MKL1888:Beneficium competentiae

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Beneficium competentiae“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 687
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Beneficium competentiae. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 687. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Beneficium_competentiae (Version vom 14.05.2023)

[687] Beneficium competentiae (lat., die „Rechtswohlthat der Kompetenz“), das Recht, vermöge dessen ein Schuldner von seinem Gläubiger verlangen kann, daß dieser ihm so viel lasse, als er zum notwendigen Lebensunterhalt braucht („die Kompetenz“), und daß er auf mehr nicht verurteilt und exequiert werde („condemnatio in id, quod debitor facere potest“). Dieses Recht steht nach gemeinem Recht nur den Soldaten, den Hauskindern wegen derjenigen Schulden, die sie während des Bestehens der väterlichen Gewalt kontrahierten, und dem Schuldner zu, welcher von dem Rechte der Güterabtretung (bonorum cessio) Gebrauch machte. Ein Schuldner nämlich, welcher ohne sein Verschulden in Vermögensverfall geraten, konnte nach gemeinem Recht sein Vermögen an die Gläubiger abtreten und sicherte sich dadurch für die Folgezeit in Ansehung des später von ihm erworbenen Vermögens die Rechtswohlthat der Kompetenz. Außerdem steht ein gegenseitiges B. zu: den Ehegatten untereinander sowie den Gesellschaftern wegen Forderungen aus dem Gesellschaftsvertrag. Endlich genießt das B. der Vater dem Sohn und der Schwiegervater dem Schwiegersohn gegenüber, wenn letzterer auf die Mitgift klagt, sowie der Schenker gegenüber dem Beschenkten. Nach preußischem Recht steht auch den Personen, für welche eine gesetzliche Alimentationspflicht begründet ist, ein wechselseitiges B. zu. In der modernen Gesetzgebung hat sich aus dem B. der Grundsatz entwickelt, daß dem Schuldner überhaupt das für ihn und seine Angehörigen Unentbehrlichste gelassen werden muß. So ist nach dem Bundes- (Reichs-) Gesetz vom 21. Juni 1869 die Pfändung noch nicht verdienten Lohns der Regel nach ausgeschlossen, ebenso die Pfändung des Gehalts bis zum jährlichen Betrag von 1200 Mk. Die deutsche Zivilprozeßordnung erklärt ferner zahlreiche Gegenstände als der Pfändung nicht unterworfen, ebenso gewisse Forderungen, wie z. B. den Sold und die Invalidenpension der Unteroffiziere und der Soldaten etc. Dagegen gewährt die deutsche Konkursordnung dem Gemeinschuldner eine besondere Rechtswohlthat der Kompetenz nicht. Das Konkursverfahren umfaßt vielmehr das gesamte einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, welch letzterer nur aus den etwanigen Nutzungen, die ihm vermöge des Nießbrauchsrechts an dem Vermögen seiner Ehefrau oder seiner Kinder zustehen, die zu seinem, seiner Ehefrau und seiner Kinder Unterhalt erforderlichen Mittel beanspruchen kann. Doch ist es gestattet, dem Gemeinschuldner und seiner Familie den notdürftigen Unterhalt aus der Konkursmasse zu gewähren (s. Pfändung). Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 715, 749; Deutsche Konkursordnung, § 1, 118, 120.