MKL1888:Byssus

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Byssus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 706
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Byssus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 706. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Byssus (Version vom 29.10.2022)

[706] Byssus, ein aus dem Hebräischen oder Koptischen stammender, zwar im ganzen Altertum gebräuchlicher, aber nicht scharf bestimmter, allgemeiner Name eines seiden- oder baumwollartigen Stoffes, dann überhaupt aller kostbaren Gewebe. Die alten Ägypter verfertigten solche teils aus dem Haarbüschel der Steckmuschel (Pinna, s. den folgenden Artikel), teils aus einer wegen ihrer Naturfarbe hochgeschätzten gelblichen oder rötlichen Baumwollgattung. Von dieser letzten Art waren wohl die meisten unter dieser Benennung gerühmten Zeuge. Der B. war gewöhnlich weiß, der kostbarste aber gelb, nankingähnlich, wurde in Griechenland nur in Elis gewonnen und stand äußerst hoch im Preis. Man verfertigte zu Paträ aus ihm Kleider (bei Griechen und Römern Sindon genannt) und Haarnetze, womit auch die römischen Damen prunkten. Noch vorzüglicher als der eleische soll nach demselben Autor der hebräische Schesch, Buz, gewesen sein, nicht sowohl in betreff der Feinheit und Weichheit als vielmehr hinsichtlich der brennend gelben Farbe. Wann die Baumwolle bei den Griechen zu Kleidern gewebt wurde, ist nicht bestimmt anzugeben; Homer kennt bloß Schafwolle und Flachs, und Herodot erwähnt den B.-Sindon bei Asiaten und Ägyptern als etwas Seltenes. Bei den Römern kommt der Name B. selten vor; vielleicht war für denselben Stoff ein andrer Name (koische Gewänder) im Gebrauch.

Byssus (Muschelseide, Muschelfäden, Muschelbart), ein Bündel biegsamer, feinerer oder gröberer Fäden, welche viele Muscheln absondern und zur zeitweiligen oder dauernden Befestigung, auch wohl zu einer Art Nestbau verwenden. Die Drüse, welche den B. liefert (Byssusdrüse), liegt im Fuß der Muschel, ist rudimentär bei den Flußmuscheln, wenig entwickelt bei vielen marinen Gattungen, in vollster Thätigkeit jedoch bei der Miesmuschel, Riesenmuschel, Steckmuschel etc. Die Fäden bleiben unter Wasser klebrig und weich, erhalten jedoch an der Luft eine gewisse Härte und Zähigkeit und lassen sich so technisch verwerten. Bei der Steckmuschel (s. d.) gleichen sie an Feinheit und Glanz der ungezwirnten Seide, sind braun, gelblich, olivenfarben, schwarz, auch wohl bläulich und verschieden lang. Die Muschelseide (vorzüglich die feinen Fäden der Pinna nobilis) wurde schon im Altertum (s. den vorhergehenden Artikel) und wird auch jetzt noch in Italien und im südlichen Frankreich zum Weben und Stricken benutzt. Die Handschuhe, Geldbeutel, Strümpfe etc. aus ihr sind ziemlich dauerhaft und warm. Vgl. Simmonds, The commercial products of the sea (Lond. 1879).

Byssus, alte, jetzt aus dem Pilzsystem gestrichene Gattung, in welche man die zarten Flockenfäden, die bald in verzweigten Strängen, bald in hautartigen Ausbreitungen im Waldboden, in altem Holz, an feuchten, dumpfen Orten, wie in Kellern und Bergwerken, angetroffen werden, vereinigte. Diese sind aber die üppig entwickelten Mycelien andrer Pilze, welche unter den gegebenen Verhältnissen an der Fruktifikation gehindert sind. Verschiedene Pilze, namentlich solche aus der Abteilung der Hymenomyceten, können diese Entwickelungsform annehmen. Vgl. Pilze.