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MKL1888:Burns

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Burns“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 675676
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Burns. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 675–676. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Burns (Version vom 22.10.2022)

[675] Burns (spr. bö́rns), Robert, berühmter schott. Liederdichter, geb. 25. Jan. 1759 in der Grafschaft Ayr im südlichen Schottland, war der Sohn eines armen Pachters und verlebte eine Jugend voll Not und Armut. Durch seine Mutter lernte er die romantischen Traditionen der Heimat und die im Volk lebenden Lieder kennen, die in seinen eignen den schönsten Widerklang finden sollten. Die ersten Bücher, die nachhaltigen Eindruck auf ihn machten, waren eine Lebensbeschreibung Hannibals und die Geschichte des schottischen Helden Wallace, welche ihn mit glühender Vaterlandsliebe erfüllte. Auch die bedeutendsten Dichter Englands, besonders Pope und Shakespeare, selbst philosophische Schriften, wie von Locke und Bayle, hatte er im Alter von 16 Jahren bereits gelesen. Dies förderte ihn mehr als der Privatunterricht, den er trotz der dürftigen Verhältnisse der Eltern empfing. Der Vater hatte inzwischen eine Pachtung, Mount Oliphant, übernommen, und der heranwachsende Sohn mußte ihm bei der Feldarbeit beistehen. Hier, hinter dem Pflug, war es, wo sein dichterischer Genius, durch die Liebe zu einem Landmädchen geweckt, seinen ersten Flug versuchte. 19 Jahre alt, kam er auf die Schule zu Kirk-Oswald, einem Städtchen an der Meeresküste, um mathematische Studien zu treiben; aber auch diese wurden bald wieder durch die Liebe unterbrochen. Der junge Bauernsänger, zugleich der munterste Gesellschafter, erregte bald die Aufmerksamkeit seiner Nachbarn und wurde nun in einen Strudel rauschender Vergnügungen hineingezogen, dem er bei seiner Erregbarkeit nur zu wenig Widerstand leistete. Als der Vater mit Strenge dagegen einschritt, verließ B. das väterliche Haus und etablierte in Gesellschaft eines Webers einen Flachshandel in Irvine. Aber sein Haus ging in Feuer auf, und sein Kredit war dahin. Nach dem Tode des Vaters (1784) fühlte B. die Verpflichtung, die Stütze der Familie zu werden, und übernahm mit seinem Bruder Gilbert eine kleine Pachtung in Mosgiel bei Mauchline, wo er eine rastlose Thätigkeit entwickelte, ohne jedoch, von Mißernten heimgesucht, dem Unglück wehren zu können. Die ernstere Richtung, auf die ihn die Verhältnisse geführt hatten, zeigte sich zugleich in einem geregeltern Leben wie in der größern Stetigkeit seiner Neigungen. Hier an den Ufern des Ayr fand er jene Hochland-Mary (Mary Campbell, Milchmädchen auf dem nahen Schloß Montgomery), der seine schönsten Lieder gewidmet sind, und der er lebenslang (sie starb früh) das treueste Andenken bewahrte. Trotzdem knüpfte er schon kurze Zeit nach Marys Tod mit einem andern Mädchen, Jean Armour, ein Verhältnis an, das bald vor den Augen der Welt eine Rechtfertigung durch die Ehe erheischte. B. war dazu bereit, allein die Verbindung stieß von seiten des streng calvinistischen Vaters auf Hindernisse. Schon hatte der verzweifelnde Dichter den Entschluß gefaßt, eine Stellung als Plantagenaufseher in Jamaica anzunehmen, als er erfuhr, daß eine Sammlung von Gedichten, die er auf Subskription hatte drucken lassen, in Edinburg begeisterten Beifall gefunden und ihm einen Reingewinn von 20 Pfd. Sterl. abgeworfen habe. B. begab sich nun nach Edinburg, wo er eine glänzende Aufnahme fand und allgemein bewundert und verehrt ein Jahr verweilte. Zugleich gab er eine 2. Auflage seiner Gedichte heraus unter dem Titel: „Poems chiefly in the Scottish dialect etc.“ (Edinb. 1787), die ihm 500 Pfd. Sterl. einbrachte. Endlich kehrte er in die Einsamkeit seinem Hochlandes zurück, im Herzen noch treu an Jean hängend, die ihm inzwischen Zwillinge geboren, und die der strenge Vater dem gefeierten Dichter nun nicht länger versagte. B. pachtete 1789 ein Gut bei Dumfries, das sich jedoch in etwas verwahrlostem Zustand befand; dazu nahmen ihn häufige Besuche und damit verbundene Zerstreuungen stark in Anspruch, und so kam es, daß er schon nach 31/2 Jahren die Pachtung mit großem Verlust aufgeben und sich nach einer andern Stellung umsehen mußte. Durch Vermittelung des Grafen von Glencairn erhielt er einen Posten als Steueraufseher, der ihm jährlich 70 Pfd. Sterl. eintrug, aber begreiflicherweise seiner Neigung wenig zusagte; dazu kamen andre Widerwärtigkeiten. Trotzdem dichtete B. um diese Zeit viele schöne Lieder und schrieb politische Aufsätze in die Tagesblätter. Die ersten Ereignisse der französischen Revolution hatten ihn mächtig ergriffen, aber seine unumwunden ausgesprochenen Gesinnungen zu gunsten derselben ließen ihn als Jakobiner erscheinen und raubten ihm die Gunst seiner vornehmen Gönner und Freunde. Auch verhehlte er nicht seine warme Liebe zu der verdrängten Dynastie der Stuarts. Das ungeregelte Leben, eine Folge seines Berufs sowohl als der abnehmenden Festigkeit des Willens, der häufige Genuß geistiger Getränke, dem er sich hingab, untergruben seine Gesundheit. Eine schwere Krankheit nötigte ihn, seine Amtsthätigkeit aufzugeben, und nach kurzem Aufenthalt in einem benachbarten Seebad starb er 21. Juli 1796 in Dumfries, erst 38 Jahre alt.

B. folgt in seinen Gesängen keinem andern Lehrer als der Natur, kennt keine andre Begeisterung, als die er aus der Tiefe seines Herzens und aus dem wirklichen Leben schöpfte. Er dichtete nur Selbstempfundenes und Selbsterlebtes; seine Gedichte spiegeln wechselweise seine Freuden und seine Schmerzen, seine Hoffnungen als Kind, seine Liebesneigungen als Jüngling, seine treue Anhänglichkeit an sein Hochland und an die Freiheit, seine Träumereien und sein Murren gegen die zivilen Bande und werden schon als Zeugnisse volkstümlicher Anschauung und Denkungsart einer Nation, die mehr und mehr erstirbt, bleibenden Wert behalten. Und in allen seinen Liedern klingt es und singt es wie von selbst, auch hierin sind sie echten Volksliedern gleich. Auf die englische Litteratur übte seine gesunde und frische Natürlichkeit einen großen Einfluß aus: W. Scott und Th. Moore, die Seeschule, selbst Byron und Shelley stehen auf seinen Schultern. Auch in der Prosa zeichnete sich B. aus. Seine Briefe und kleinen politischen Schriften zeigen eine Reinheit und Leichtigkeit des Ausdrucks, eine Eleganz, Mannigfaltigkeit und Kraft, welche den Mann von Genie bekunden. Zum Besten seiner Witwe und seiner Kinder veranstaltete sein Freund Currie eine Sammlung seiner Werke (Lond. 1800, 4 Bde.), worin jedoch mehrere seiner ausgezeichnetsten Dichtungen fehlen, die sich zum Teil in den später von Cromek herausgegebenen „Relics of Robert B.“ (Lond. 1808) vorfinden. Seitdem erschienen zahlreiche Ausgaben, meist mit Biographie und Noten, unter andern von Gilbert Burns, des Dichters Bruder (Glasgow 1820, 4 Bde.); von Cunningham (Prachtausgabe, Lond. 1835, 8 Bde.); von Blackie (Edinb. 1871, 2 Bde.); von R. Chambers (mit vorzüglicher Biographie, neue Ausg. 1873, 4 Bde.); von A. Smith (Lond. 1880, 2 Bde.); von Paterson (Edinb. 1880, 6 Bde.). Deutsche Übersetzungen der Gedichte (meist in Auswahl) lieferten Ph. Kaufmann (Stuttg. 1840), Heintze [676] (Braunschw. 1840), Pertz (Leipz. 1859), Bartsch (Hildburgh. 1865), Laun (3. Aufl., Brem. 1885) u. a. In Dumfries ward dem Dichter 1859 ein Denkmal gesetzt. Unter seinen Biographien sind noch die von Lockhart (Edinb. 1828 u. öfter) und Sharp (Lond. 1879) hervorzuheben. Eine treffliche Charakteristik des Dichters gibt Carlyle in seinen „Essays“, Bd. 1.