MKL1888:Deutinger
[731] Deutinger, Martin, Philosoph, geb. 1815 bei Langenpreising in Oberbayern, studierte in München Theologie und Philosophie unter Görres, Schelling und Baader, ward 1837 zum Priester geweiht, 1841 Dozent der Philosophie am Lyceum zu Freising, 1846 außerordentlicher Professor der Philosophie an der Universität München, wurde aber 1847 mit Döllinger, Lasaulx u. a. seiner Stelle enthoben und nach Dillingen versetzt, lebte seit 1852, in den Ruhestand getreten, wieder in München und starb 1864 im Bad Pfäfers. D. hat in seinem Hauptwerk: „Grundlinien einer positiven Philosophie“ (Regensb. 1843–49, 7 Bde.), den Versuch einer Zurückführung aller Teile der Philosophie auf christliche Prinzipien gemacht, der sich auf Grund einer empirisch keineswegs unanfechtbaren und merklich theologisch gefärbten dualistischen Ansicht vom Wesen des Menschen aufbaut. Das Bewußtsein der Freiheit, verbunden mit jenem der Abhängigkeit, ist ihm zufolge die ursprüngliche Antinomie im menschlichen Selbstbewußtsein; aus der Wechselwirkung des Gegensatzes eines freien und unfreien Lebensgrundes gehen alle spezifisch menschlichen Thätigkeiten und deren Gesetze hervor. Derselben sind drei: je nachdem das freie Menschen-Ich, der Geist, seine Herrschaft übt nacheinander erstens über den idealen oder Gedankenstoff im Denken, zweitens über den realen oder materiellen Stoff im Können, drittens über sich selbst als sein eignes Objekt im sittlichen Handeln. Werk des erstern ist das Wahre, das also wesentlich Erkenntnis, des zweiten das Schöne, das wesentlich Kunst ist; aus dem dritten entspringt der vollendete sittliche Charakter. Von seinen zahlreichen andern Schriften sind zu erwähnen: „Geschichte der griechischen Philosophie“ (Regensb. 1852–53, 2 Bde.) und „Über den gegenwärtigen Zustand der deutschen Philosophie“ (das. 1866, aus dem Nachlaß). Vgl. Kastner, Deutingers Leben und Schriften (Regensb. 1874); Neudecker, Studien zur Geschichte der deutschen Ästhetik (Würzb. 1879).