MKL1888:Boisserée

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Boisserée“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 157
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Boisserée. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 157. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Boisser%C3%A9e (Version vom 11.04.2021)

[157] Boisserée (spr. bŏass’reh), Sulpice, geb. 2. Aug. 1783 zu Köln, und Melchior, geb. 23. April 1786 daselbst, zwei um die Kunstgeschichte verdiente Gelehrte, vorzüglich bekannt durch die nach ihnen benannte Gemäldesammlung. Auf einer Reise, die sie 1803 nach Paris machten, bildeten sie an den dort aufgehäuften Kunstschätzen ihren Kunstsinn aus, und die Vorlesungen Fr. Schlegels, der sich damals in Paris befand, über Philosophie und schöne Litteratur gaben demselben eine wissenschaftliche Grundlage. Da sie der Anblick der im Museum aufgestellten altdeutschen Gemälde an ähnliche in ihrer Heimat erinnerte, so bewogen sie Schlegel, 1804 sie nach Köln zu begleiten, wo sie unter seiner Leitung die aus den Kirchen und Klöstern verschleuderten Kunstschätze zu sammeln anfingen. Zu gleichem Zweck bereisten sie die Niederlande und die Rheingegenden und ließen 1810 ihre ganze Sammlung nach Heidelberg bringen. Von hier aus bereiste Sulpice Sachsen und Böhmen, sein Bruder nochmals die Niederlande. Seit 1818 war ihnen vom König von Württemberg ein geräumiges Gebäude zur Benutzung angewiesen, worin 1819 die Sammlung zuerst vollständig aufgestellt wurde. Ferner veranstaltete man lithographische Nachbildungen der vorzüglichsten Werke, die 1821–34 in 38 Lieferungen erschienen. Die Sammlung umfaßte mehr als 200 Gemälde aus dem 14., 15. und 16. Jahrh. und entriß namentlich die niederrheinischen Meister der Vergessenheit. Im J. 1827 kaufte König Ludwig I. von Bayern die Sammlung für 360,000 Mk. an und ließ sie schließlich der Pinakothek einverleiben. Infolge dieses Kaufs wählten die Brüder B. München zu ihrem Aufenthaltsort. Sulpice B. hat sich außerdem noch durch seine Forschungen über die alte Kirchenbaukunst ein großes Verdienst erworben. Um den Kölner Dom vollständig bildlich darzustellen, unternahm er seit 1808 die sorgfältigsten Messungen und zeichnete die Entwürfe, die er durch den Maler Fuchs in Köln ausführen ließ. Das große Werk erschien in Lieferungen nebst Text unter dem Titel: „Geschichte und Beschreibung des Doms von Köln“ (Stuttg. 1823–32, 2. Aufl. 1842). Als Vorläufer eines besondern Werks über deutsche Kirchenbaukunst im allgemeinen diente das Werk „Die Denkmale der Baukunst vom 7. bis 13. Jahrhundert am Niederrhein“ (72 lithographierte Blätter, Münch. 1831–33; neue Ausg. 1842 mit französischem, 1843 mit deutschem Text). Früher schon zum Oberbaurat ernannt, erhielt Sulpice B. 1835 die Stelle eines Generalkonservators der plastischen Denkmäler Bayerns, nahm aber schon im folgenden Jahr seine Entlassung, um sich zur Kräftigung seiner Gesundheit nach Italien zu begeben, wo er zwei Jahre verweilte. Er schrieb noch: „Über den Tempel des heiligen Gral“ (1834) und „Über die Kaiserdalmatika in der Peterskirche zu Rom“ (1842) in den „Abhandlungen der bayrischen Akademie der Wissenschaften“, deren Mitglied er war. 1845 siedelten die Brüder nach Bonn über, da der König von Preußen dem ältern Veranlassung geben wollte, in der Nähe des Kölner Doms zu wohnen, um seine Kunsterfahrungen dem Bau zu gute kommen zu lassen; zugleich wurde Sulpice B. zum Geheimen Hofrat ernannt. Melchior starb 14. Mai 1851, und Sulpice folgte ihm 2. Mai 1854 im Tod nach. Die Selbstbiographie und den Briefwechsel des letztern gab seine Witwe unter dem Titel: „Sulpiz B.“ (Stuttg. 1862, 2 Bde.) heraus.