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MKL1888:Buchez

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Buchez“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 563
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Buchez. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 563. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Buchez (Version vom 03.08.2022)

[563] Buchez (spr. büscheh), Philippe Benjamin Joseph, Arzt und Schriftsteller, geb. 31. März 1796 zu Mortagne (Dep. Ardennen), kam früh nach Paris, erhielt dort Beschäftigung am Steueramt, studierte Medizin, Naturwissenschaft, Philosophie und Geschichte, beteiligte sich vielfach an geheimen Gesellschaften und Verschwörungen gegen die Bourbonen, redigierte das „Journal des progrès des sciences et institutions médicales“, durch das er sich einen ehrenvollen Ruf erwarb, nahm eine Zeitlang auch an der Redaktion des Saint-Simonistischen Blattes „Le Producteur“ teil, trennte sich aber von der ganzen Schule wegen der pantheistischen Richtung, welche dieselbe nahm. Nach der Revolution von 1830 veröffentlichte B.: „Introduction à la science de l’histoire“ (Par. 1833; 2. Aufl. 1842, 2 Bde.), worin er seine eignen philosophischen Ansichten niederlegte. Gleichzeitig gründete er die Zeitschrift „L’Européen“, die sein neukatholisches System, den sogen. Buchesismus, ins praktische Leben einführen sollte. Er empfahl in diesem Blatt auch die Gründung von Produktivgenossenschaften und die Abtretung eines Teils des Gewinnes zu gunsten der gesamten Arbeiterklasse, eine Idee, welche bei den französischen Arbeitern großen Anklang gefunden hat, auch mehrfach verwirklicht worden ist. Mit Roux-Lavergne begann B. die „Histoire parlementaire de la révolution française“ (Par. 1833–38, 40 Bde.; von der 2. Auflage erschien nur Bd. 1–6, 1845–47), ein Werk, das die reichsten Materialien für die Geschichte der französischen Revolution enthält, aber entschiedenen Republikanismus verficht. Ihr folgte der „Essai d’un traité complet de philosophie, au point de vue du catholicisme et du progrès“ (Par. 1839–40, 3 Bde.). Die Schriften B.’ führen vermittelst eines geistvollen Parallelismus zwischen Natur und Geschichte zu dem Grundsatz, daß der Mensch moralisch und politisch für den Fortschritt, d. h. für die Entwickelung zur sittlichen Vollendung, bestimmt sei; dieser sittliche Fortschritt aber besteht in der Aneignung und Ausübung der christlichen Moral, wie sie im Katholizismus aufgestellt wird. Nach der Februarrevolution 1848 wurde B. in die Nationalversammlung gewählt und hier auf den Präsidentenstuhl berufen, entfaltete jedoch bei dem Attentat vom 15. Mai so wenig Energie, daß er alles politische Ansehen einbüßte. Er starb 12. Aug. 1865 in Rhodez (Aveyron). Noch erschienen von ihm: „Histoire de la formation de la nationalité française“ (Par. 1859, 2 Bde.) und „Traité de politique et de science sociale“ (1866, 2 Bde.).