MKL1888:Bopp

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Bopp“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Bopp“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 3 (1886), Seite 207
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: Franz Bopp
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Franz Bopp
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Bopp. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 207. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Bopp (Version vom 06.11.2022)

[207] Bopp, Franz, der Begründer der vergleichenden Sprachforschung, geb. 14. Sept. 1791 zu Mainz, siedelte mit seinen Eltern nach Aschaffenburg über, wo Windischmann die Liebe zu orientalischen Studien in ihm entzündete, und ging 1812 nach Paris. Hier, im Verkehr mit Chézy, Silvestre de Sacy, A. W. v. Schlegel u. a., reifte unter Benutzung der dortigen Bücher- und Handschriftensammlungen seine bahnbrechende Schrift „Über das Konjugationssystem der Sanskritsprache“, welche mit einer empfehlenden Vorrede seines Lehrers Windischmann (Frankf. a. M. 1816) erschien. Vom König Max I. von Bayern erhielt er die Mittel, nach London zu gehen. Hier trat er zu dem damaligen preußischen Gesandten W. v. Humboldt, der sein Schüler im Sanskrit ward, in nahe Berührung, erweiterte sein Konjugationssystem zu einer auch die Deklination umfassenden englischen Darstellung und gab den Text mit lateinischer Übersetzung von „Nalas“, einer Episode aus dem Mahâbhârata (Lond. 1819), heraus. Nach Bayern zurückgekehrt, erhielt er auf W. v. Humboldts Veranlassung 1821 eine außerordentliche Professur an der Universität zu Berlin, ward 1822 Mitglied der dortigen Akademie der Wissenschaften und 1825 ordentlicher Professor der orientalischen Litteratur und allgemeinen Sprachkunde. Seine umfassende, einen Sprachkreis nach dem andern in zahlreichen Einzelschriften erobernde Thätigkeit fand seit 1833 ihren konzentrierten Ausdruck in dem Werk „Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Zend, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Gotischen und Deutschen“ (Berl. 1833–52, 6 Bde.; 3. Aufl. 1868–71, 3 Bde.; auch ins Englische wie 1866 von Bréal ins Französische übertragen). Daneben verfaßte er ein „Ausführliches Lehrgebäude der Sanskritsprache“ (Berl. 1828), woran sich die lateinische „Grammatica critica linguae sanscritae“ (das. 1829–32) und die auch durch ihre praktische Anordnung ausgezeichnete „Kritische Grammatik der Sanskritsprache in kürzerer Fassung“ (das. 1834, 4. Aufl. 1868) anschlossen. In seinem „Glossarium sanscritum“ (Berl. 1830, 3. Aufl. 1866) lieferte er ausreichendes Material für die erste Lektüre des Sanskrits und ein seine vergleichende Grammatik geschickt ergänzendes sprachvergleichendes Glossar. Dem Mahâbhârata entnahm er außer dem Nalas die mit Sorgfalt edierten Episoden: „Indralokâgama, Ardschunas Reise zu Indras Himmel“ (Berl. 1824); „Die Sündflut nebst drei andern der wichtigsten Episoden des Mahâbhârata“ (das. 1829). Noch schrieb er: „Über die keltischen Sprachen“ (Berl. 1839); „Über die Verwandtschaft der malaiisch-polynesischen Sprachen mit dem Indogermanischen“ (das. 1841); „Über die kaukasischen Glieder des indo-europäischen Sprachstammes“ (das. 1847); „Über die Sprache der alten Preußen“ (das. 1853); „Vergleichendes Accentuationssystem“ (das. 1854); „Über das Albanesische in seinen verwandtschaftlichen Beziehungen“ (das. 1855). Die meisten deutschen und viele ausländische Sprachforscher sind Bopps Schüler gewesen. Der 16. Mai 1866 wurde als der 50. Jahrestag des Erscheinens seines „Konjugationssystems“ festlich begangen und die Feier der Begründung der vergleichenden Sprachwissenschaft durch eine besondere, der Förderung ihrer Zwecke geltende Stiftung (Bopp-Stiftung) bezeichnet, deren Mittel sich aus Beiträgen der deutschen Fürsten und der Philologen etc. der ganzen Welt bildeten. B. starb in Berlin 23. Okt. 1867. Vgl. A. Kuhn, Franz B., in „Unsre Zeit“ (1868), und R. Gosche in der „Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft“ (Bd. 24).