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MKL1888:Chrestien de Troyes

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Chrestien de Troyes“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Chrestien de Troyes“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 4 (1886), Seite 81
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Chrestien de Troyes. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 81. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Chrestien_de_Troyes (Version vom 01.06.2021)

[81] Chrestien de Troyes (spr. kretjä́ng dö̆ trŏá), nordfranz. Dichter, von dessen Leben nur so viel bekannt ist, daß er in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. lebte, den Ovid übersetzt hat und der Lieblingsdichter von Marie de France war, der Tochter Ludwigs VII., welche als Schwester der Könige von Frankreich und England, als Gemahlin des Grafen von der Champagne, dann des Grafen von Flandern ihren Hof zu einem Mittelpunkt poetischen Lebens für die nordischen Reiche gemacht hatte. Sie forderte C. auf, die Romane des bretonischen Sagenkreises der Tafelrunde, welche damals nur an wenigen Höfen gekannt waren, in Verse zu bringen, und C. entledigte sich dieser Aufgabe mit großer Gewandtheit und feinem dichterischen Gefühl, so daß er der Schöpfer dieses Sagencyklus in der französischen Form genannt werden kann. Der Abstand von der noch rohen Poesie der „Chansons de geste“ und ihren ungeschlachten Sitten ist bedeutend; besonders das Ideal der ritterlichen Liebe ist mit großer Feinheit, ja Raffiniertheit ausgebildet. Doch finden sich neben dem Reichtum der Erfindung und der glänzenden Leichtigkeit der Darstellung öfters eine ermüdende Weitschweifigkeit und eine verwirrende Häufung der Episoden und des Details. Die Gedichte Chrestien de Troyes’, welche im 13. Jahrh. in Deutschland von Wolfram von Eschenbach (im „Parzival“), Hartmann von Aue („Iwein“) u. a. nachgebildet wurden, fallen zwischen 1170 und 1190 und haben die Titel: „Perceval le Gallois“ oder „Li contes del Graal“, das bedeutendste seiner Werke (ca. 50,000 Verse umfassend, mit der Fortsetzung des Gedichts von andern Trouveres in vielen Handschriften erhalten; hrsg. von Potvin, Mons 1866–72, 6 Bde.); „Li romans dou Chevalier au Lyon“ (hrsg. von Holland, 2. Aufl., Hannov. 1880); „Li contes d’Erec“ (von Bekker in Haupts „Zeitschrift für deutsches Altertum“, Bd. 10, Leipz. 1839); „Li contes de Cligès“ (hrsg. von Förster, s. unten); „Lancelot du Lac“ oder „Le chevalier de la Charrete“, von welchem das letzte Drittel Godefroy de Laigny zum Verfasser hat (hrsg. von Tarbé, Reims 1849, von Jonckbloet, Haag 1850), und „Roi Guillaume d’Engleterre“ (hrsg. von Michel, Rouen 1840; deutsch von Keller in den „Altfranzösischen Sagen“, Tübing. 1839). Eine Gesamtausgabe seiner Werke begann Wend. Förster (Halle 1884, Bd. 1). Vgl. Holland, C., eine litterargeschichtliche Untersuchung (Tüb. 1854); Potvin, Bibliographie de C. (Brüss. 1863); Paulin Paris, Les romans de la Table-Ronde (1868–77, 5 Bde.).