MKL1888:Distanzgeschäft

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Distanzgeschäft“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 1
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Distanzgeschäft. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 1. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Distanzgesch%C3%A4ft (Version vom 23.11.2023)

[1] Distanzgeschäft (Distanzkauf, Übersendungsgeschäft), im Handelsverkehr dasjenige Kaufgeschäft, bei welchem die Ware dem Käufer von einem andern Ort übersendet wird. Den Gegensatz dazu bildet das Platzgeschäft. Für den Unterschied zwischen D. und Platzgeschäft ist die Frage entscheidend, ob die Ware zur Erfüllungszeit sich bereits an dem Ort befindet, wo die Abnahme seitens des Käufers erfolgen soll, oder ob sie dorthin seitens des Verkäufers erst von einem andern Ort übersendet werden muß. Im erstern Falle liegt ein Platzgeschäft, im letztern ein D. vor. Bei dem D. wird die von auswärts kommende Ware dem Käufer zugeschickt, so daß er sie nicht direkt von dem Verkäufer, sondern vom Transportführer oder Spediteur empfängt. Dies Dazwischentreten einer dritten Person zwischen Verkäufer und Käufer macht für das D. besondere Rechtsregeln notwendig, namentlich in Ansehung der Frage, von welchem Zeitpunkt an die Gefahr der Verschlechterung oder des Unterganges der Ware auf den Käufer übergeht. Das deutsche Handelsgesetzbuch (Art. 345) bestimmt, daß jedenfalls von dem Augenblick der Übergabe der Ware an den Spediteur, Frachtführer oder die sonst zum Transport der Ware bestimmte Person an der Käufer die Gefahr trägt, von welcher die Ware getroffen wird. Ist aber nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts die Gefahr schon zu einem frühern Zeitpunkt von dem Käufer zu übernehmen, so bleibt es bei diesen Vorschriften. Dieser Vorbehalt bezieht sich namentlich auf das gemeine deutsche Recht, welches schon mit der Vollendung des Kaufvertrags die Gefahr auf den Käufer übergehen läßt. Die Vorschrift des Handelsgesetzbuchs gilt natürlich nur für den Fall, daß zwischen Verkäufer und Käufer bezüglich der Übernahme der Gefahr, von welcher die Ware auf dem Transport betroffen wird, keine anderweite Verabredung getroffen ist. Was insbesondere den Verkehr auf den deutschen Eisenbahnen anbetrifft, so gilt der Frachtvertrag mit der zum Zeichen der Annahme erfolgten Aufdrückung des Expeditionsstempels auf den Frachtbrief seitens der Expedition der Absendestation für abgeschlossen (Betriebsreglement, § 49), und das Reichsoberhandelsgericht hat entschieden, daß mit diesem Moment der Abstempelung auch die Gefahr auf den Käufer übergeht. Zu beachten ist aber dabei, daß nach der Verkehrssitte und auch nach Vorschrift des Handelsgesetzbuchs (Art. 344) der Verkäufer bei dem D., wofern der Käufer über die Art der Übersendung nichts bestimmte, für beauftragt gilt, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns diese Bestimmung statt des Käufers zu treffen und insbesondere die Person zu bestimmen, durch welche der Transport der Ware besorgt oder ausgeführt werden soll. Namentlich muß die Ware ordentlich verpackt dem geeigneten Frachtführer ausgeantwortet werden. Für den Empfang der Ware gelten bei dem D. folgende Vorschriften (Handelsgesetzbuch, Art. 347): 1) Der Käufer hat nach der Ablieferung ohne Verzug die Ware zu untersuchen, soweit dies nach dem ordnungsmäßigen Geschäftsgang möglich ist. Ergibt sich die Ware als nicht vertrags- oder gesetzmäßig, so muß dem Verkäufer sofort Anzeige gemacht werden. 2) Wird dies vom Käufer verabsäumt, so gilt die Ware als genehmigt, wofern es sich nicht um Mängel handelt, welche nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang bei der sofortigen Untersuchung nicht erkennbar waren. 3) Ergeben sich später solche Mängel, so muß die Anzeige ohne Verzug nach der Entdeckung gemacht werden, widrigenfalls die Ware auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt. 4) Diese Bestimmungen finden auch auf den Verkauf auf Besicht oder auf Probe oder nach Probe Anwendung, insofern es sich um Mängel handelt, welche bei ordnungsmäßigem Besicht oder ordnungsmäßiger Prüfung nicht erkennbar waren. Vgl. außer den Lehrbüchern des Handelsrechts und den Kommentaren zum deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 345, 347–350): Zimmermann, Eigentumsübergang im D. („Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht“, Bd. 19, S. 397 ff.).