MKL1888:Boie
[154] Boie, Heinrich Christian, Schriftsteller, geb. 19. Juli 1744 zu Meldorf im Holsteinischen, studierte seit 1763 in Göttingen Rechtswissenschaft, wurde 1775 hannöverscher Staatssekretär, 1781 dänischer Landvogt in Meldorf, 1790 dänischer Etatsrat und starb 3. März 1806 in Meldorf. Während seiner Studienzeit zu Göttingen vereinigte er sich 1770 mit Gotter zur Herausgabe des ersten deutschen „Musenalmanachs“, den er, nach Gotters Abgang von Göttingen, von 1771 bis 1775 allein redigierte. Dieser Göttinger „Musenalmanach“ wurde bald das Organ jenes Kreises von Jünglingen, die, unter dem Namen des „Hainbundes“ vereinigt, die Epoche einer neuen volkstümlichen Poesie herbeiführen halfen (s. Göttinger Dichterbund). B. selbst übte im Bunde das Amt des Kritikers und war als solcher sehr geachtet. Nachdem er von der Redaktion des „Musenalmanachs“ zurückgetreten, gründete er das „Deutsche Museum“, welches er 1776–77 mit Dohm, 1778–91 allein, (von 1789 an u. d. T.: „Neues deutsches Museum“) herausgab, eine der vielseitigsten und gehaltvollsten Zeitschriften des vorigen Jahrhunderts. Als Dichter hat B., wie er sich selbst am besten bewußt war, keine Bedeutung. Er schrieb kleine Lieder (vielfach Nachahmungen des Horaz oder der Franzosen), die unter dem Titel: „Gedichte“ (Brem. u. Leipz. 1770) und in Voß’ „Musenalmanach“ gedruckt erschienen. Mit letzterm übersetzte er auch Chandlers „Reisen durch Kleinasien und Griechenland“ (Leipz. 1776–77, 2 Bde.). Seine Briefe an Bürger (in Strodtmanns „Briefe von und an Bürger“, Berl. 1875, 4 Bde.), Knebel (in dessen „Nachlaß“), Merk (in der ersten [155] Wagnerschen Sammlung), Halem (in dessen Selbstbiographie) und Voß sind für die Litteraturgeschichte jener Zeit von Interesse. Vgl. Weinhold, H. Chr. B., Beitrag zur Geschichte der deutschen Litteratur im 18. Jahrhundert (Halle 1868).