit und deshalb mit ähnlichen Mitteln wie Feldbefestigungen hergestellt werden müssen (provisorische Befestigungen); den Bau von Wegen und Brücken (s. Feldbrücken) sowie die Zerstörung von Eisenbahnen, Brücken und Wegen nebst der Wiederherstellung solcher zerstörter Verbindungslinien. Die Kunst, welche die Ausführung aller dieser Arbeiten am richtigen Ort und mit den besten Mitteln lehrt, heißt die Befestigungskunst. Die provisorischen Befestigungen stehen zwischen den permanenten (Festungen) und den Feldbefestigungen und dienen in der Regel als Ersatz permanenter Befestigungen. S. Festung.

[Prähistorische Befestigungswerke.] Feste Plätze, zu denen schwer zugängliche, verteidigungsfähige Zufluchtsorte und Wohnstätten jeder Art zu rechnen sind, kennt man aus allen Zeiten von der neolithischen Periode bis in die frühslawische Zeit hinein. Sie werden am besten eingeteilt in Wallanlagen (Verschanzungen), Gehege (Gepück, Baumschanzen) und Gräben. 1) Wallanlagen (Verschanzungen) kommen vor mit einfachen, zwei- und mehrfachen Verwallungen (Doppelwälle, Doppelschanzen) und zwar bei allen drei unten näher beschriebenen Arten. Das Material der Schanzen besteht aus Erde oder Steinen oder aus diesen beiden Materialien zugleich und zeigt zuweilen infolge starker Brandeinwirkung stellenweise Verschlackung (Brandwälle), oder der ganze Wall ist mehr oder weniger durch Verschlackung in eine zusammenhängende Masse verwandelt (Schlackenwälle, verglaste Wälle, verglaste Burgen, Glasburgen). Letztere sind bekannt aus Böhmen und Schottland. Der Form nach teilt man die Verschanzungen ein in: a) Rundwälle oder Ringwälle. Die in den Ebenen vorkommenden Rundwälle liegen meist in Sümpfen und Mooren und sind zuweilen auf Pfahlrosten errichtet. Die Ringwälle sind kreisförmig, oval oder, dem Terrain sich anschmiegend, zuweilen etwas unregelmäßig gestaltet und hegen in bergigen Gegenden oft den Gipfel eines isolierten Bergkegels ein (Steinringe, Hünenringe). Zuweilen sind noch Außenwerke, Vorburgen, ebenfalls durch Schanzen eingeschlossen, mit dem eigentlichen Verteidigungswerk in Verbindung. b) Burgwälle, Wallburgen, bestehen aus Wällen, welche bogenförmig oder nahezu geradlinig quer über einen vorspringenden Bergrücken gelegt sind und denselben von dem hinterliegenden Terrain abschneiden. Es finden sich auch hier Außenwerke und Vorburgen. Obige beide Arten stehen zuweilen, wenn sie an See- oder Flußufern liegen, mit Pfahlbauten in Verbindung. [609] Sie werden vom Volk nicht weiter unterschieden, sondern mit denselben Benennungen bezeichnet und zwar als Räuber-, Römer-, Hunnen-, Hünen-, Heiden-, Hussiten-, Schweden- und Moskowiterschanzen, Bauern-, Hünenburgen, Burgstall, Borchelt, Wallberg, Wall, Steinburg, Hünenburg, alte Burg, alter Wall, Hünenwall, alte Schanze, alte Warte, Wartberg, Wachtberg, Hutberg. Sehr häufig ist in gebirgigem Terrain eine etwa vorhandene, günstig gelegene Quelle mit in die Befestigungswerke hineingezogen. Ob die sogen. Lauschhügel (Lugehügel, Wachthügel) hierher zu rechnen sind, ob dieselben Reste von Ansiedelungen, Opferstätten oder gar Grabhügel sind, bedarf jedesmal genauerer Feststellung durch eingehende Untersuchung. c) Langwälle erstrecken sich meist geradlinig, oft in weiter Ausdehnung, und sind ebenfalls einfach und doppelt (Parallelwälle). Sie sind bekannt unter folgenden Namen: Landwehr (dabei ist sorgfältig zu untersuchen, ob ein solcher Wall nicht mittelalterlichen Ursprungs ist) oder Pfahlgraben, Pfahl, Schweinsgraben, Teufelsgraben. Letzteres sind die Bezeichnungen für den Grenzwall, der ehemals römisches Gebiet gegen die frei gebliebenen germanischen Länder abschloß. 2) Gehege, Gebücke, Baumschanzen. Lebende Hecken, vielfach mittelalterlichen, oft noch spätern Datums, durch Verflechtung der Zweige niedrig gehaltener Baumstämme hergestellt. 3) Gräben kommen am häufigsten in Verbindung mit Schanzen vor und sind dann meistens nur infolge der Aushebung des Bodens zur Gewinnung des zu den Schanzen erforderlichen Materials (Erdmasse, Gerölle, Felsentrümmer) entstanden, oder sie schneiden, ohne danebenliegende Schanzen, vorspringende Berge oder Landzungen von dem dahinterliegenden Terrain ab, bilden also den Wallburgen ähnliche Befestigungsanlagen. Aber sie kommen auch als selbständige Werke vor unter den Namen Landgraben, Landwehrgraben, mögen in dieser Form jedoch wohl meist mittelalterlichen Ursprungs sein. Die sogen. Pfahlgräben, Schweinsgräben, Teufelsgräben, meist Bezeichnungen für den alten römischen Grenzwall, sind selten ohne dazu gehörige Verwallung. Ob die Bezeichnung schwarzer Graben stellenweise auf alte Anlagen schließen läßt, bedarf in dem betreffenden Fall der Untersuchung.