MKL1888:Charras

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Charras“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 955
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Charras. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 955. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Charras (Version vom 23.06.2021)

[955] Charras (spr. schara), Jean Baptiste Adolphe, franz. Militärschriftsteller, geb. 7. Jan. 1810 zu Pfalzburg in Lothringen, mußte 1830, als Republikaner verdächtig, die polytechnische Schule verlassen, führte in den Julitagen eine Sturmkolonne, trat sodann in die Artillerie- und Ingenieurschule zu Metz, wurde aber 1833 entlassen, weil er sich weigerte, aus einem politischen Verein auszutreten. Zwar wurde er kurz darauf zum Artillerieoffizier ernannt, aber wegen politischer Artikel, die er für den „National“ schrieb, nach Algier versetzt, wo er sich in kurzem rühmlich hervorthat. Der glückliche Ausgang eines kühnen Angriffs auf Abd el Kaders Lager hatte 1844 seine Beförderung zum Bataillonschef in der Fremdenlegion zur Folge; 1846 erhielt er das erste Bataillon der leichten afrikanischen Infanterie, der sogen. Zephyrs, und legte mit ihnen die befestigte Kolonie am Sig zwischen Oran und Mascara an. Namentlich Lamoricière hielt sehr viel auf ihn. Auf Urlaub in Paris anwesend, wurde er 7. April 1848 von der provisorischen Regierung zum Unterstaatssekretär im Kriegsministerium ernannt. In dieser Stellung hielt er die Disziplin streng aufrecht und zeigte ein hervorragendes Organisationstalent. Von der Nationalversammlung zum Generalstabschef des Kriegsministers Cavaignac, dessen Portefeuille er kurze Zeit provisorisch innegehabt, ernannt, half er den Juniaufstand unterdrücken, zeigte sich aber stets als Gegner strenger Maßregeln gegen die revolutionäre Partei. Als Cavaignac Diktator ward, blieb der starre Republikaner nur widerstrebend auf Lamoricières Bitten in seiner Stellung. Nach Ludwig Bonapartes Wahl zum Präsidenten schied C. aus dem Ministerium. Als Hauptgegner des Präsidenten wurde er beim Staatsstreich 2. Dez. 1851 verhaftet, aus der Armeeliste gestrichen und verbannt. Er begab sich nach Belgien, dann nach dem Haag; 1858 vermählte er sich mit einer Enkelin der durch Goethes „Werther“ berühmten Charlotte Buff, lebte später in Basel und starb dort 23. Jan. 1865. Im Exil schrieb er: „Histoire de la campagne de 1815. Waterloo“ (Brüssel 1858, 2 Bde.; 6. Aufl., Par. 1869; deutsch, Dresd. 1858), worin er mit großer Schärfe die Fehler Napoleons I. nachzuweisen suchte. Unvollendet erschien nach seinem Tod: „Histoire de la guerre de 1813 en Allemagne“ (Leipz. 1866; 2. Aufl., Par. 1870; deutsch, Leipz. 1867).