MKL1888:Broschi

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Broschi“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 467
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Broschi. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 467. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Broschi (Version vom 17.06.2021)

[467] Broschi (spr. -ki), Carlo, Sänger, geb. 24. Jan. 1705 zu Neapel, wurde wegen einer durch einen unglücklichen Fall bewirkten Verletzung schon in seinem zartesten Knabenalter kastriert; um aber des Sohns Mißgeschick doch auf eine Weise zu nützen, ließ ihn der Vater, da er Stimme und Neigung zur Musik verriet, im Gesang unterrichten. Der damals berühmteste Gesanglehrer Italiens, Porpora, übernahm seine Ausbildung und löste seine Aufgabe mit solchem Eifer, daß er den Knaben sogar auf seinen Reisen mit sich nahm. Sein Umgang mit den drei Söhnen eines angesehenen Hauses zu Neapel, Farina, gab die scherzhafte Veranlassung zu Broschis Künstlernamen Farinelli, der mit ihm auf die Nachwelt gekommen ist. In seinem 17. Jahr kam B. nach Rom, wo er am Theater Aliberti debütierte und das Publikum unter anderm dadurch in Erstaunen setzte, daß er bei einem Wettstreit mit einem Trompeter des Orchesters durch die Kraft, Ausdauer und Geläufigkeit seiner Stimme den Sieg davontrug. Die Neigung zum äußerlich Effektvollen scheint ihn auch in den folgenden Jahren beherrscht zu haben, denn auf einer seiner Reisen nach Wien (1731) mußte er vom Kaiser Karl VI., während dieser ihn am Klavier begleitete, die Ermahnung hören, sich einer größern Einfachheit zu befleißigen, um nicht bloß Überraschung, sondern auch Rührung hervorzurufen. Diese Kritik sowie der Verkehr mit dem Haupte der italienischen Kunstgesangschule, Bernacchi, den er 1727 in Bologna kennen gelernt, können nicht ohne läuternden Einfluß auf Broschis Kunstanschauung geblieben sein, denn als er einige Jahre später (1734) in London auftrat, wußte er den höchsten Ansprüchen zu genügen. Von hier aus ging er nach Madrid und machte durch seinen Gesang den wunderbarsten Eindruck auf den tiefmelancholischen König Philipp V., der den Künstler liebgewann und sich von ihm selbst in politischen Angelegenheiten bestimmen ließ. B. ward infolge dieser Vorgänge der Liebling des königlichen Hauses, Grande von Spanien, Ritter des großen Ordens von Calatrava und erhielt zugleich das Dekret einer lebenslänglichen Anstellung als königlicher Kammersänger mit einem jährlichen Gehalt von 2000 Karolin (40,000 Mk.), der durch häufige und reiche Geschenke noch bedeutend erhöht wurde. Auch bei den Königen Ferdinand VI. und Karl III. stand B. in hohem Ansehen. Ersterer gründete nach seinem Plan eine Oper und ernannte ihn zum Direktor derselben. Im J. 1761 ging B., im Besitz eines ungeheuern Vermögens, nach Bologna zurück, baute sich dort ein Landhaus und starb 15. Juli 1782. Mit seinem großen Ruhm als Künstler vereinigte B. den Ruf eines rechtschaffenen und bescheidenen Mannes.