MKL1888:Cyrillus

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Cyrillus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 389
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Cyrillus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 389. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Cyrillus (Version vom 05.06.2021)

[389] Cyrillus (Kyrillos), 1) C. von Jerusalem, berühmter Kirchenvater, geboren um 315, erhielt um 345 die Priesterweihe. Zu Jerusalem als Lehrer angestellt, schrieb er 348 die 23 katechetischen Vorträge, welche das bedeutendste erhaltene Dokument des populären Religionsunterrichts in der alten Kirche sind. 350 zum Bischof vorgerückt, spielte er in den arianischen Streitigkeiten anfangs eine unklare Rolle, begegnet uns aber 381 auf dem Konzil zu Konstantinopel als Vertreter der rechtgläubigen Kirchenlehre. Er starb 386. Seine Werke wurden herausgegeben von Touttée (Par. 1720; neue Ausg., Lyon 1844, 2 Bde.), Reischl und Rupp (Münch. 1845–60, 2 Bde.). Vgl. Plitt, De Cyrilli Hierosol. orationibus catecheticis (Heidelb. 1855); Gonnet, De S. Cyrilli Hierosol. catechetico (Par. 1876).

2) C. von Alexandria, Kirchenvater, wurde zu Alexandria geboren und von seinem Oheim, dem dortigen Patriarchen Theophilus, erzogen, welchem er auch 412 auf dem Patriarchenstuhl nachfolgte. Sofort ließ er alle Kirchen der Ketzer zu Alexandria schließen und vertrieb 415 die Juden aus der Stadt. Hat er auch nicht direkt den christlichen Pöbel zur Ermordung der heidnischen Philosophin Hypatia gereizt, so mußte doch sein zelotisches Gesamtverhalten denselben zu dem verbrecherischen Akt ermutigen. Am bekanntesten aber ist sein Name durch seinen Angriff auf den Patriarchen zu Konstantinopel, Nestorius, geworden. Als dieser der Maria das Prädikat „Gottesmutter“ verweigerte, schleuderte C. zwölf Anathematismen gegen ihn und ließ ihn auf dem Konzil zu Ephesus 431 verdammen. Trotz kaiserlicher Absetzung beider Patriarchen erhielt sich C. auf seinem Patriarchenstuhl und starb 444. Er schrieb eine Apologie des Christentums gegen Julian in zehn Büchern. Die beste Ausgabe seiner Werke ist die von Johann Aubert (Par. 1638, 7 Bde.). Vgl. Kopallik, C. von Alexandria (Mainz 1881).

3) C. und Methodius, Apostel der Slawen. Bei der herrschenden Abneigung dieses Volksstammes gegen deutsches Wesen faßte der Herzog Rastislaw den Entschluß, die durch deutsche Missionäre begonnene Christianisierung seiner Länder von Konstantinopel aus vollenden zu lassen. Kaiser Michael III. sandte ihm das Brüderpaar Methodius und Konstantin. Letzterer, geb. 827, hatte sich unter der Leitung von Photius eine reiche Bildung angeeignet und hieß allgemein „der Philosoph“; geschichtlich bekannt ist er unter seinem Mönchsnamen C. Nachdem die der slawischen Sprache kundigen Brüder schon zuvor für die Bekehrung der Chasaren in Cherson und der Bulgaren, deren König Bogoris, durch Methodius 861 getauft, seinen Unterthanen das Christentum aufzwang, thätig gewesen, begaben sie sich jetzt an die March und Donau. C. schuf zunächst ein slawisches Alphabet und eine slawische Bibelübersetzung; auch der Gottesdienst wurde in der Landessprache gehalten und dadurch das entscheidende Übergewicht über die römische Mission gewonnen. Vom Papste dafür zur Verantwortung gezogen, starb C. in Rom 868, während sein überlebender älterer Bruder, 868 in Rom zum Bischof der Mähren geweiht, die Bekehrung der Slawen vollendete. Zum zweitenmal (879) zu seiner Rechtfertigung (insbesondere wegen der in slawischer Sprache abgehaltenen Messe) nach Rom gerufen, gewann Methodius den Papst Johann VIII. für seine Missionspraxis und kirchlichen Organisationen und starb 885. Beide Brüder wurden später kanonisiert. Ihr Tag ist in der römischen Kirche der 9. März, in der griechischen der 11. Mai. Vgl. Wattenbach, Beiträge zur Geschichte der christlichen Kirche in Mähren und Böhmen (Wien 1849); Ginzel, Geschichte der Slawenapostel Cyrill und Method (Leitmeritz 1857); E. Dümmler und Miklosich, Die Legende vom heil. C. (Wien 1870).

4) C. Lukaris, bekannt durch seine Unionsbestrebungen zwischen der griechischen und der protestantischen Kirche, geboren um 1572 auf der Insel Kandia, studierte in Venedig und Padua, verweilte längere Zeit in Genf, wo er die reformierte Kirche schätzen lernte, wurde 1602 Patriarch von Alexandria, 1621 von Konstantinopel. Hier bekämpften sich damals mit wechselndem Glück die französische Diplomatie und die englische; im Anschluß an jene betrieben die Jesuiten eine Annäherung der griechischen Kirche an die römische, während C. mit englischer und holländischer Unterstützung für die Vereinigung mit der reformierten arbeitete und 1629 ein die Hauptlehren derselben sich aneignendes Glaubensbekenntnis nach Genf sandte. Viermal ab- und wieder eingesetzt, erlag er endlich 1638 seinen Feinden; als Landesverräter bei dem Sultan verdächtigt, ward er auf dessen Befehl erdrosselt und sein Leichnam ins Schwarze Meer geworfen. Vgl. Pichler, Der Patriarch C. Lukaris und seine Zeit (Münch. 1861).