MKL1888:Cameron
[757] Cameron, 1) Simon, amerikan. Politiker, geb. 8. März 1799 in Pennsylvanien, wurde früh Waise und mußte sich durch schwere Arbeit kümmerlich ernähren. 1816 ward er Gehilfe in einer Buchdruckerei zu Harrisburg, dann erhielt er Beschäftigung an einer Zeitung in Washington und 1832 den Posten eines Inspektors in West Point. Er widmete sich nun mit großem Eifer dem Studium des Bank- und Eisenbahnwesens. 1845 wurde er in Pennsylvanien zum Vertreter des Staats im Senat zu Washington erwählt und ward in demselben bald einer der Führer der republikanischen Partei. Nach Lincolns Regierungsantritt und dem Ausbruch des Bürgerkriegs 1861 ward er vom Präsidenten zum Kriegsminister ernannt, mußte aber bald zurücktreten, da die Mehrheit des Kongresses mit seiner Absicht, sofort die Emanzipation der Negersklaven zu proklamieren und diese zu bewaffnen, nicht einverstanden war. Durch seine schroff republikanische Gesinnung und seine Begünstigung der immer mehr um sich greifenden Korruption in der Partei, wegen welcher der Kongreß auch einen öffentlichen Tadel gegen ihn aussprach, machte er sich für andre Ämter unmöglich. Später schloß er sich Grant an, unterstützte dessen zweimalige Präsidentenwahl 1868 und 1872 und betrieb auch 1880 seine dritte Kandidatur, aber erfolglos. – Sein Sohn James Donald C., geb. 1833, der ihm 1877 als Mitglied des Senats folgte, trat als Politiker in seine Fußstapfen.
2) Verney Lovett, berühmter Afrikareisender, geb. 1. Juli 1844 zu Radipole in Dorsetshire, Sohn eines Vikars, trat mit 13 Jahren in die englische Marine, verschaffte sich durch Reisen im Mittelmeer, nach Westindien und nach dem Roten Meer nicht nur nautische, sondern auch sprachliche Kenntnisse und wurde 1872 von Sir Bartle Frere zum Führer der Livingstone-Eastcoast-Expedition ausersehen, deren Aufgabe es sein sollte, dem von Stanley wieder aufgefundenen Reisenden Livingstone neue Hilfsmittel zuzuführen. Am 18. März 1873 verließ C. mit Dillon und Murphy Sansibar und erreichte 4. Aug. Unianjembe, wo er mit der Leiche Livingstones, welche von dessen Dienern zurücktransportiert wurde, zusammentraf. Während nun Murphy mit der Rückführung der Leiche betraut wurde, drang C. weiter vor und zwar mit Dillon, der sich jedoch schon 17. Nov. in einem Anfall von Delirium erschoß. C. selbst erreichte Udschidschi am Tanganjikasee 21. Febr. 1874. Dieser Ort wurde astronomisch bestimmt, die Höhe des Sees rektifiziert und dieser selbst fast ganz umschifft. Darauf sprach C. die Vermutung aus, daß der Lukuga ein zum Lualaba führender Zufluß des Congo, mithin der Tanganjika der Quellsee des Congo sei. Nach Udschidschi zurückgekehrt, brach er 20. Mai auf, um durch Afrika hindurch zum Atlantischen Ozean zu gelangen, und erreichte im August Nyangwe am Lualaba. Da C. den Lualaba nicht stromabwärts befahren konnte, ging er südwärts zum Lomane und gelangte im Oktober nach Kilemba, der Hauptstadt von Urua. Hier blieb er bis Februar 1875. Von Kilemba machte C. einen Abstecher nach SO. und entdeckte den Kassali- oder Kikondschasee und nördlich von Kilemba den kleinen See Mohrja mit zahlreichen Pfahlbauten. Darauf setzte er seinen Marsch durch Ussambi, Lunda, Lovale und Bihé fort und erreichte bei Katombela, nördlich von Benguela, 7. Nov. 1875 den Atlantischen Ozean. Wenn auch nicht so glänzend in seinen Resultaten wie nach ihm Stanley (s. d.), hat C. doch bei dieser kühnen Durchquerung des afrikanischen Kontinents sich große Verdienste namentlich dadurch erworben, daß er zahlreiche Punkte astronomisch bestimmte und fast 4000 Höhenbestimmungen machte. Von den Londoner und Pariser Geographischen Gesellschaften mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet, hat sich C. seitdem wieder dem englischen Marinedienst zugewandt. 1876 wohnte er dem von König Leopold in Brüssel zusammenberufenen Kongreß der Afrikareisenden bei. Seine große Reise beschrieb er in „Across Africa“ (Lond. 1876; deutsch: „Quer durch Afrika“, Leipz. 1877, 2 Tle.). 1878–79 bereiste er Cypern und das Euphrat-Tigris-Gebiet, um die Möglichkeit einer Eisenbahnverbindung zwischen Indien und dem Mittelmeer zu untersuchen, und veröffentlichte darüber: „Our future highway“ (1880, 2 Bde.).